Venezianische Verlobung
harten Beweis gegen Gutiérrez haben, ist das Spiel noch offen. Und Pater Calderón hat meine Frage nach seinem Alibi nie beantwortet.»
«Er hat dich auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es Beust gewesen sein könnte.»
«Beust war es nicht. Und Pater Calderón hat mir erklärt, warum Gutiérrez unschuldig ist.»
«Willst du damit sagen, dass er versucht hat, dir Sand in die Augen zu streuen?»
Tron zuckte die Achseln. «Das würde ich nie behaupten.»
«Du scheinst etwas gegen Pater Calderón zu haben.»
Sehr richtig beobachtet. Aber auch das würde er nie behaupten. «Weißt du nun, wo Pater Calderón gestern Nacht war, oder weißt du es nicht?»
Die Principessa schüttelte unwillig den Kopf. «Ich weiß es nicht. Vermutlich war er im Danieli. »
«Da war er nicht. Sagt der Nachtportier.»
«Und Gutiérrez?»
«Der war auch nicht im Hotel.»
«Na, bitte.»
«Was soll das heißen?»
«Also war es Gutiérrez.»
Tron lächelte matt. «Wenn Pater Calderón die Nacht im Hotel verbracht hätte, würde ich dir zustimmen.»
«Du kannst es nicht lassen, was?»
«Darüber nachzudenken, wer der Mörder sein könnte?»
Tron lächelte. «Allerdings nicht. Das Problem ist nur, dass ich zu keinem Resultat komme. Noch nicht einmal zu einer Hypothese.»
«Hat Bossi eine Hypothese?»
«Bossi hat sich sehr zurückgehalten. Aber er hasst alles, was eine Soutane trägt.»
«Pater Calderón ist aber der Täter, der am besten zu seinen Ansichten passt.»
Tron nickte. «So ist es.»
«An diesem Punkt seid ihr bereits gewesen.»
Tron seufzte. «Genau das ist das Problem. Es dreht sich alles im Kreis. Und die Umdrehungen werden mit jedem Zyklus schneller. Wie bei einem Karussell, von dem alle am liebsten so schnell wie möglich abspringen würden.»
«Dann spring ab. Hör auf, Polizist zu sein.»
«Du redest wie die Contessa. Korrespondiert ihr über meine Zukunft?»
«Wir haben über deine Zukunft gesprochen. »
Tron beugte sich erstaunt nach vorne. «Ihr habt mitei nander gesprochen? Wann denn?»
«Heute Vormittag, hier an diesem Tisch.»
«Die Contessa hat dich besucht? »
Die Principessa nickte. «Sie hatte nicht die geringsten Schwierigkeiten, Massouda von Wassouda zu unterscheiden.»
«Hätte ich auch nicht, wenn die beiden sich nicht so ähnlich sehen würden. Wie kam es, dass sie dich besucht hat?»
Und wie kam es, fragte sich Tron, dass er ein ausgesprochen ungutes Gefühl bei der Sache hatte? Nicht, dass er eine Annäherung zwischen der Principessa und der Contessa nicht begrüßt hätte, aber irgendetwas an diesem unerwarteten Besuch der Contessa im Palazzo Balbi-Valier machte ihn misstrauisch.
Die Principessa sagte: «Alessandro hat mich gebeten, der Contessa den Speisenaufzug zu zeigen.»
«Und der Contessa vermutlich mitgeteilt, dass du dich über einen Besuch außerordentlich freuen würdest.»
Die Principessa lächelte. «Alessandro ist ein kleiner Intrigant. Aber ich bin ihm trotzdem dankbar.»
«In welcher Hinsicht?»
Die Principessa dachte einen Moment nach. Dann sagte sie: «Es war gut, dass mich die Contessa besucht hat.» Sie nahm sich eine kleine Portion Rum-Gelatine von der Schwanzflosse des Fisches, ließ sie aber unangerührt auf ihrem Teller liegen. «Vielleicht habe ich die Contessa falsch eingeschätzt.»
«So ähnlich hat sie sich auch über dich geäußert.»
«Die Contessa ist eine Frau, die sich von guten Argu menten überzeugen lässt.»
Tron runzelte leicht die Stirn. «Soll das heißen, dass die Contessa von deiner Idee, wieder in die Glasproduktion einzusteigen, überzeugt ist?»
Die Augen der Principessa blitzten einen Moment lang gefährlich auf. «Der Speisenaufzug hat sie überzeugt, Tron.
Und dass es hier warm ist und nicht durchregnet.»
«Und einen Speisenaufzug kriegt sie nur, wenn sie in die Glasproduktion einsteigt», sagte Tron. «Ist es das, wovon du sie überzeugt hast?» Er gab sich keine Mühe, den Sarkasmus aus seiner Frage herauszuhalten.
Aber die Principessa (die einem Streit normalerweise nicht aus dem Weg ging) war heute nicht in der Stimmung, sich provozieren zu lassen. «Mit der Produktion als solcher wird sie natürlich nichts zu tun haben», sagte sie in sachlichem Ton. Und fügte dann, fast beiläufig, hinzu: «Wir hatten an ein Geschäftsfeld gedacht, in dem es eher auf Reprä sentation ankommt.»
Einen Moment lang war Tron davon überzeugt, dass er sich verhört hatte. Dann dachte er kurz über das Wort
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