Vater sein dagegen sehr
lustig.
»Was hat er nur, der Herr Fentura?« wisperte der Bub. »Zwei Treffer — und an G'sicht tut er machen, als ob die Katz donnern hört.«
»Schleich dich schon, Rotzer!« knurrte Lutz und hob einen Hausschuh, um ihn dem Rudi ins Kreuz zu werfen.
»Du, Traudl, i moan, der lernt noch Boarisch, der Herr Schriftsteller Fentura!« grinste Rudi und machte, daß er zur Tür hinauskam.
Beim Frühstück schien die Kinder eine Ahnung zu überkommen, daß irgendein Unheil in der Luft lag. Besonders Traudl schien es zu spüren. Sie sah Lutz manchmal heimlich an, und er merkte es, aber er hatte nicht den Mut, mit der Tür ins Haus zu fallen.
»Tcha«, sagte er schließlich, »wißt ihr eigentlich, daß Sonntag über acht Tage Ostern ist?«
»Freilich«, antwortete der Bub, »die ganzen Schaufenster san doch voll mit Osterhasen aus Schokolad, und rote Hasen ganz aus Zucker gibt's aa!«
Traudl sagte nichts, sie sah Lutz abwartend an, und unter ihrem Blick wurde es ihm ausgesprochen unbehaglich.
»Ja«, murmelte er, »das ist Ostern. Und wenn das Fest vorbei ist, dann beginnt für euch wieder die Schule.«
»O mei', o mei'«, stammelte der Bub entsetzt, »daran hab i fei nimmer denkt!«
Lutz zögerte. Er brauchte einen langen Anlauf. —
»Ja, Kinder, wir werden allmählich darangehen müssen, die Koffer zu packen. Ihr wißt doch, wie wir es mit den Roeckels verabredet hatten. — Es war abgemacht, daß ihr vier Wochen bei mir bleiben solltet, damit eure Tante Ulrike Zeit fand, die Wohnung in Coburg für euer Kommen herzurichten. — Ja — und nun ist es soweit. Euer Onkel Friedrich hat mir geschrieben, daß alles für euern Einzug vorbereitet ist und daß er am Sonntag kommt, um euch abzuholen.«
Der Einschlag eines Blitzes oder das Zusammenstürzen des Turms hätte nicht furchtbarer wirken können als seine Worte. Sogar der Rudi verfärbte sich. Und Traudl wurde blaß wie ein Leintuch. Beide saßen wie erstarrt auf ihren Stühlen. Lutz verfluchte sich und diese abscheuliche Situation. Trottel, dachte er, du hättest es ihnen ja auch ein wenig zartfühlender und vorsichtiger beibringen können. Aber auf der anderen Seite war er froh, daß er es hinter sich hatte.
»Nun tut ihr geradeso, als ob ihr zum erstenmal etwas davon hörtet!« sagte er in aufwallendem Ärger über ihr gelähmtes Schweigen, das ihn wie ein Vorwurf traf.
»Wann hast du den Brief bekommen, Onkel Lutz?« fragte Traudl. Sie sah ihn nicht an, sondern starrte auf die Tischdecke.
»Gestern«, antwortete er ihr.
»Gestern ist keine Post gekommen!«
»Dann war es eben vorgestern.«
»Vorgestern war kein Brief vom Onkel Friedrich aus Coburg dabei, den hätt' ich gesehen.«
»Also vorvorgestern!« knurrte er böse. »Am Dienstag kam der Brief an, jawohl am Dienstagnachmittag.«
»Und da hast du uns drei Tage lang kein Sterbenswörtl davon gesagt?!«
»Herrgott noch einmal!« brach er los. »Glaubt denn ihr vielleicht, ihr kleinen Idioten, es hätte mir Spaß gemacht, euch das zu erzählen?! Ich habe es euch ja eben deshalb verschwiegen, damit ihr nicht tagelang mit hängenden Nasen herumlauft! Und nun kommt ihr daher und wollt mir daraus noch einen Vorwurf machen, wie?! Jetzt wollt ihr vielleicht noch sagen, ich könne es gar nicht erwarten, euch loszuwerden, he?!«
»Davon haben wir nix gesagt.«
»Nein, davon häbt ihr nichts gesagt, aber ihr schaut mich an, als ob ich euch wer weiß was antue, obwohl ihr doch ganz genau gewußt habt, daß wir uns eines Tages trennen müssen! Bitte!«
»Mei', wir ham's halt net glaabt!« schnupfte der Rudi.
»Wir haben halt gemeint, wo wir uns mit dir so gut vertragen haben, wir dürften doch bei dir bleiben«, sagte die Traudl mit verquollener Stimme.
»Und wo's uns doch vor der Tante Ulrike so vui graust!« ergänzte der Rudi weinerlich. — Lutz zündete sich die erste Zigarette an und hüllte sich in Rauchwolken. Er hatte geahnt, was kommen würde. Er hatte sich mit dieser Stunde so oft beschäftigt, daß alles, was nun erfolgte, ihm vorkam, als hätte er es schon einmal erlebt. Aber trotzdem spürte er, wie der Panzer an seinem Herzen rieb und wetzte.
»Ich mein halt«, druckste die Kleine, »ob es nicht doch ginge, daß wir bei dir bleiben dürfen. Und wenn wir vielleicht auch noch ein paarmal mehr in der Woche zu Mittag Röstkartoffeln essen täten, oder nur eine Nudelsuppe mit Brot.«
»Mein Gott, Kinder, seht es doch ein«, sagte Lutz mürb; »das ist doch nicht meine Sache, darüber zu
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