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Venetia und der Wuestling

Venetia und der Wuestling

Titel: Venetia und der Wuestling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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merke ja vieles nicht, aber ich merke sehr gut, wenn du dich verstellst!"
    „Aber, Aubrey, wirklich ..."
    „Ach, halt den Mund!", fuhr er sie an und wurde zornig. „Wenn du es mir nicht sagen willst, schön - aber hör damit auf zu schauspielern! Ich habe nicht vor, mich dreinzumischen -ich hasse Dreinmischerei!"
    „Sei nicht bös auf mich! Bitte, bitte, nicht!", gelang es ihr zu sagen.
    Er war zur Tür gehinkt, blieb aber stehen und schaute auf sie zurück. „Ich bin nicht bös. Nicht auf dich - zumindest glaube ich nicht -, schließlich musst du wissen, was du tust. Nur habe ich gehofft, ihr hättet es schon zwischen euch ausgemacht. Ich habe Jasper gern. Na ja!" Er öffnete die Tür, ging und hatte sie schon, wie sie meinte, aus seinen Gedanken verbannt.

16. KAPITEL
    Drei Tage später wachte Venetia nach einer unruhigen Nacht vom Klang einer durchdringenden Stimme auf, die die Bewohner am Cavendish Square monoton beschwor, guten Reibsand für ihre Küche zu kaufen. Mrs. Hendred, die ihre Nichte in dem besten Gästezimmer untergebracht hatte, das auf den Platz hinausging, hatte ihr gesagt, es sei wunderbar still, ganz anders als die Zimmer, die auf der Straßenseite lagen. Es war zwar sicherlich ruhiger als das Zimmer, in dem Venetia in der Nacht vorher in Newark geschlafen hatte, aber für einen Menschen, der an die tiefe Stille auf dem Land gewöhnt war, war es mehr eine Hölle als die ruhige Lage, die von den Häusermaklern in ihren Reklamen gepriesen wurde. Anscheinend ging in London kein Mensch je schlafen. Wenn Venetia in einer Pause des anscheinend endlosen Verkehrs einschlief, riss sie bald wieder die Stimme des Nachtwächters wach, der die Stunde und den Stand des Wetters verkündete. Sie konnte nur annehmen, dass die Ohren der Londoner taub geknüppelt worden waren, und hoffen, dass sie selbst sich bald an das unaufhörliche Getöse gewöhnen würde. Da sie ein manierliches Mädchen war, versicherte sie ihrer Tante sofort, dass sie eine ausgezeichnete Nacht verbracht und sich nach ihrer Reise völlig erholt habe.
    Ihre schweren Augenlider straften sie Lügen. In Wirklichkeit hatte sie in den vergangenen drei Nächten wenig Schlaf gefunden. Da sie Reisen nicht gewohnt war, war sie nach den mehr als zweihundert Meilen zerschlagen, erschöpft und hatte selbst im Bett das Gefühl, dass sie immer noch eine endlose Poststraße entlang gerüttelt und geschaukelt wurde.
    Die Expedition, einst so ersehnt, würde in ihrem Gedächtnis bestimmt als ein einziger Albtraum weiterleben, meinte sie. Anfangs war alles nichts als Hast und Wirrwarr gewesen. Sie musste Powiek aufsuchen, eilige Vorkehrungen treffen, Schlüssel, Rechnungen und Memoranda übergeben, warnende Ermahnungen austeilen und einen Brief an Lady Denny schreiben. Das Schlimmste von allem aber war das Abschiednehmen gewesen, denn Nurse, Mrs. Gurnard und Ribble hatten geweint, und sie hatte sie trösten müssen. Und als sie sich schließlich im letzten Augenblick von Aubrey verabschieden musste, während der Onkel mit der Uhr in der Hand neben ihr stand, war sie derart überwältigt, dass sie sich nicht auf ihre Stimme verlassen konnte, sondern ihn nur krampfhaft umarmte und ihn durch die Tränen hindurch gar nicht sah.
    Für Überlegungen privater Natur hatte sie keine Zeit gehabt, ehe sie York verlassen hatte, wo sie eine Stunde mit Mr. Mytchett verbringen musste. Aber als sie das letzte Dokument unterzeichnet und die letzte sorgfältige Frage beantwortet hatte, gab es wieder zu viel Zeit zum Denken. Mr. Hendred, resigniert der unvermeidlichen Wiederkehr seiner Neuralgie ausgeliefert, wickelte sich einen Schal um den Kopf und lehnte sich in seine Ecke der Kalesche zurück, schloss energisch die Augen, und seine Nichte hatte daher Muße, sich ihrem Grübeln zu überlassen. Glücklich waren ihre Gedanken nicht, leider aber derart intensiv, dass sie, statt eifrig in eine ihr noch unbekannte Landschaft hinauszublicken und nach berühmten Wahrzeichen auszuschauen, nur wenig mehr als die auf-und abschaukelnden Gestalten der Postillione sah und sich nur schwach für die verschiedenen historischen Städte interessierte, durch die sie fuhr. Die erste Teilstrecke der Reise war notwendigerweise kurz gewesen, sodass noch hundertzwanzig Meilen zu bewältigen waren. Sie hatte sich dem Entschluss ihres Onkels gefügt, auf dem Weg nur einmal zu übernachten. Als die Kalesche endlich am Cavendish Square vorfuhr, war sie daher derart müde, dass sie auf die besorgten

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