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Vellum: Roman (German Edition)

Vellum: Roman (German Edition)

Titel: Vellum: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hal Duncan
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Zigarette, die ihm im Mundwinkel hing. Dann holte er ganz tief Luft. Verdammt, Tommy, in was für eine Scheiße bist du da geraten? Und ich soll dich verdammt nochmal da rausholen. Er würde es nicht können. Aber er musste. Er blickte zu dem Ding auf, dass sich Carter nannte, heftete seinen Blick darauf, betrachtete es, als wolle er es mit seinem Blick aufschlitzen, und öffnete den Mund, um dem Scheißkerl zu sagen, was er von ihm hielt.
    Und der Engel warf ihn mit voller Wucht gegen die Wand, die Hand fest um seinen Hals geschlossen, vor Anspannung zuckend, von dem knurrenden, spuckenden Verlangen erfüllt, dem Bedürfnis, ihm den Kehlkopf zu zerquetschen, ihm das Genick zu brechen.
    »Wo ist er?«, zischte der Engel. Und dann stand Pechorin plötzlich neben ihm. Die Schmerzen schlugen über ihm zusammen.
     
    »Dumuzi hat sich im Gras versteckt, im Gebüsch und unter den Bäumen«, sagte er. »Wo, weiß ich nicht.«
    Die Ugallu suchten im Gras, im Gebüsch und unter den Bäumen, konnten Dumuzi jedoch nicht finden.
    Finnan beugte sich auf dem Stuhl vor, würgte und spuckte Blut. Pechorin betrachtete den Klumpen aus roten Kammern und Röhren, den er in Händen hielt. Finnans Herz.
    »Eigentlich brauchst du das gar nicht, oder? Schließlich bist du einer von uns, Gott oder Ungeheuer, Engel oder Dämon. Für welche Seite du dich auch entscheidest, du wirst immer sein wie wir ... ein Unkin. Für was brauchst du dieses ... Stück Fleisch?«
    Er war innerlich leer, hohl. Die Schmerzen hatten keine Bedeutung mehr. Nichts hatte mehr eine Bedeutung.
    »Die Gräben von Arali«, sagte er hustend. »Er versteckt sich in den Gräben von Arali.«
     
     
    Die Gräben von Arali und der Somme
     
    Die Ugallu fingen Dumuzi in den Gräben von Arali. Er wurde blass, brach in Tränen aus und rief:
    »Meine Schwester hat mir das Leben gerettet. Mein Freund hat mich dem Tod ausgeliefert. Wenn das Kind meiner Schwester auf den Straßen herumläuft, soll es sicher sein. Wenn das Kind meines Freundes auf den Straßen herumläuft, soll es sich verirren; ich verfluche dieses Kind.« Und Tammuz fluchte, er verfluchte seinen Freund und das Kind seines Freundes, und die Worte hingen in der Luft, der Ewigkeit aufgedrückt wie die keilförmigen Zeichen dem Ton, in einem Augenblick gefangen, der so dicht ist wie der Rauch des Krieges und die Wolken bei einem Gewitter, und Seamus bleibt nichts anderes übrig, als schweigend und bekümmert zuzuhören und zuzuschauen, wie die anderen den armen Jungen wegzerren, tobend und schreiend, schluchzend und fluchend — Flüche, wie sie Seamus in seinem ganzen verdammten Leben noch nicht gehört hat, meine Fresse, und sie zerren ihn durch den Schützengraben wie ein verdammtes Tier, schleifen seine Füße durch den Matsch, sie werfen ihn in den Unterstand, und Seamus und seinen Männern bleibt nichts anderes übrig, sie müssen es tun, sie wollen ihn nicht verletzen, aber sie müssen ihm wehtun, ihn mit ein paar Ohrfeigen wieder zu Verstand bringen, anders geht es nicht, und wenn Tommy sich nicht zusammenreißt, wenn er sich nicht verdammt noch mal zusammenreißt, dann wird er noch als Feigling erschossen, und das darf Seamus nicht zulassen, das darf er nicht zulassen, auf gar keinen Fall, denn das könnte er sich nie verzeihen ... also folgt er den anderen in den Unterstand und sie schenken Tommys Flüchen keine Beachtung.
    Die Ugallu kreisten Dumuzi ein. Sie fesselten ihn an den Händen; sie fesselten ihn am Hals. Sie schlugen Inannas Gemahl. Dumuzi hob die Arme himmelwärts, zu Schamasch, dem Gott der Gerechtigkeit, und rief: »O Schamasch, mein Schwager, ich bin der Gemahl deiner Schwester. Ich war es, der die Speise in den heiligen Schrein trug, ich war es, der Hochzeitsgeschenke nach Uruk trug. Ich war es, der die heiligen Lippen küsste, der auf dem heiligen Schoß tanzte, auf Inannas Schoß.
    Verwandle meine Hände in Gazellenhände. Verwandle meine Füße in Gazellenfüße. Hilf mir, den Dämonen zu entkommen. Hilf mir, nach Kubiresch zu entkommen!«
    »Ach Herrgott, Tommy, mein Junge, in was für eine Scheiße bist du da wieder reingeraten? Was hast du angestellt?«
    Der Junge sieht Seamus mit Augen an, die so leer sind, so voller Angst und bar jeder Hoffnung, dass es ihm das Scheißherz bricht, den Burschen so zu sehen, und er beißt die Zähne zusammen, schluckt und putzt sich die Nase, denn wenn er jetzt nicht etwas tut, wird er selbst vor die Hunde gehen, auf jeden Fall. Herrgott Sakrament,

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