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Vater sein dagegen sehr

Vater sein dagegen sehr

Titel: Vater sein dagegen sehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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füllten Wasser daran, salzten alles miteinander und setzten den Topf aufs Feuer.
    »Na sehen Sie, das hat nicht einmal fünf Minuten gedauert!«
    »Eigentlich müßte ich Sie für Ihre Hilfe zum Essen einladen.«
    »Und ich hätte nichts gegen die Einladung, wenn ich nicht schon eingeladen wäre. Von einer bekannten Familie«, setzte sie hinzu. »Das Mittagessen fällt bei uns daheim nämlich aus. Mein Vater nimmt sich ein paar Brote ins Geschäft mit, und meine Brüder, die beide studieren, essen in der Mensa eine Kleinigkeit. Abends wird bei uns dann richtig gekocht und gegessen. Es ist unheimlich, was die drei Mannsbilder verdrücken können. Und ich bin auch keine von denen, die sich zweimal nötigen lassen.«
    »Ach«, sagte Lutz, »jene großen, blonden jungen Männer, mit denen ich Sie auf der Riedinsel sah...«
    »... sind meine Brüder! Natürlich! Oder dachten Sie etwa, ich balge mich mit fremden Männern im Wasser und in aller Öffentlichkeit herum?«
    »Entschuldigen Sie schon, aber ich vergaß, daß Sie als Lehrerin ja schon sozusagen von Amts wegen zu einem streng moralischen Lebenswandel verpflichtet sind.«
    Fräulein Leinegger hob eine Braue.
    »Hören Sie einmal, mein Herr«, sagte sie ziemlich streng, »wenn Sie mich etwa frotzeln wollen, dann spreche ich einmal mit meinen Brüdern. Sie sind beide etwa einen Kopf größer als Sie!« Sie räumte die gebrauchten Töpfe, Teller und Messer zusammen und stellte alles miteinander auf den Herd. Lutz schlüpfte in seine Jacke.
    »Wohin gehen Sie, Fräulein Leinegger?«
    »In die Schule zurück.«
    »Dann haben wir den gleichen Weg. Erlauben Sie, daß ich Sie begleite?«
    »Weshalb nicht?« fragte sie. »Schließlich sind Sie ja der Vater meiner Kinder.« Sie errötete heftig, als sie ihn grinsen sah, und versuchte sich zu verbessern. »Oh, ich wollte sagen — nun, Sie wissen jedenfalls genau, was ich sagen wollte! Und Ihr Grinsen ist völlig fehl am Platze!«
    »Verzeihen Sie mir«, bat er zerknirscht, »aber außerdem bin ich der Onkel Ihrer Kinder.« — Er scheuchte den Spitz, der ihnen durchaus folgen wollte, ins Zimmer zurück und befahl ihm, auf das Essen aufzupassen und umzurühren, falls es kochte. Der Spitz machte ein Gesicht, als verstände er jedes Wort.
    »Sie scheinen sich mit den Kindern und mit dem Hund glänzend zu verstehen«, bemerkte Fräulein Leinegger.
    »O ja — ob ich allerdings pädagogische Talente besitze, das weiß ich leider nicht. Ich lasse sie halt wachsen und stutze sie nur ab und zu ein wenig zurecht.«
    »Nun — der Rudi schwärmt von Ihnen.«
    »Hm — er schwärmt auch von Ihnen! — Und allmählich beginne ich ihn zu verstehen.«
    Sie sah ihn von der Seite an.
    »Lassen Sie das, mein Herr. — Erzählen Sie mir lieber etwas von Ihrer Ferienfahrt mit den Kindern. Der Bub hat mir mit seinen Räubergeschichten die ganze Klasse verrückt gemacht, ich glaube sogar, mich selber auch.«
    »Nun ja, es war wirklich ziemlich abenteuerlich. Jetzt, hinterher wundere ich mich, daß die Kinder es durchgehalten haben, denn es war doch eine ziemlich strapaziöse Angelegenheit. Ich habe mich natürlich ihren Beinen angepaßt, aber manchmal haben wir von Hütte zu Hütte doch ganz hübsche Strecken zurücklegen müssen. — Aber sagen Sie, wo waren Sie in den Ferien?«
    »Sie werden es nicht glauben wollen: hier.«
    »Oh«, machte er bedauernd, »in der Mainbrühe?«
    »Nicht einmal in der Mainbrühe. Ich habe gebüffelt, ich stehe nämlich vor meinem zweiten Examen. Und Sie wissen ja, es drängen sich zu viele an die Futterkrippe. Man muß schon gut abschneiden, um weiter an der Krippe zu bleiben.«
    Lutz hielt die Frage, weshalb sie sich mit Examenssorgen plage, anstatt zu heiraten, im letzten Moment noch zurück. Was ging es ihn schließlich auch an? Wahrscheinlich machte ihr Beruf ihr Freude. Immerhin wäre es seltsam gewesen, wenn sie bei ihrem Aussehen keine Bewerber gehabt hätte. Sie war zart und doch fest. Etwas in ihrer Haltung und in ihren Bewegungen erinnerte ihn an die göttlichen Jägerinnen und Hirtinnen der griechischen Mythologie. Die Schatten unter den hohen Wangenbögen waren verwirrend apart und anziehend.
    Sie lächelte ihn an.
    »Ich muß Ihnen übrigens ein Geständnis machen.«
    »So?« fragte er interessiert.
    »Ich war schrecklich neugierig, wie Sie mit den Kindern im Turm wohl hausen mögen. — Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, daß Sie in Ihrem Turm mit den Kindern für Hallfeld ein unerschöpfliches

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