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Vater unser

Vater unser

Titel: Vater unser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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Yates an, eine Texanerin, die im Sommer 2001 ihre fünf Kinder eines nach dem anderen in der Badewanne ertränkt hatte, nachdem ihr Mann zur Arbeit gegangen war.
« Und bevor du jetzt denkst, dass ich wie Tom Cruise und seine Kumpel von Scientology der Meinung bin ‹Psychiatrie ist Schwindel, und es existiert kein chemisches Ungleichgewicht›, lass mich noch eines sagen: Ich empfinde Mitleid für Menschen, die geistig krank sind. Aber die meisten Mörder wissen ganz genau, was sie tun. Auch wenn uns das Verbrechen unfassbar brutal und abscheulich erscheint, heißt das noch lange nicht, dass die Person, die es verübt hat, geisteskrank und unzurechnungsfähig ist. Natürlich denkt man manchmal ‹Mein Gott, es muss doch einen Grund dafür geben, dass jemand so etwas tut. Er muss einfach verrückt sein, sonst hätte er niemals einen solchen Mord begangen, sein Opfer bei lebendigem Leibe verbrannt oder derart schrecklich gefoltert oder seine Kinder in einen Käfig gesperrt und verhungern lassen.› Aber die Wahrheit ist, dass der BTK-Killer genau wusste, was er tat, als er in die Häuser der Frauen einbrach, sie fesselte, sie stundenlang folterte und dann umbrachte. Sieh dir das Dateline-Interview mit ihm an, wenn du mir nicht glaubst. Dasselbe gilt für Cupido, der die Frauen betäubt, vergewaltigt und abgeschlachtet hat, für ‹Son of Sam›, der sich mitten in der Nacht auf den Straßen von New York irgendwelche jungen Leute aussuchte und sie dann niederschoss, und die Brüder Menendez, die ihre Eltern mit der Schrotflinte beseitigten, um früher an ihr Erbe zu kommen. Es gibt unendlich viele Verbrechen, die über unseren Verstand hinausgehen – du brauchst nur die Zeitung aufzuschlagen, Julia. Die Verbrecher sind nicht krank. Sie sind böse. Ein Psychiater mag ihnen allen eine Diagnose stellen können – der eine hat vielleicht eine dissoziale Persönlichkeit, der nächste eine gespaltene, der übernächste ist schizophren –, aber was sie getan haben, ist trotzdem nicht zu entschuldigen.»
« Nicht zu entschuldigen», wiederholte Julia leise. Rick seufzte erneut.
« Du hast Angst vor morgen, das ist ganz normal. Die letzten Monate haben uns beide ziemlich ausgelaugt, um es mal vorsichtig auszudrücken. Zudem war das Medieninteresse riesig, was die Sache nicht unbedingt vereinfacht hat. Jeden Abend laufen Dutzende Berichterstattungen im Fernsehen, durch die du deine Entscheidungen im Nachhinein anzweifelst. Es ist dein erster Mordprozess, und dann auch noch einer, bei dem auf Unzurechnungsfähigkeit plädiert und die Todesstrafe beantragt wurde. Wenn ich das von Anfang an gewusst hätte, hätte ich dir den Job als zweite Anwältin nicht zugemutet, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr.» Er hielt für einen Moment inne.
« Es sei denn, du willst aussteigen.»
« Nein.» Julia starrte hinauf zu den tanzenden Schatten an der Decke.
« Das will ich auch nicht hoffen. Dafür wäre es jetzt ein bisschen spät.» Rick knuffte sein Kopfkissen zurecht und legte sich wieder hin. Seine Hand tastete nach ihrer Schulter und streichelte sie sanft.
« Betrachte es doch mal so: Nur weil ein Mensch Stimmen hört, die ihm befehlen, schreckliche Dinge zu tun, hat er noch lange nicht das Recht, seine Familie abzuschlachten.» Er gähnte erneut.
« Wenn ich dir befehlen würde, heute Nacht deine Mutter umzubringen, würdest du es dann tun? Natürlich nicht. Du hast immer noch die Wahl, ob du diesen Befehl ausführst oder nicht. Die Entscheidung liegt bei dir, Süße. Und genau deswegen sind diese Menschen keine Verrückten, sondern Mörder.» Julia biss sich auf die Lippen. Eine halbe Ewigkeit lang starrte sie an die Decke und wartete, bis Ricks tiefe, regelmäßige Atemzüge verrieten, dass er eingeschlafen war. Dann stand sie auf und ging in sein Badezimmer. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte und sicher war, dass er sie nicht hören konnte, begann sie zu weinen.

JOHN LATARRINO war daran gewöhnt, dass ihn das Telefon mitten in der Nacht aus dem Schlaf riss. Manchmal bildete er sich ein, dass er es schon hörte, noch bevor es zum ersten Mal klingelte. Er beugte sich über Lilly, seine schnarchende, vierzig Kilo schwere Golden-Retriever-Hündin, die sich wieder einmal in sein Bett geschlichen hatte, und nahm das Handy aus der Ladestation. Eine unbekannte Nummer. Er sah auf die Uhr. Es war drei Uhr früh. Vielleicht einer seiner Informanten.
« Hallo?», fragte er ein wenig heiser.
« Lat?» Er wusste sofort, wer es

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