Velvet Haven Paradies der Dunkelheit
glänzende Lichtreflexe an die Decke warfen, die mit Kupferplatten verkleidet war. Da er keine unnötige Aufmerksamkeit auf sich lenken wollte, nahm Bran seine Hand von der Balustrade und versteckte sie im Ãrmel seines Mantels.
Er ignorierte Sayers neugierigen Blick und sah erneut durch das Fenster aus buntem Glas auf die StraÃe herunter, wo Hunderte von Leuten in einer Schlange auf Einlass warteten, immer in der Hoffnung, noch eine der begehrten Eintrittskarten zum Velvet Haven zu ergattern.
Wenn die Menschen nur wüssten, was in den Schatten dieses Ortes lauerte.
Was wussten sie schon, diese Sterblichen, auÃer dass sich das Velvet Haven im Inneren eines alten Herrenhauses im ornamentalen, viktorianisch-gotischen Stil befand. Was anderes lockte sie denn als jene geheimnisvolle und verführerische Atmosphäre, die einen hinter den geschwungenen eisernen Türen erwartete?
Kannten sie denn die Wahrheit? Ob wohl auch nur ein Einziger von ihnen Verdacht schöpfte, ein transparenter Vorhang könne an diesem Ort das Reich der Sterblichen von der keltischen Anderwelt trennen? Wussten diese Menschen, dass sich exakt unter der Tanzfläche, auf der sie sich bewegten und rekelten, die Höhle von Cruachan befand â jenes magische Tor in das Reich Annwyn?
Was würden sie sagen, wenn sie wüssten, dass im Velvet Haven neben Sterblichen auch Unsterbliche und Gestaltwandler aus und ein gingen? Und dass sie miteinander tanzten. Miteinander verkehrten. Würde es ihnen Angst machen, wenn sie wüssten, dass da vor ihrer Nase verschiedene Zauber ausgeübt wurden?
War es denn denkbar, dass sich sogar einer von diesen Sterblichen der schwarzen Magie bediente? Der Gedanke brachte ihn dazu, besorgt die Stirn zu runzeln.
»Gefällt sie dir denn nicht?«, erkundigte sich Sayer, als er Brans düsteren Ausdruck bemerkte.
»Nein.«
Sayer grinste und blickte noch einmal zur Tanzfläche hinunter. »Du bist ja eine richtige SpaÃbremse heute Abend.«
»Weil ich keinen Spaà an dieser Sache habe, Sayer.«
»Du würdest schon deinen Spaà haben, würdest du es nur zulassen.«
Bran knurrte missmutig und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich kann an diesem Fluch keinen Spaà finden. Du weiÃt genau, was ich von menschlichen Frauen halte. Sie sind nichts weiter als ein notwendiges Ãbel für mich.«
Sayer sah aus dem Fenster und betrachtete die blonde Frau, die er auserwählt hatte, seinem König zu Diensten zu sein. »Na ja, die Sterblichen haben schon ihren Nutzen.«
»Bist du dir sicher, dass sie sauber ist?«, erkundigte sich Bran und konzentrierte sich wieder auf seine Mission an diesem Abend und auf den eigentlichen Grund, weshalb er überhaupt ins Velvet Haven gekommen war.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Sie wird dir gefallen.«
Plötzlich hielt Sayer inne. Sein Blick schärfte sich wie bei einem Raubtier, das eine Beute ins Visier genommen hat. Seine Haut schien zu flackern; kurz leuchtete ein Funken in strahlendem Orange und Pink auf und lief ihm über den Nacken, aber dann war es auch schon wieder vorüber. Doch die Wachsamkeit des Selkie war immer noch spürbar, und sofort wusste Bran, dass sein Freund Gefahr gewittert hatte.
Im selben Augenblick merkte Bran, wie sich die Pupille seines rechten Auges weitete, bis die goldene Iris gänzlich von ihr verschluckt wurde. Irgendetwas ging da in Annwyn vor sich. Etwas war in Bewegung geraten. Braute sich zusammen. Etwas Dunkles.
»Was siehst du?«, fragte Sayer und wandte sich an Bran, als er bemerkte, wie dessen Augen in der Dunkelheit leuchteten.
»Annwyn. Eine unbekannte Bedrohung lauert in den Wäldern. Magie. Schwarze Magie.« Das Portal, das es ihm erlaubte, in seine Heimat zu blicken, schloss sich wieder und lieà Bran mit seinen beiden unterschiedlichen Augen zurück.
»Schwarze Magie.« Verächtlich spuckte Sayer dieses Wort aus, während er den Blick über die Menschen und die Unsterblichen unter ihnen schweifen lieÃ. Dabei nahm seine Haut jeden einzelnen Ton, jede einzelne Erschütterung auf. »Ich spüre ihre Anwesenheit hier in diesem Club.«
Auch Bran suchte nun in den dunklen Ecken, durchdrang mit seinem Blick die Schatten, um diesen Zauberer zu finden. Inmitten der Menschen waren die Rebellen aus der Anderwelt zu sehen. Gestaltwandler, die nirgendwo hingehörten; Magier mit unsagbarer
Weitere Kostenlose Bücher