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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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ihrem traditionellen Rockerambiente völlig deplatziert sind. Die Einzigen, die auch nur ansatzweise so aussehen, als gehörten sie in ihren Lederjacken und für Stiefel geschnittenen Jeans hierher, sind der löwenhafte Goldjunge und der Kerl, mit dem er spricht. Die anderen sind spießig bis in die Haarspitzen – die Kanzleihaie und Footballrabauken der Zukunft. Sie diskutieren über den Krieg, und es hört sich so an, als redete der Goldjunge – dieser allerliebste Schrankschwule, der ihm unablässig verschämte Blicke zuwirft – in einem fort über Freiheit und Demokratie, etwas vage, aber leidenschaftlich, was Thomas so enorm anziehend findet. Wenigstens ist seine Art etwas besser als die der anderen, die Wörter wie ›Sandnigger‹ benutzen. Von seinen Freunden wird er Jack gerufen.
    Erneut wirft er Thomas einen Blick zu, verliert anscheinend den Faden und beschließt seine Ausführungen mit einer unbestimmten Handbewegung. Thomas schaut ihn weiter an und wendet sich dann rasch wieder ab.
    Verdammt – du weißt, dass du es willst.
    »Du musst völlig verrückt sein«, sagt Finnan. »Das stinkt doch alles nach Dämon. Waschechte, gottverdammte Dämonen, die ihre Seelen eher der Hölle verschreiben als dem Konvent. Auserwählte. Herrgott  – sind diese Wichser, die sich für Engel halten, noch nicht schlimm genug?«
    »Ich suche nur nach einem Ausweg«, sagt Thomas.
    Er lässt den Burschenschafter nicht aus den Augen.
    »Du glaubst, das Vellum sei ein Ausweg? Da gibt es kein Entrinnen. Dort lauert der verdammte Tod.«
    Thomas wendet sich wieder seinem Freund zu.
    »Nein. Der Tod ist diese Welt. Der Tod ist ein Selbstmordattentäter in einem Bus; ein Auto, das zu schnell fährt; dieser arme, wundervolle Schweinehund dort drüben, der alt und fett werden und mit fünfzig an einem Herzinfarkt sterben wird. Der Tod ist die Wirklichkeit; und wenn das Vellum überhaupt irgendetwas ist, dann ... dann fängt es dort an, wo die Wirklichkeit aufhört. Das hast du mir selbst gesagt.«
    »Nun, vielleicht habe ich Scheiße erzählt.«
    Thomas fällt auf, dass sich Finnans Akzent besonders dann bemerkbar macht, wenn er stocksauer oder stockbesoffen ist, was meist auf dasselbe hinausläuft. Wieder einmal fragt er sich, was der Ire alles erlebt hat. Seamus Finnan. Woher kommst du eigentlich? Und aus welcher Zeit?
     
    Er spielt mit dem Bierdeckel herum.
    »Komm schon. Du bist doch hier der Aussteiger, Engelauge. Huckleberry Finnan. Mann, ich dachte, du wärst bei dieser Sache auf meiner Seite. Du und ich, Butch und Sundance, wir könnten –«
    »Scheiße. Verdammt, hörst du mir wenigstens dieses eine Mal zu? Du bist kaum älter als beschissene zwanzig, und schon willst du wissen, was der Tod bedeutet. Du hast erst vor kurzem dein Mal erhalten, und schon willst du wissen, was das Vellum ist. Das hier ist kein Scheißspiel. Wir reden hier nicht über ein Scheißtor zu einer Traumwelt.«
    Thomas fährt mit dem Finger über eine Rille in der gemaserten Oberfläche des Tisches. Er denkt an den Baum, aus dem er gezimmert wurde, wie die Kapillare in seinem Stamm Wasser und Mineralien in sich hinaufzogen, Ströme aus ... Zeit, wie eine dünne Haut um die inneren Ringe aus toter Materie angeordnet. Wie das Vellum ist ihre Welt nur ein Zeitstrom. Während der letzten paar Jahre ist er von einem Strom zum nächsten hinübergewechselt, auf und ab, nach rechts und links, auf der Suche nach einer Möglichkeit, ganz auszusteigen, zur Oberfläche vorzustoßen oder hinein in das stille solide Holz. Traumwelt? Er lächelt.
    »Der zweite Stern rechts und schnurgerade Richtung Morgen.«
     
    Finnan schweigt eine ganze Weile.
    »In Ordnung«, sagt Thomas. »In Ordnung, es tut mir leid. Ich weiß, dass es kein Spiel ist. Gottverdammte Scheiße, Finnan – ich würde nicht in Motelzimmern leben und auf Güterzügen zwischen den Jahrzehnten hin und her wechseln, wenn ich nicht wüsste, dass es ernst ist. Aber ... was bleibt mir anderes übrig?«
    Thomas ist jetzt seit fast zwei Jahren auf der Flucht, und ebenso lang hat er seine Schwester und seine Eltern nicht mehr gesehen. Es ist nicht so schwer, sich durchzuschlagen, wenn man ein Unkin ist, wie Finnan das nennt, jedenfalls nicht so schwer, wie es sonst wäre. Es gibt eine Menge ... Tricks, derer man sich bedienen kann. Er trinkt einen Schluck von dem Bier, für das er mit einem Lächeln bezahlt hat, und blickt an Finnan vorbei zu dem blonden Burschenschafter hinüber. Es gibt eine

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