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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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gleicht, den Gefühlen von uns allen.
     
     
    Der Weinschlauch und der Pflock
     
    Eresch von der großen Erde hält inne und mustert sie.
    Anna steht ganz hinten, an der Wand des Salons, wie ein Hausmädchen, das auf Anweisungen wartet. Sie ist völlig unbeteiligt, jetzt kann sie nur abwarten, ob sich alles so entwickelt, wie sie es geplant hat. Sie neigt von Natur aus dazu, Ränke zu schmieden, als Phreedom ebenso wie als Inanna. In diesem wie in jenem Leben hat sie immer nach Möglichkeiten gesucht, dem Schicksal zu entrinnen – als Phreedom hat sie Lücken im Gefüge von Raum und Zeit gesucht, als Inanna Lücken in den Gesetzen, die Enki festgelegt hat. Deshalb hat sie vor all den Jahrtausenden auch die Schicksalstafeln gestohlen; sie wusste, dass Enki sie zurückbekommen würde. Sie wollte nur einen kurzen Blick auf sie werfen, um zu sehen, ob es nicht vielleicht einen ... Ausweg gäbe. Sie wartet seit dreitausend Jahren. Und so lässt sie jetzt den Engel und die Herrin der Toten die Schritte zu Ende tanzen, die ihnen so tief eingeschrieben sind, dass ihnen kaum eine andere Wahl bleibt.
    »Warum jammert, stöhnt und seufzt ihr mich an?«, fragt Eresch. »Wenn ihr Götter seid, werde ich euch segnen. Wenn ihr Sterbliche seid, werde ich euch ein Geschenk machen, das perlende Geschenk des schnell dahinströmenden Flusses .«
     
    »Deshalb sind wir nicht gekommen«, antworten Kurgarra und Galaturra.
    »Ich werde euch Getreide schenken«, sagt Eresch, »von Feldern, die üppig und reif für die Ernte sind.«
    »Wirst du uns als deinesgleichen annehmen?«, fragt der dunkle Engel.
    Bisher hat er geschwiegen und es dem anderen überlassen, Eresch davon zu überzeugen, dass sie wirklich und wahrhaftig gefallen seien. Anna bezweifelt, dass der andere in der Lage gewesen wäre, diesen Teil des Auftrags auszuführen. Er sitzt jetzt auf dem Stuhl, wo sie ihre Tätowierung erhalten hat, den Kopf in die Hände gestützt. Sie fragte sich, ob er sich jemals von dem erholen wird, was ihm angetan wurde.
    »O ja, mein Kleiner. Du gehörst jetzt mir«, sagt Eresch. »Du gehörst jetzt hierher wie jeder andere auch.«
    »Deshalb sind wir nicht gekommen«, sagen Kurgarra und Galaturra.
     
    »Dann sprecht! Weshalb seid ihr gekommen?«
    »Wir bitten nach uraltem Recht um Zuflucht.«
    »Und ich entbiete euch meine Gastfreundschaft«, sagt sie. »Ich biete euch Ströme von Blut, um eure Rache zu stillen. Ich biete euch einen Berg von Seelen, um den Hunger eurer Trauer zu stillen. Was wollt ihr?«
    Da ist er wieder – der Handel, den jeder Teufel den armen Seelen anbietet, die sich an den Toren zur Hölle einfinden. Uneingeschränkte Macht in der Verdammung des Todes, entblößt von Leben, von Trauer, von Leid angesichts der eigenen Schmerzen, entblößt von Mitgefühl angesichts der Schmerzen anderer. Aus Reue wird Leidenschaft, eine Macht, mit der du –
    »... alles erringen kannst, was du willst«, sagt sie. »Alles.«
    »Wir wollen nur den Weinschlauch, der an dem Pflock an der Wand hängt«, antworten sie.
     
    »Dieser Körper gehört Inanna«, sagt Eresch von der großen Erde.
    »Mag er auch einer Königin oder einem König gehören, so ist er doch das Einzige, was wir uns wünschen.«
    Und der Dunkelhaarige hebt den Kopf, ganz langsam, und blickt durch den Salon zu Anna hinüber, die noch immer an der Wand steht.
    »Ihr habt einen erlesenen Geschmack«, sagt Eresch. »Ein Dienerpaar, das sich an einer Königin gütlich tun will.«
    Mit einem spöttischen Lächeln dreht sie sich um und mustert Anna von oben bis unten, schätzt Wert und Wertlosigkeit, die Erniedrigung, welche diese gefallenen Engel ihr antun würden und die sie wiederum anderen mit der brutalen Gewalt der Geschändeten antun würde. Der dunkle Engel durchquert den Salon, bleibt vor ihr stehen und hebt die Hand, um ihr mit seinen langen dünnen Fingern über die Wange zu streichen.
    »Sie gehört ganz euch«, sagt Eresch.
    Der dunkle Engel nickt, schließt die Augen angesichts dieses vollkommenen Augenblicks, dieses Paktes, der mit diesen wenigen Worten geschlossen wurde.
    »Ich kann alles mit ihr machen, was ich will?«, fragt er.
    »Alles«, sagt Eresch.
    Und der dunkle Engel greift in die Innentasche seines schwarzen Jacketts.
    »Jack«, sagt er – der Blonde zuckt zusammen und blickt auf – »Zeige unserer Herrin, wie dankbar wir sind.«
    Sie überließ ihnen den Körper Inannas. Und der Kurgarra zerquetschte die Speise des Lebens über ihr. Die

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