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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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(jedenfalls tat er so), etwas von einer unkonventionellen Ermittlungsmaßnahme gemurmelt. Was eine unkonventionelle Ermittlungsmaßnahme war, wusste sie nicht. Sie hatte sich auch nicht getraut zu fragen.
    Die Polizeigondel hatte sie an der Riva degli Schiavoni abgesetzt, wo der Commissario sie bereits erwartete. Als er ihr erklärt hatte, worum es ging, verstand sie, weshalb er diesen Treffpunkt gewählt hatte. Der Commissario wollte an Ort und Stelle mit ihr über die Angelegenheit reden – gewissermaßen am Schauplatz des Verbrechens, das sie  morgen in seinem Auftrag begehen würde – am Tatort.

    «Falls er dich erwischt», sagte er und zog das falls in die Länge, um anzudeuten, dass er nicht damit rechnete, «wird Sergente Bossi kommen und dich festnehmen. Ich bezweifle, dass der Mann darauf bestehen wird, mit auf die Wache zu kommen und ein Protokoll aufzunehmen.»
    Ihr fiel auf einmal die Arrestzelle in der questura ein.
    «Und was geschieht mit mir auf der Wache?»
    Der Commissario sah sie verständnislos an. «Gar nichts.
    Wir warten ein bisschen, und dann kannst du gehen.»
    Ein wenig ärgerte sie es, dass der Commissario so tat, als wäre alles ein Kinderspiel – und auch, dass er kein Wort zu ihrem Mantel und ihren Schuhen gesagt hatte. Sie schlug den Kragen ihres Mantels hoch und sagte: «Das Problem ist, dass ich nicht viel Zeit habe. Ich kann nicht alles auf einmal machen.»
    Was der Commissario nicht verstand. Er runzelte die  Stirn. «Was heißt das?»
    «Ich muss zweimal an ihn ran», sagte sie geduldig. «Das erste Mal, um festzustellen, in welcher der beiden Taschen er den Schlüssel hat. Das zweite Mal, um ihn zu ziehen.
    Wo er ihn hat, kann ich entweder sehen oder fühlen. Wie groß ist der Schlüssel?»
    «Er hängt mit einer Kette an einem kleinen Holzblock.»
    «Ein Zimmerschlüssel? Auf dem Danieli und die Zimmernummer steht?» Sie fragte sich, warum der Commissario sich nicht einfach einen Nachschlüssel besorgte. Aber das ging sie nichts an.
    Der Commissario nickte knapp.
    «Dann werde ich wahrscheinlich sehen können, in welcher Tasche er den Schlüssel hat.» Und in welcher Tasche, dachte sie, der Holzblock hängen bleiben könnte. Sie sagte: «Ich kann entweder von hinten an ihn ran, oder ich muss  mit ihm zusammenstoßen. Aber dann wird er anschließend  prüfen, ob er noch alles in seinen Taschen hat. Und könnte feststellen, dass ihm der Schlüssel fehlt.»
    Der Commissario zog seine Mundwinkel nach unten.
    «Das wäre nicht gut.»
    «Also muss ich von hinten an ihn ran. Und das geht  leichter, wenn er sich nicht bewegt. Können Sie mit ihm reden? Ihn ablenken? Anhalten?»
    Der Commissario schüttelte den Kopf. «Der Mann sollte  mich nicht sehen. Er sollte nicht einmal wissen, dass ich in der Nähe des Hotels bin. Meinst du, es ist zu schaffen?»
    «Nicht, wenn ich zwischen dem Anleger und dem Hotel  mit ihm allein bin. Da würde auch der Nebel nicht viel  nützen. Und bei Regen können Sie es vergessen.» Sie dachte kurz nach. «Ideal wäre, wenn morgen Nachmittag die Sonne schiene. Und die ganze Riva voller …»
    Der Commissario unterbrach sie. «Voller Feuerschlucker, Frittoliniverkäufer und Gaukler wäre.»
    Sie nickte. «Und der Mann sich durch die Menge wühlen müsste. Er würde doppelt so lange für den Weg vom  Hotel zum Anleger brauchen, und ich hätte Deckung. Im  Idealfall könnte er auch stehen bleiben – wenn es zum Beispiel etwas Interessantes zu sehen gibt.»
    Tron lächelte. «Für ein paar Feuerschlucker kann ich  sorgen.»
    Sie gab sein Lächeln zurück. «Wenn Sie das hinkriegen,  könnte ich es schaffen.»
    Über diese Feststellung schien der Commissario erleichtert zu sein. Seine Augen verfolgten eine Gruppe von Offizieren, die in ihren weißen Offiziersmänteln aus dem Danieli getreten waren und unschlüssig vor dem Hotel standen, bevor sie sich zum Ponte della Paglia wandten. Dann sagte  er: «Lass uns den Ablauf noch einmal durchgehen. Punkt  für Punkt. Wann bist du morgen auf der Riva degli Schiavoni?»
    «Um drei Uhr.»
    «Und wo stellst du dich dann hin?»
    «Hinter das Fahrkartenhäuschen am Lloydanleger. Weil  ich von dort aus den Steg, an dem die Novara liegt, übersehen kann.»
    «Und dann?»
    «Warte ich darauf, dass ein Mann von der Novara  kommt.»
    Tron nickte. «Ein Mann mit einem großen Schnurrbart,  der lediglich mit einem Gehrock bekleidet ist. Und wohin geht der Mann?»
    «Er geht ins Danieli. »
    «Und was machst

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