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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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und weint und schaukelt und weint.«
    Da entschließt sich Schwester Josefa, eine andere Innenperson, zu einer Art Integration mit Saturia, ein Gefühl, das beide als eine Art sanftes Verschmelzen erleben. Zusammen gehen sie in das Trauma hinein. Aber es funktioniert nicht.
    Das Grauen ist zu tief. Zu dunkel ist, was sie erleben mussten.
    Es lässt sich nicht auflösen.
    Saturia kann nicht »nein« sagen. Wenn sie »nein« sagt, muss sie das tote Baby zurücklassen. Dort auf dem Altar. Bei Satan. Ihr Patenkind. Es ist nicht getauft. Ewig wird es in der Höllebrennen. Sie steht vor dem Altar, will bei dem Baby bleiben. Sie kann keinen Schritt gehen. Kann nicht loslassen. Die Verbindung zum Satanskult bleibt bestehen.
    Sie schaffen es nicht. Sie sind verzweifelt.
    »Ich steige aus dem Vertrag aus«, sagt Traute.
    Der Anti-Selbstmordvertrag. Sie will sich umbringen. Die meisten anderen wollen auch nicht mehr.
    Satan ist stärker. Er ist raffinierter. Tückischer. Er ist mächtiger.
    Nina ist verzweifelt. Das kann doch wohl nicht sein! Sie muss etwas tun. Doch was?
    Dem etwas entgegensetzen.
    Mein Wort, denkt Nina, reicht nicht. Es muss eine Autorität sein. Etwas Starkes. Stärker als sie. Aber was?
    Gott?
    Es war Freitag. Ein ungewöhnlich warmer Freitagabend für Februar. Die Fensterflügel des Therapieraumes standen ein wenig offen, der Riegel war übergehakt. Durch das geöffnete Fenster hörten sie Glocken läuten. Die Kirche lag gar nicht so nahe, aber der Wind stand günstig an diesem Abend. Um diese Zeit läuteten die Glocken selten. Später erfuhren sie, dass auf diese Weise geläutet wird, wenn in der vergangenen Woche ein Gemeindemitglied gestorben ist.
    Plötzlich will Traute in die Kirche. Andere auch.
    Nina fürchtet, dass sie sich dort etwas antun wollen. Eine realistische Furcht, sie geben es zu.
    Da fällt Nina der Pastor ein. Sie kennt ihn lange und gut, vertraut ihm persönlich. Schon einmal waren sie bei ihm. Damals, als Schwester Josefa getauft werden wollte. Angela Lenz, deren Eltern stets eine gottesfürchtige Fassade trugen, ist natürlich als Säugling christlich getauft worden.
    Aber Schwester Josefa nicht. Schwester Josefa, eine tief religiöse Person, ist so gläubig, dass sich andere von Angelas Persönlichkeiten öfter über sie lustig machen. Sie tragen ihr immer noch nach, dass sie ihretwegen einmal beinahe in einem Orden gelandet wären.
    Jener Pastor, ein alter Mann, hatte damals mit Schwester Josefa das Problem erörtert, ob eine nicht getaufte Innenperson einer getauften Multiplen Persönlichkeit getauft werden könnte. Sie wünschte sich sehr eine persönliche, eine eigene Taufe, nur für sich allein. Vielleicht hatte sie gespürt, dass die erste Taufe eine Farce gewesen war. Vielleicht hatte sie aber auch das Gefühl, die erste Taufe sei schon aufgebraucht, bei so vielen Personen und all dem, was geschehen war im äußeren und inneren Leben von Angela Lenz.
    Anfangs war der Pastor verwundert. Nina Tembergs Einführung in die Problematik Multipler Persönlichkeiten war vielleicht etwas knapp ausgefallen. Aber schnell hatte er gespürt, wie ernst es Schwester Josefa war mit ihrem Wunsch. So hatte er sie auch ernst genommen. Lange hatte er mit ihr gesprochen, ihr erklärt, dass eine Taufe sich nicht abnutzen würde im Laufe der Jahre und auch nicht verdünnbar sei. Dass sie damals mitgemeint gewesen sei, auch wenn sie vielleicht noch gar nicht existiert hätte. Gott hätte sicher gewusst, dass sie kommen würde.
    »Warum hat er es dann nicht verhindert?«, war es den zynischeren Persönlichkeiten von Angela Lenz durch den Kopf geschossen. Aber diese Gedanken erreichten Schwester Josefa nicht. Gebannt hatte sie gerade dem Pastor gelauscht, der ihr erklärte, dass der christliche Gott ein gütiger Gott sei, ein verzeihender Gott. Es war nicht mehr der Rachegott des Alten Testaments, den sie in ihrer Zeit beim »Jugendbund für Entschiedenes Christentum« kennengelernt hatte. Und während der Teufelsaustreibung. Ein verzeihender Gott?
    Das war etwas völlig Neues. Schwester Josefa leuchtete es ein.
    Verzeihen. Den Sektenkindern aber war das ein Beweis für Schwäche.
    Draußen ist es inzwischen dunkel, es ist Nacht. Da entschließt sich Nina Temberg, diesen Pastor anzurufen.
    Er versteht sie schnell, ist seit der ersten Begegnung mit Angela Lenz mit ihrer Therapeutin im Gespräch geblieben und hat sich intensiv mit Dissoziation und MPS beschäftigt. Der Küster öffnet die Kirche. Als sie

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