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Venedig sehen und stehlen

Venedig sehen und stehlen

Titel: Venedig sehen und stehlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krischan Koch
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einem Sonnenschirm auf einem Campingstuhl sitzen und die rosafarbene »Gazzetta dello Sport« lesen.
    Hans-Dieters Wohnung lag am Ende einer Sackgasse. Nur der kleine Kanal führte weiter an dem Haus vorbei. Die Wohnung lag im obersten Stockwerk. Darüber gab es nur eine Dachterrasse, die über eine leiterartige Treppe zu erreichen war. Der Blick auf Venedig war atemberaubend.
    »This is …« , Zoe fehlten die Worte. »… amaiiizing. «Auf einmal redete sie wie eine amerikanische Touristin.
    Aber der Blick von hier oben war wirklich wunderschön. Es gab nur zwei alte Gartenstühle, einen Tontopf mit Oleander und ein wackeliges Geländer. Sonst nichts, was von der grandiosen Kulisse mit den Türmen der Stadt und der dahinter im sommerlichen Dunst verschwimmenden Lagune ablenken konnte.
    Die Wohnung war dagegen ernüchternd. Das Wohnzimmer, das in die Küche überging, war mit Möbeln in demselben venezianischen Rokoko wie in Hans-Dieters anderer Wohnung eingerichtet. Die etwas schäbige Salonsitzgruppe mit Sofa und Fauteuil allerdings stammte nicht aus dem frühen achtzehnten, sondern eher aus dem mittleren zwanzigsten Jahrhundert. Unter der abgestoßenen Lasur schien überall das hellere Holz durch. Der Marmorboden war wirklich alt, der Läufer mit dem Motiv der geflügelten Löwen vor dem Esstisch zwar abgetreten, aber alles andere als antik.
    In einem Schrank und auf einem Regal im Küchenund Essbereich standen wieder zahlreiche Glaskreationen des schönen Roberto, eine erlesene kleine Sammlung von Glastieren: Kraniche, Elefanten und Hasen, ein hellblaues Schwein und eine rote Kröte. Die ganze Szenerie aber wurde von einem mehrere Kilo schweren, in sämtlichen Regenbogenfarben schillernden Koi-Karpfen aus Muranoglas bestimmt. Es war der gleiche Fisch wie in Hans-Dieters Wohnung, nur noch viel bunter. Und er hatte exakt die gleiche dolchartige Schwanzflosse.
    »Das Ding muss hier raus«, sagte Harry sofort. »Unbedingt.«
    »Wir sollten hier sowieso erst mal umdekorieren«, gab Zoe ihm recht.
    Mit letzter Kraft hievte Harry den monströsen Murano-Koi auf den Küchenschrank. Er hatte mit dem etwas kippeligen Glasfuß dort oben keinen sicheren Stand, aber er war fürs Erste außer Sichtweite. Nur die schillernde Schwanzflosse lugte noch über den Rand des Schrankes hinweg. Zoe begann währenddessen ihren Seesack auszupacken. Für Harry hatte sie ein Schüttelbild der Freiheitsstatue und drei Schachteln Chesterfield mitgebracht.
    »Damit du dein neues Zuhause nicht gleich wieder vergisst.«
    Er gab ihr einen Kuss. Er fand das irgendwie rührend.
    Aber ein bisschen ärgerte es ihn auch. Sie benahm sich wie ein GI nach dem Krieg, der den Deutschen amerikanische Zigaretten und die Freiheit brachte.
    Während Zoe mitten im Auspacken auf dem durchgelegenen Bett in dem kleinen Schlafzimmer eingeschlafen war, machte sich Harry ans Abarbeiten von Hans-Dieters Anweisungen auf dem Zettel. Er begab sich auf die Suche nach Stromzählern, Sicherungskästen, Kippschaltern und Gashebeln. Den Herd brachte er auf Anhieb in Gang und setzte eine Espressokanne auf die Gasflamme. Eine angebrochene Kaffeepackung stand noch herum. Der Boiler für das Warmwasser allerdings verhielt sich wenig vertrauenerweckend. Nach Aufdrehen des Wasserhahnes mit dem C, für caldo, flammte das Gas kurz auf, erlosch aber sofort wieder. Danach war ein Zischen zu hören, als wenn Gas ausströmte, gefolgt von einem unguten Hämmern in der Leitung.
    Während der Kaffee gerade durch die Blechkanne dampfte, hörte Harry Stimmen vor der Tür und dann das Surren einer mechanischen Drehklingel. Der Schneverdinger Lehrer höchstpersönlich und sein junger Glasbläser standen vor der Tür. Harry war noch gar nicht dazu gekommen, Zoe auf seine neuen Bekannten vorzubereiten. Dazu war es jetzt zu spät. Er hoffte nur, dass Giovanni-Dieter den Umzug seines Murano-Karpfens nicht bemerkte. Er schloss die Tür zum Schlafzimmer, um Zoe nicht zu wecken. Außerdem traute er es Hans-Dieter durchaus zu, dass er Andeutungen über Harrys Nacht mit Franca machen würde.
    »Sind Sie gerade dabei, sich einzurichten, Signor Harry?«
    »Ja, es ist sehr schön hier. Mit dem Blick von der Dachterrasse haben Sie nicht zu viel versprochen.«
    Mit gedämpfter Stimme und mit Blick auf die geschlossene Schlafzimmertür fügte Harry hinzu: »Meine Freundin hat sich ein bisschen hingelegt. Ich hab sie grad vom Flughafen abgeholt.«
    »Wir wollen auch gar nicht lange stören. Übrigens gibt es

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