Vegas Vampires 04 - Was sich liebt, das beißt sich
weiß, dass du nur tust, was du für das Richtige hältst. Du bist eine gute Frau, Gwenna, und du hättest mir nie absichtlich weh getan.«
Hoffnung keimte in ihr auf. »Nein, Nate. Das würde ich nie tun. Ich liebe dich … und ich habe diese Worte seit meiner Scheidung zu keinem einzigen Mann mehr gesagt, und das ist dreihundert Jahre her.«
Nates Schädel hämmerte. Sein Gehirn mühte sich, all das zu verarbeiten, was er gerade erfuhr. Während er Gwennas Liebeserklärung hörte, waren es ihre letzten Worte, die ihn ungläubig auflachen ließen. »Dreihundert Jahre seit deiner Scheidung? Gott, das ist verrückt. Und das Arschloch macht dir noch immer Ärger. Das ist einfach nicht richtig.«
Nein, es war nicht richtig. Nate war ein Vampir. Das war auch nicht richtig. Allein der Gedanke brachte ihn völlig durcheinander. Auch wenn er wusste, dass es die Wahrheit war. Er spürte die Veränderungen in ihm. Er sah mit einer Schärfe und Klarheit, hörte mit einer Genauigkeit, die neu für ihn waren. Er roch jede kleinste Nuance der Welt, die ihn umgab. Spürte seine Reißzähne. Dürstete nach Blut.
Es jagte ihm eine Höllenangst ein, jawohl. Aber im selben Augenblick wusste er doch, dass er nicht hätte sterben wollen. Er war egoistischer als Kyra. Seine Schwester hatte ihr Schicksal mit Würde angenommen, und dafür hatte Nate sie bewundert, ja, verehrt. Er hatte gewusst, dass er selbst den Tod niemals akzeptieren könnte, ohne dagegen anzukämpfen, dass er immer das Gefühl haben würde, nicht zu Ende gebracht zu haben, was er im Leben hatte erreichen wollen.
Deshalb würde er sein Vampirschicksal akzeptieren. Irgendwann würde er sich bei Gwenna wahrscheinlich sogar dafür bedanken. Im Augenblick war er allerdings zu sehr damit beschäftigt, Informationen und Sinneseindrücke zu verarbeiten, als dass er ihre Liebeserklärung schätzen und sie bestärken konnte, ihr im Gegenzug erklären konnte, was er für sie empfand. Denn er liebte Gwenna noch immer und wollte mit ihr zusammen sein. Jetzt sogar noch mehr, da er verstand, wie lange sie bereits mit ihrem Ex und mit der Trauer um ihre Tochter kämpfte.
Doch Gwenna zuckte nur die Achseln. »Roberto ist nun mal, wer er ist. Aber ich glaube, heute Nacht haben wir endlich eine Verständigung erzielt. Vielleicht ist er wütend genug auf mich, um nie wieder mit mir zu sprechen. Bis in alle Ewigkeit.« Sie stand auf und trat zu ihm. Ihre Hand glitt in seine. »Es tut mir nur so leid, dass ich so lange gebraucht habe, bis ich mich nicht länger von ihm habe einschüchtern lassen, bis ich ihm gegenüber aufrichtig war. Denn wenn ich es früher getan hätte, wärst du jetzt noch ein Sterblicher.«
Sie sah so traurig aus, so besorgt, dass Nate ihre Wange berührte. Er ertrug keine weinenden Frauen, und sie sah so aus, als wäre sie kurz davor. Das Letzte, was er wollte, war, dass Gwenna sich seinetwegen schuldig fühlte. »Du kannst nichts dafür. Sag so etwas nie wieder. Du hast mich nicht erschießen lassen. Das war Donatelli.«
»Ich habe dich reingezogen.«
»Nein. Ich bin da reingeraten, weil ein Killer hier unterwegs ist und Leute umbringt. Du bist auch nicht für die Morde im Vampirjägerforum verantwortlich. Du hast nichts Falsches getan. Du und ich, wir haben beschlossen, zusammen zu sein und Zeit miteinander zu verbringen, da wir beide das wollten. Das war’s.«
Ihre blauen Augen schauten zu ihm auf, und ihre langen Wimpern waren nass von ihren ungeweinten Tränen. »Das ist das Ende der Geschichte? Wir haben beschlossen, Zeit miteinander zu verbringen, und das war’s?«
Eine Träne rann ihr über die Wange. Eine rote Träne. Blut. Nate spürte, wie seine Kehle sich zuschnürte. Er liebte sie. Das musste es sein, was er fühlte, selbst wenn er sich nicht sicher war, selbst wenn diese fiese kleine Angst blieb, dass er sich täuschte, dass er etwas in ihr sah, was sie nicht war, dass er das zwischen ihnen als echt hinnehmen wollte, obwohl es das nicht war. Er war sich ihrer nicht hundertprozentig sicher, war sich seiner selbst nicht sicher oder was zum Teufel Liebe eigentlich war, aber eines würde er nie infrage stellen: Er wollte, dass Gwenna in Sicherheit war, und er würde sie vor allem und jedem beschützen. Sogar vor sich selbst. Doch jetzt, in diesem Augenblick, wollte er sie nur halten, sie an seinem Körper fühlen. »Nein, ist es nicht.«
Er schloss sie in die Arme, zog sie dicht an sich und küsste ihre Stirn, ihre Schläfen, ihre Wangen.
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