Vegas Vampires 04 - Was sich liebt, das beißt sich
den sie zwischen ihm und seiner Mutter bildete. Mit Gwenna an seiner Seite konnte er aufrecht dastehen und sich darauf konzentrieren, seiner kleinen Schwester, dieser liebevollen und schönen Frau, einen letzten und angemessenen Tribut zu zollen.
Jetzt war er erschöpft und mental erledigt, aber er hatte es geschafft, und es würde ihm gut gehen. Das Schlimmste war überstanden, und er konnte sich sammeln, trauern und heilen. Aber zuerst wollte er einen Weg finden, sich bei Gwenna zu bedanken.
Nach dem Empfang saßen sie in seinem Truck vor dem Bestattungsinstitut, denn sie hatte ihren Wagen bei seinem Haus gelassen. Es kam ihm immer merkwürdig vor, Gwenna den riesigen Lexus SUV fahren zu sehen, doch sie hatte ihm erzählt, dass es das Auto ihres Bruders war. Im Moment wartete sie offensichtlich darauf, dass er losfuhr oder irgendetwas sagte, allerdings fühlte sich seine Zunge an, als wäre sie an seinem Gaumen festgeklebt.
Das Lenkrad umklammernd suchte er nach einem Weg, seine Gefühle auszudrücken. Dass er dankbar war, dass er ihre Anwesenheit und ihren Trost schätzte. Und dass er sie wirklich mochte. Dass er sich Hals über Kopf in sie verliebte. Doch er hatte Angst, sie könnte dieses Gefühl nicht erwidern oder ihm erzählen, dass es nur eine Art stressbedingte Anziehung war. Dass unter normalen Umständen weder der eine noch der andere den jeweils anderen auch nur angesehen hätte.
Vielleicht stimmte das auch, aber zum Teufel, machte das einen Unterschied?
Er drehte sich zu ihr. Sie lächelte ihn an und berührte sein Knie.
Statt zu sagen, was er wirklich sagen wollte, meinte er: »Du hast bei dem Empfang nichts gegessen, stimmt’s?«
Sie runzelte leicht die Stirn. »Ich hatte ein Sandwich.«
»Das habe ich nicht gesehen.« Es war fast vier Uhr nachmittags, und er hätte schwören können, dass er sie nicht einen Bissen hatte essen sehen. Ihre schlechten Essgewohnheiten mochten erklären, warum sie immer so blass aussah und so dünn. Nicht dass er meinte, sie sähe ungesund aus, denn das tat sie nicht. Ihre Haut war glatt und glänzte, ihre Wangen waren rot, und die Rundungen ihres Körpers waren an genau den richtigen Stellen. Aber er hatte sie noch nie essen gesehen, und das rief nun den Polizisten in ihm auf den Plan. »Lass uns noch mal reingehen und etwas für dich holen. Oder wir könnten auf dem Rückweg zu meinem Haus irgendwo anhalten und etwas essen, wenn es bei dem Buffet nichts gegeben hat, was nach deinem Geschmack ist.«
»Nate, ich habe etwas gegessen. Wirklich. Glaub mir, es geht mir gut.«
Ihr Blick mied seinen. Ein ganz schlechtes Zeichen. Er fragte sich, ob sie vielleicht eine Essstörung oder so etwas hatte. Er war kein Seelenklempner, aber es kam ihm so vor, als würde Gwenna zu denen gehören, die ihren Kummer ganz tief in sich hineinfraßen und auf eine Weise mit ihm fertig zu werden versuchten, die aus seiner Sicht keinen Sinn ergab. Die Tochter, der Exmann, das Fehlen eines Berufes, der sie hätte ablenken können – sie hatte viele Gründe, um gestresst zu sein und aus der Balance zu geraten.
»Was ist mit deiner Tochter passiert?«, fragte er vollkommen taktlos. Aber er war müde und mit einem Mal ihretwegen verdammt besorgt.
Ihre Pupillen weiteten sich. »Mit Isabel? Sie ist gestorben.« Dann schaute sie aus dem Beifahrerfenster und biss sich auf die Unterlippe.
»Tut mir leid, ich hätte das Thema nicht anschneiden sollen … ich habe mich nur gefragt, wie es passiert ist. Ich weiß, dass der heutige Tag schlimme Erinnerungen in dir geweckt haben muss … die Beerdigung und das alles.«
»Es ist sehr lange her, dass meine Tochter gestorben ist«, sagte sie. Ihre Stimme war gedämpft und traurig, und ihre Schultern waren angespannt.
Wenn man bedachte, dass sie aussah, als hätte sie gerade erst die Highschool abgeschlossen, konnte Nate nicht glauben, dass es wirklich so lange her war, aber ihm war klar, dass sie eigentlich nicht darüber sprechen wollte. »Ich glaube nicht, dass man einen solchen Verlust jemals verwindet.«
»Nein.« Sie drehte den Kopf zu ihm um. »Das tut man nicht.«
»War sie krank?« Nate kam der Gedanke, dass er besser den Mund halten sollte, doch der schien gerade ein Eigenleben zu entwickeln.
»Nein. Sie war sogar ausgesprochen gesund. Es war ein Unfall. Ein schrecklicher unerwarteter Unfall. Es passierte in unserem Schloss in England … sie stürzte in ein Schwert.«
»In ein Schwert? Oh Gott!« Nate bedeckte ihre Hand auf seinem
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