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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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Frau L. erzählte? Nach und nach erzählte. Konnte man ihr wirklich Glauben schenken? Vielleicht dachte sie sich alles nur aus, um die Aufmerksamkeit ihrer Therapeutin zu fesseln?
    Auch Ninas Kollegin Elisabeth Gebhard hatte solche Gedanken gehabt, äußerte sie aber inzwischen nur noch sehr vorsichtig. Nina konnte sehr abweisend werden, wenn Zweifel an dieser Klientin kamen. Andere mochten konfabulieren, sich vielleicht sogar Geschichten bewusst ausdenken. Diese Klientin nicht. Da war sie sicher.
    Woher nahm sie diese Sicherheit?
    »Die Neue heißt Stefanie«, unterbrach Nina das Schweigen, in das beide Frauen gesunken waren. »Ich glaube, es ist gut, dass sie wieder da ist. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass untergetauchte Persönlichkeiten nicht sterben. Auch wenn sie noch so lange Zeit verschwunden sind. Aber Frau L. war fest überzeugt, dass Stefanie tot ist. Die meisten ihrer Personen waren sehr traurig darüber, haben sich immer nach ihr gesehnt und in den letzten Monaten häufig von ihr erzählt. Sie ist die Einzige, die nur die guten Seiten des Vaters erlebt hat, daher verfügt sie über eine gewisse Stärke. Ich glaube, sie ahnt noch nicht einmal von den Misshandlungen. Sie bringt bestimmt viel positive Energie mit, das wird den anderen guttun. Die sind so schrecklich erschöpft.«
    »Und was hast du denn nun mit ihr gemacht?«
    »Ich habe sie an einen sicheren Ort im Inneren zurückgehen lassen. Das war ziemlich schwer, denn ich war auch ganz schön verwirrt durch ihr Auftauchen. Außerdem hatte sie keine Ahnung, was ich meinte. Sie weiß überhaupt nichts von denganzen autosuggestiven Techniken. Auch wenn die anderen Persönlichkeiten schon lange Therapie machen, Stefanie hat keinen Schimmer davon. Erst mal begriff sie nichts, und dann weigerte sie sich lange zurückzugehen. Ich verstehe sie gut, natürlich hat sie schreckliche Angst, dass wieder so viel Zeit vergeht. Ich habe mit ihr verabredet, dass sie so lange dort bleibt, bis ich sie in der nächsten Therapiestunde wieder nach vorne hole.«
    »Meinst du, sie hält sich daran?«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls muss ich sie möglichst bald mit den anderen bekannt machen. Vor allem mit Sarah, der inneren Helferpersönlichkeit, mit ihrer Sarah, der die anderen alle so vertrauen. Die hat den besten Überblick und kann ihr am meisten helfen. Die habe ich auch während des Telefonats noch nach vorne holen können. Das war vielleicht schwer! Richtig wie körperliche Arbeit …«
    Nina war in ihrem Element. Elisabeth beobachtete, wie ihre Freundin wieder in die Situation hineinging. Ob sie eigentlich merkt, wie es mir geht?, dachte sie und musste sofort lächeln über diesen Anflug von Eifersucht.
    »… ja, wirklich wie eine große körperliche Anstrengung«, bekräftigte Nina, die das Lächeln durchaus gesehen, aber missverstanden hatte.
    »Einen Moment lang dachte ich, jetzt hab ich die eine weggeschickt, und die andere kommt nicht raus. Keine war da. Stell dir das mal vor! Was ist nun, hab ich gedacht, wenn gar keine wiederkommt?«
    Sie machte eine Pause.
    »Es war wirklich niemand da für einige Minuten«, wiederholte sie leise, fast andächtig.
    »Richtig erschöpft war ich«, fügte sie dann munter an.
    Auch Elisabeth wusste sehr gut, dass manche ihrer multiplen Patientinnen energetische Staubsauger sein konnten. Aber in anderen Stunden hatte sie auch erlebt, wie sie von ihnen energiemäßig geradezu aufgeladen wurde.
    »Die anderen«, setzte Nina fort, »hatten eine totale Amnesie für Stefanies …«
    »… Wiedereintritt in die Erdatmosphäre«, ergänzte Elisabeth den Satz ihrer Freundin. Sie hatte sich angewöhnt, ihre Sensibilität mit einer Hülle von Ironie und Schnodderigkeit abzupolstern. Und wollte endlich auch mal über etwas anderes sprechen. In Wirklichkeit jedoch war sie genauso fasziniert wie Nina von den komplexen Systemen und inneren Welten ihrer multiplen Patientinnen. Sie hatten ihr ein radikales Umdenken über vieles aufgezwungen, was sie früher für gesichertes medizinisches Wissen gehalten hatte.
    Musste man nicht umdenken, wenn man mit eigenen Augen gesehen hatte, was mit ein und demselben Körper passieren konnte bei einem Switch , dem Umschalten, wie die Amerikaner den Wechsel von einer Persönlichkeit zur anderen nannten?
    Nina und Elisabeth konnten inzwischen eine lange Liste von körperlichen Veränderungen aufzählen, die den Wechsel von einer Persönlichkeit zur anderen begleiten konnten. Da war nicht nur die Mimik, der

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