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Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition)

Titel: Vater Unser in der Hölle: Durch Missbrauch in einer satanistischen Sekte zerbrach Angelas Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulla Fröhling
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sich. Er muss stärker zuschlagen.»Damit du begreifst, dass du zu gehorchen hast!«

    Ein kleines Mädchen in einer Zinkwanne, nackt, dampfend in kalter Küche, weiße Seifenschaumtupfen auf samtener Haut. Ein gefährlich zischendes Geräusch. Immer wieder. Rhythmisch. Das Mädchen schaut herüber und lächelt ihn an.
    Unabsichtlich lockert die Mutter den Griff. Wie der Blitz saust Robbi an die Tür. Doch die ist verschlossen. Robbi rast zum Fenster. Das ist zu. Sie reißt an den Gardinen, springt gegen die Scheibe, schlägt mit dem Kopf dagegen, will durch das Glas, nach draußen, fort. Aber schon hat der Vater sie mit einer Hand am Bein gepackt. Mit der anderen Hand greift er nach dem breiten Band neben dem Fenster und zieht.
    Laut rattert der Rollladen herunter. Draußen fliegt eine Amsel auf und ist fort.
    Während der Vater Robbi festhält, schraubt die Mutter den Deckel einer Salbentube ab. Sie drückt sich einen kräftigen Strang auf die Fingerspitzen und reibt Robbi damit die blutigen Stellen ein. Den Rest schmiert sie ihr in die Scheide. Während der Vater die Tochter ans Bett fesselt, läuft die Mutter schnell ins Bad, um sich die Hände zu waschen. Sie muss vorsichtig sein, denn ihre Rheumasalbe enthält Cayennepfeffer, und den will sie auf keinen Fall an ihre Schleimhäute bekommen.
    So lernte Robbi kennen, was in der Zukunft ihre Aufgabe bleiben würde: Dabei zu sein in den wenigen Augenblicken, wenn die Eltern mit Leidenschaft etwas gemeinsam taten.
    Was ihr davon blieb, auch in späteren Zeiten, als der Vater tot ist und sie außerhalb von Mutters Reichweite, das war das Gefühl von Panik, heftiger, unkontrollierbarer Panik beim Geräusch eines Schlüssels, der eine Tür abschließt. Eine Panik, die Todesangst auslöst und den unwiderstehlichen Drang, aus dem Fenster springen zu müssen. Auch durch geschlossene Scheiben.
    Egal in welchem Stockwerk.
    1966
Jürgen Bartsch (19) gesteht den Mord an vier Jungen
Große Koalition Kiesinger/Brandt
Im Kino: »Es« und »Dr. Schiwago«
Hitparade: »If youʼre born a woman,
youʼre born to be hurt«, »Ganz in Weiß«
Man nascht »Edle Tropfen in Nuss« und isst »Le Tartar«
Echo
    Es gab auch schöne Zeiten, damals. Der Kindergarten. Dorthin ging Stefanie gern. Schon mit zwei Jahren. Dieses unberechenbare, jähzornige, böse Kind, so sagte die Mutter, das könnte sie einfach nicht den ganzen Tag um sich haben.
    Die ersten Jahre war auch der Bruder dort.
    Welche Überraschung: Diese Tanten machten nur milde Unterschiede zwischen beiden Geschwistern. Sicher, auch hier gab es zwei Sorten von Regeln: solche für die Mädchen und andere für die Jungen. Wild, laut und ungestüm durften eben nur die Jungen sein. Aber hier brauchte Stefanie nicht die Dienerin ihres Bruders zu spielen, niemand verlangte, dass sie aufräumte, was er durcheinandergebracht hatte, nie musste sie ihm geben, was ihr geschenkt worden war, oder sich entschuldigen, wenn er etwas kaputtgemacht hatte.
    Auf den alten Bildern ist sie das, was man hierzulande ein Sonnenscheinchen nennt: blond, lieb und entzückend in ihrem Dirndl. Ein kleiner Engel. Reizend, sagten die Leute. Ein Ausdruck, der Stefanie verwirrt. Was soll das heißen? Wieso reizt sie die Leute denn? Sie macht doch gar nichts.
    Und trotzdem hat sie wieder Schuld.
    Es gab Spaziergänge und Feste. Man konnte etwas gewinnen. Sie spielte zusammen mit den anderen Kindern. Weihnachten bekam man kleine Geschenke. Und Ostern suchten alle Ostereier. Ihre durfte sie behalten. Bis sie zu Hause war. Dann bekam der Bruder alles.
    Stefanie fühlte sich wohl. Meistens.
    Die vielen blauen Flecke an ihren Beinen verschwanden gewöhnlich unter Strumpfhosen und Röcken. Und wenn die Kindergärtnerinnen hin und wieder etwas sahen, etwas blau, etwas verkrustet blutig, nahmen sie einen Waschlappen, ein bisschen Wasser und wischten weg, was sie konnten. Und sagten sich, so ist das nun mal mit den kleinen Kindern, die schlagen sich alle naslang die Knie blutig, das weiß man ja. Oder sie fallen vom Couchtisch. Oder die Treppe runter. Oder vom Balkon. Oder verbrühen sich. Oder reißen das Bügeleisen vom Bügelbrett in ihrer kindlichen Ungeschicklichkeit.
    Kinder sind eben Kinder.
    In dieser Hinsicht kam auch Stefanies Bruder nicht ungeschoren davon: drei Gehirnerschütterungen und einen Schädelbruch, bevor er überhaupt in die Schule kam.
    Na, das weiß man ja alles, dachten die Kindergärtnerinnen. Außerdem kamen ihre Kinder aus wohlhabenden, angesehenen

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