Venetia und der Wuestling
Fragen ihrer Tante nur mechanisch höflich antworten konnte und sich zwingen musste, gerade nur ein paar Bissen des noblen Soupers hinunterzuwürgen, das zu ihrer Erfrischung vorbereitet worden war.
Mrs. Hendreds Freundlichkeit war nicht zu überbieten, noch der Ausdruck warmer Zuneigung, mit dem sie die Nichte begrüßte, die sie sieben Jahre lang nicht gesehen hatte. Sie streichelte sie innig und drängte ihr geradezu jede Aufmerksamkeit auf, geleitete sie persönlich in ihr Schlafzimmer, blieb bei ihr, während ihre eigene Kammerzofe Venetia bediente, und verließ das Zimmer erst, nachdem sie Venetia eigenhändig warm im Bett eingemummelt, sie geküsst und ihr flüsternd versprochen hatte, sie sehr zu verwöhnen und ihr unzählige Vergnügungen zu bieten.
Mrs. Hendred war eine sehr hübsche Frau, höchst gutmütig und höchst dumm. Ihr Hauptzweck im Leben bestand darin, an der Spitze der Mode zu bleiben und für ihre fünf Töchter innerhalb möglichst kurzer Zeit vorteilhafte Partien zu finden, sobald sie jede dieser kleinen Damen, eine nach der anderen, in die Gesellschaft eingeführt haben würde. Gerade in diesem Jahr war ihr schon eine ausgezeichnete Verbindung für Louisa gelungen, und sie hoffte, es im kommenden Frühjahr nicht weniger gut für Theresa zustande zu bringen, vorausgesetzt, dass sich die Behandlung, die das Töchterchen derzeit beim Dentisten über sich ergehen ließ, als erfolgreich erwies und sie sich nicht drei Vorderzähne ziehen und auf die Stümpfe falsche einschrauben lassen musste; und weiter vorausgesetzt, dass vor ihrem Debüt ein Gatte für ihre wunderschöne Cousine Venetia gefunden werden konnte. Theresa war ein hübsches Mädchen und würde eine recht schöne Mitgift bekommen, aber Mrs. Hendred hegte keine Illusionen - Venetia mochte vielleicht durch ihre fünfundzwanzig Jahre im Nachteil sein, aber sie war nicht nur so wunderschön, dass sich die Leute auf der Straße nach ihr umdrehten und sie anstarrten, sondern sie hatte mehr Charme als alle Hendred-Töchter zusammengenommen. Es gab gewisse Schwierigkeiten bei der Aufgabe, Veneria entsprechend zu verheiraten, wie Mrs. Hendred sich nur zu gut bewusst war, aber der Optimismus der guten Dame ermutigte sie zu der Hoffnung, dass sie mit Venetias Trümpfen der Schönheit, des Charmes und eines beträchtlichen Vermögens eventuell eine recht ansehnliche Verbindung für sie bewerkstelligen könnte. Sie hielt es für einen Jammer, dass Veneria Edward Yardleys Antrag abgelehnt hatte, denn es wäre genau das Richtige für sie gewesen, da Mr. Yardley ein warmherziger Mensch war und sich der Gunst ihres Vaters erfreut hatte. Sir Francis hatte Mrs. Hendred informiert, als er ihr vor Jahren geschrieben und das Angebot seiner Schwester, Venetia bei Hof vorzustellen, abgelehnt hatte, dass Venetias Heirat so gut wie abgemacht sei. Es dauerte nicht lange, bis sie Venetia davon erzählte, und ihre Bestürzung war groß, als sie erfuhr, dass Venetia weit davon entfernt war, überhaupt an eine Heirat zu denken, ja sogar mit dem festen Entschluss nach London gekommen war, für sich und Aubrey in einem stillen Teil der Stadt oder vielleicht sogar in einer der Vorstädte ein Haus einzurichten. Mrs. Hendred hätte nicht entsetzter sein können, hätte Venetia ihre Absicht bekundet, ins Kloster zu gehen, und sie bat sie höchst ernsthaft, alle derartigen Pläne aus ihrem Kopf zu verbannen. „Dein Onkel würde nie davon hören wollen!", sagte sie.
Venetia, die ihre Tante fast ständig komisch fand, musste lachen, sagte aber liebevoll: „Liebste Ma'am, ich möchte Sie um nichts in der Welt betrüben, aber ich bin großjährig, wie Sie wissen, und ich fürchte, es liegt nicht in der Macht meines Onkels, mich daran zu hindern!"
Das Höchste, was ihr zu entringen war, war ein halbes Versprechen, nicht mehr an Häuser und Anstandsdamen zu denken, bis sie sich an das Stadtleben und die Stadtgebräuche gewöhnt haben würde. Es wäre flegelhaft gewesen, das Haus ihrer Tante zu verlassen, kaum dass sie es betreten hatte, meinte Venetia - ebenso flegelhaft wie ihr zu verraten, wie wenig ihr an den wundervollen Plänen lag, die man für ihre Unterhaltung schmiedete. Mrs. Hendred, die das Landleben hasste, war zu fest entschlossen, die Jahre, die Venetia im Yorkshire verbracht hatte, gutzumachen, und war so aufrichtig und eifrig darauf bedacht, alles zu tun, was der Nichte vermutlich Freude machen würde, dass es Venetia sowohl Dankbarkeit wie gute Manieren
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