Venezianische Verlobung
fehlt.»
«Der was, Herr Baron?»
«Der Begleitantrag.» Spaur räusperte sich. «Im wesentlichen ein Formular, das den Zweck der Eingabe, den Dienstgrad des Eingebenden und seine Behörde anhand von einfachen Kennziffern erfasst. Damit eine schnelle Bearbeitung der Eingabe gewährleistet ist.»
«Ein Formular also, in das man lediglich Kennziffern einträgt.»
Spaur nickte. «Um Zeit zu sparen. Nach einem Ziffern schlüssel. Das ist eine Art Handbuch, das in jeder Dienststelle vorhanden sein sollte. Bei Eintragungen, die nicht in verschlüsselter Form erfolgen, ist mit längeren Bearbeitungszeiten zu rechnen.»
«Ah, haben wir ein solches Handbuch?»
Spaur schüttelte den Kopf. «Nein. Aber dieses Handbuch kann uns zugeschickt werden. Wir können formlos ein Beantragungsformular für den Ziffernschlüssel bei der örtlichen Kommandantur anfordern.»
«Um dann mit dem Beantragungsformular das Handbuch anzufordern, mit dessen Hilfe wir den Begleitantrag der Eingabe ausfüllen können.»
Spaur nickte. «So habe ich das verstanden.»
«Ein sehr praktisches System.»
Spaur lächelte stolz. «Ohne Frage. Nur wird auf diesem Weg eine schnelle Entscheidung über die Berechtigung dieses Eingriffes der Zensur nicht möglich sein. Wann sollte der Emporio erscheinen?»
«In zwei Wochen, Herr Baron.»
Spaur schob seinen Teller fort und verschränkte die Arme über seiner Serviette. Er sagte: «Dann wird die Zeit knapp. Allein das Beantragungsformular für die Anforderung des Handbuches mit dem Ziffernschlüssel für den Begleitantrag anzufordern dürfte mindestens drei Wochen dauern.»
Das war nun ein Satz, den Tron relativ kompliziert fand.
Erstaunlich, wie flüssig er dem Polizeipräsidenten über die Lippen kam. Tron nahm einen kräftigen Schluck von seinem schottischen Cognac, den Spaur zum Haggis bestellt hatte. Wie nannten die Schotten ihren Cognac? Spaur hatte den Namen vorhin erwähnt, aber Tron hatte ihn wieder vergessen.
«Und wenn man sich direkt an Toggenburg wendet?», schlug er vor.
«Damit wir das Handbuch mit dem Ziffernschlüssel schneller erhalten?»
Tron schüttelte den Kopf. «Um den Stadtkommandan ten zu bitten, ein Gespräch mit diesem Malparzer zu führen.»
«Damit er diesem Malparzer erklärt, dass sein Zensurbe scheid albern ist?»
«Das würde uns den Umweg über die Hofburg erspa ren.»
Spaur machte ein unschlüssiges Gesicht. «Wenn ich Toggenburg um einen Gefallen bitte, wird er mich früher oder später ebenfalls um einen Gefallen bitten. Und bei diesem Burschen weiß man nie.» Er stocherte lustlos in seinem Kartoffelbrei herum.
Und hätte zweifellos zu einem längeren Vortrag über das Mittelalterliche der Zensur angesetzt, wenn nicht Sergente Guardi plötzlich neben dem Tisch gestanden hätte. Weder Spaur noch Tron hatten ihn gesehen, als er den Speisesaal des Danieli durchquerte.
Der Sergente grüßte vorschriftsmäßig, wenn auch ein wenig steif. Die vielen hohen Offiziere und das elegante Publikum im Speisesaal des Danieli schienen ihn nervös zu machen. In der Hand hielt er einen zusammengefalteten Zettel, den er Tron entgegenstreckte.
«Was ist das, Sergente?»
Sergente Guardi räusperte sich, bevor er sprach. «Eine Nachricht von Sergente Bossi, Commissario.»
Die Nachricht war ein wenig konfus – allerdings nur, was die näheren Umstände des Verbrechens betraf. Tron nahm einen letzten Schluck aus seinem Glas mit dem schot tischen Cognac. Dann richtete er sich auf und legte seine Hände auf die Stuhllehne.
«Am Rio della Verona ist eine weibliche Person ermordet worden», sagte er langsam.
Eine Mitteilung, der Spaur, dessen Gedanken immer noch um den gemeinen Malparzer kreisten, nur ein mäßiges Interesse abgewinnen konnte. Er hob träge den Blick von seinem Haggis und seinem Kartoffelbrei. «Ist da nicht die Wohnung, in der diese Slataper ermordet wurde?»
An die Adresse konnte er sich also noch erinnern. Was jedoch nicht bedeutete, dass Spaur sich für eine solche Lappalie wie einen Mord groß interessierte. Jedenfalls nicht im Moment, wo die Freiheit des künstlerischen Wortes bedroht war.
Als Tron aufstand, schwenkte Spaur sein Glas mit dem schottischen Cognac und entblößte dabei eine hellblaue Manschette. «Ich rede morgen früh mit Toggenburg», sagte er.
Auf den ersten Blick war die Wohnung, die Anna Slataper am Rio della Verona bewohnt hatte, ein Chaos aus herumflatternden Papieren, auf den Fußboden geworfenen
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