Vegas Vampires 01 - Beim naechsten Biss wird alles anders
seine sozialen Kontakte auf Vordermann bringen sollte.
»Okay, dann denk jetzt einfach mal an etwas, das ganz heftige Gefühle in dir auslöst. An etwas, das du verabscheust.« Ethan führte sie aus dem Aufzug.
»Den Supermarkt.«
»Du hasst den Supermarkt?« Ethan ging nur hin und wieder in einen rein, um Rasiercreme oder Shampoo zu kaufen, aber auf ihn wirkte das nicht besonders schlimm. Sauber und aufgeräumt. Das Essen war abgepackt und zum Kochen bereit, anders als in seiner Jugend, als die Burgköche vom Schlachten der Tiere immer schmutzige Fingernägel hatten.
»Ich hasse ihn aus vollem Herzen. Er ist wie körperliche und seelische Folter. Erst musst du dir Zeit nehmen, dorthin zu gehen, dann gehst du rein und bist binnen Sekunden von Millionen von Entscheidungen umzingelt. Und jedes einzelne Teil auf jedem verdammten Regal verlangt von dir, dass du etwas damit tust. Du musst es kleinschneiden oder kochen oder dünsten oder aus tausend Schichten von Verpackung schälen und in die Mikrowelle stellen. Entweder macht es dick, was dich zugleich die Versuchung spüren lässt und dir ein schlechtes Gewissen macht, oder es ist gut für dich
und schmeckt nach gar nichts und erinnert dich daran, dass du selbst an einem guten Tag nur einssechzig groß bist, einen langsamen Stoffwechsel hast und null Zeit für Sport. Und für das Privileg, diesen ganzen Spaß zu haben, bezahlst du auch noch unfassbare Summen für etwas zu essen, was mit dem LKW durch die Wüste zu dem Supermarkt in deiner Nähe mit der viel zu kalt eingestellten Klimaanlage geschafft wurde, und deine Hoffnung, irgendwann mal einen Ersatz für die absolut scheußliche alte Couch zu kaufen, löst sich an der Kasse in Luft auf.«
»Wow.« Das hätte Ethan niemals für möglich gehalten. »Okay. Dann kanalisiere jetzt diese ganze, auf den Supermarkt bezogene Energie an eine Stelle in deinem Gehirn.«
Sie gingen nebeneinander den Flur hinunter. Seamus war vor ihnen, aber das war okay so. Sie sollte Ethan nicht ansehen, wenn sie versuchte, ihm ihre Gedanken zu vermitteln. »Und jetzt lass mich mal sehen.«
»Den Supermarkt?«
»Ja. Lass mich deine Gedanken sehen, in deinem Kopf, ohne zu sprechen. Dräng sie mir auf.«
Ethan hörte und sah nichts.
Alexis gab ein merkwürdig knurrendes Geräusch von sich. »Du antwortest nicht.«
»Ich kann nichts hören.« Ethan versuchte, ihre Mauer zu überwinden, aber es gelang ihm nicht.
Sie kicherte.
»Was ist daran so lustig?«
»Ich denke lauter schmutzige Gedanken. Ich kann nichts dafür.«
Sie kamen an der Tür zu dem Ballsaal an, in dem die Debatte stattfinden sollte. Er blieb stehen und versuchte,
sie streng anzusehen. »Benimm dich. Versuch bloß nicht, irgendwelche Perversionen auf mich zu projizieren, während ich mitten in dieser Debatte stecke.«
»Das würde ich nie tun.« Sie schaute ihn würdevoll an. »Ich bin die perfekte Freundin für einen Politiker. Eine Anwältin. Rational. Ich werde mir auch noch ein richtig schickes kleines Projekt zulegen. Vielleicht nehme ich mir vor, die Wahlkampffinanzierung zu reformieren. Oder Rechte für Unreine. Oder sonst irgendwas. Erst muss ich noch herausfinden, worum es überhaupt geht, aber du kannst sicher sein, dass ich schon irgendetwas finden werde, um mich damit zu beschäftigen.«
»Darauf freue ich mich.« Er legte ihre Hand in seine Armbeuge. »Bereit? Ein Lächeln für die Vampire, Alexis.«
»Ich bin bereit.« Sie holte tief Luft und lächelte ihr bestes Zahnpastalächeln.
Seamus öffnete die Tür, und sie marschierten in den knüppelvollen Ballsaal. Applaus brandete auf. Ethan hob seinen freien Arm und winkte lächelnd, machte das Siegeszeichen und war verdammt stolz darauf, Alexis an seiner Seite zu haben.
Mit einer Partnerin machte das Ganze eigentlich ziemlich großen Spaß.
19
A lexis saß in der ersten Reihe, und zu beiden Seiten schützte sie einer von Ethans Sicherheitsleuten. Als wollte irgendjemand sie entführen.
Seamus saß zwei Plätze von ihr entfernt, und sie konnte seinen Schweiß praktisch riechen. Sie hatte ein etwas schlechtes Gewissen, dass sie ihm so viel Ärger machte. Hey, sie lebte für ihren Job oder hatte das zumindest bis letzte Woche getan. Sie wusste, wie es sich anfühlte, wenn man mit Leib und Seele an einer Sache gearbeitet und Überstunden geschoben hatte und dann mit ansehen musste, wie es schiefging.
Es war zum Kotzen. Versagen war wie körperlicher Schmerz. Sie war ein solcher Workaholic, dass es
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