Venetia und der Wuestling
wünschst, aber zeige dem Türhüter nicht dieses Gesicht, wenn ich bitten darf. Du hast schon genug Leuten dein Missfallen zu sehen gegeben."
Während sie noch sprach, ging die Tür auf, und sie trat ein.
Es war der zweite Butler, der sie eingelassen hatte, und sie blieb stehen, um ihn zu fragen, ob seine Herrin daheim sei. Als sie erfuhr, dass Mrs. Hendred, die eine gestörte Nacht hinter sich hatte, ihr Schlafzimmer noch nicht verlassen habe, nahm sie Edward in den Salon mit und sagte, während sie die Handschuhe abstreifte:
„Jetzt sage mir, was du sagen willst, aber versuche, dich zu erinnern, Edward, dass ich meine eigene Herrin bin! Du scheinst zu glauben, dass du eine Autorität über mich besitzt. Die aber hast du nicht, und das habe ich dir auch immer wieder gesagt."
Er stand da, schaute sie düster an und sagte schließlich: „Ich habe mich in deinem Charakter geirrt. Ich habe es zugelassen, mich in dem Glauben zu wiegen, dass die Leichtfertigkeit, über die zu klagen ich häufig Ursache hatte, einer angeborenen Lebhaftigkeit entsprang und nicht einer mangelhaften Veranlagung. Mir sind die Augen weiß Gott geöffnet worden!"
„Ich freue mich außerordentlich, das zu hören, denn es war wirklich an der Zeit.
Beschuldige mich jedoch nicht, dass ich dich getäuscht hätte. Du hast dich selbst getäuscht, denn du hast mir nie glauben wollen, dass ich die Dinge, die ich sage, auch wirklich meine. Die Wahrheit ist, Edward, dass wir himmelweit voneinander verschieden sind. Ich achte dich sehr ..."
„Ich wollte, ich könnte dasselbe von dir sagen!"
„Das war aber jetzt sehr ungezogen! Komm, schütteln wir einander die Hände, und sagen wir nichts weiter, außer dass wir einander alles Gute wünschen!"
Er rührte sich nicht, um die Hand, die ihm hingestreckt wurde, zu ergreifen, sondern sagte düster: „Meine Mutter hat recht gehabt!"
Ihr stets bereiter Sinn für das Lächerliche gewann die Oberhand über ihren Ärger.
Ihre Augen begannen zu tanzen. Sie sagte herzlich: „Und ob!"
„Sie bat mich, nicht zuzulassen, dass ich mein Urteil von meiner Verblendung hinreißen lasse. Wenn ich doch nur auf sie gehört hätte! Es wäre mir dann die Demütigung erspart geblieben, zu entdecken, dass die Frau, die ich zu meiner Gattin machen wollte, weder Herz noch Takt besitzt."
„Nun, dasselbe hätte ich auch gewünscht, aber, weißt du, Ende gut, alles gut! In Zukunft wirst du tun, was dir deine Mutter sagt, und ich bin überzeugt, sie wird genau die richtige Frau für dich finden, die dir das Leben behaglich macht. Ich hoffe aufrichtig, dass sie das tut."
„Ich hätte wissen müssen, was ich zu erwarten hatte, als du trotz meiner Vorhaltungen schon keine Gewissensbisse hattest, die Priory täglich zu besuchen.
Du scheinst eine Vorliebe für Wüstlinge zu haben!"
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und verwandelte es. „Das ist sehr wahr, Edward - die habe ich wirklich! Jetzt aber, glaube ich, ist es besser, du gehst. Du hast mir eine wunderschöne Szene gemacht, und es ist Zeit, dass ich hinaufgehe und schaue, wie es meiner Tante geht."
„Ich werde London morgen früh mit der ersten Postkutsche verlassen!", verkündete er, und mit diesem Ausspruch zum Abschied stelzte er aus dem Zimmer.
Kaum war sein Schritt auf der Treppe verklungen, als sich die Tür öffnete, um diesmal Mrs. Hendred einzulassen, die sehr erschreckt dreinschaute und sofort ausrief: „Mein Liebes, was ist denn geschehen, das Mr. Yardley in einer derartigen Erregung verjagt hat? Ich bin gerade die Treppe heruntergekommen, als er mit einem Gesicht aus diesem Zimmer stürzte, dass ich ganz erschrocken war! Ich habe ihn, wie du dir denken kannst, angesprochen und gefragt, ob irgendetwas nicht stimme, aber er wollte gar nicht erst stehen bleiben -sagte nur, du würdest es mir erzählen, und fort war er, bevor ich noch Atem holen konnte. Oh, Venetia, erzähl mir nur ja nicht, dass ihr gestritten habt!"
„Nun, ich erzähle es Ihnen nicht, wenn es Ihnen lieber ist, liebe Tante, aber es stimmt trotzdem!", antwortete Venetia lachend. „O Himmel, wie grässlich lächerlich er sich doch gemacht hat! Ich könnte ihm deshalb fast verzeihen. Ich fürchte, Sie werden genauso entsetzt sein, wie er es war, Ma'am: Ich habe Mama einen Besuch abgestattet, und Edward hat mich auf dem Heimweg in der New Bond Street getroffen, am Arm Sir Lamberts!"
Sie musste diese Beichte wiederholen, bevor Mrs. Hendred sie überhaupt fassen konnte, und dann
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