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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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gewesen», sagte die Principessa. Dann fügte sie gnadenlos hinzu: «Niemand interessiert sich für neulateinische Lyrik. Es gibt keinen Markt dafür.»
    Unfähig, einen herablassenden Ton aus seiner Stimme  herauszuhalten, sagte Tron: «Verstehe. Der Markt.»
    Was sofort eine scharfe Replik der Principessa provo zierte. Sie sagte: «Du brauchst das Wort gar nicht so hochnäsig auszusprechen. Wenn es für mein Glas keinen Markt gäbe, würden wir uns hier im Salon totfrieren, und es würde durch die Decke regnen.»
    «Wie bei gewissen anderen Leuten, willst du damit sagen.»
    «Mein Gott, nimm doch nicht alles gleich persönlich.»
    Womit diese Diskussion fürs Erste beendet war – was  auch die Haltung der Principessa signalisierte, die sich aufgerichtet und wieder damit begonnen hatte, wütende Kringel um falsche Zahlen zu ziehen.
    Natürlich hatte die Principessa Recht, dachte Tron, der sich ebenfalls wieder seinem Manuskript zugewandt hatte.
    Es war albern von ihm gewesen, die Bemerkung der Principessa persönlich zu nehmen. In ihrem glasklaren florenti nischen Italienisch hatte sie lediglich den Grund dafür genannt, dass die Absatzzahlen des Emporio in den letzten beiden Jahren nicht nur stagniert hatten, sondern (was Tron der Principessa immer verschwiegen hatte) sogar zurückgegangen waren.
    Tron seufzte. Der Markt also, im Falle des Emporio erforderte er offenbar das, was die Principessa eine Marktstrategie nannte. Und möglicherweise war ein öffentliches Gefecht mit der Zensurbehörde genau die richtige Marktstrategie, um den Emporio aus seinem Absatztief zu befreien. Dann könnte er auch damit aufhören, jeden Monat fünfzehn Exemplare des Emporio della Poesia für die juristische Handbibliothek der questura zu bestellen. Bis jetzt war das nicht aufgefallen, weil die Bibliothek nie benutzt wurde. Aber irgendwann würde jemand dort auf kniehohe Stapel des Emporio stoßen und unangenehme Fragen stellen.
    So wie ihm in den nächsten Tagen der Polizeipräsident  unangenehme Fragen stellen würde. Zum Beispiel nach  dem geheimnisvollen Liebhaber der Ermordeten und nach  Gutiérrez’ Verwicklung in den Fall. Dass der Botschafter bei diesem Mordfall eine undurchsichtige Rolle spielte, hatte sicher Spaurs Interesse geweckt.
    Tron hob die Augen von seinem Manuskript und riskierte einen verstohlenen Blick über den Tisch. Die Principessa hatte sich eine frische Zigarette angezündet und kritzelte immer noch rote Kringel um Zahlenkolonnen, wobei sie ihren Stift wie einen Dolch handhabte.
    Tron räusperte sich. «Maria?»
    Die Principessa ließ die Akte auf ihre Knie sinken. Ihr Lächeln signalisierte Tron, dass sie keine Lust hatte, den Streit fortzusetzen. «Ja?»
    «Kennst du einen gewissen Gutiérrez de Estrada? Er ist  Botschafter der mexikanischen Exilregierung am Heiligen Stuhl. Bewohnt eine Suite im Danieli. Ich dachte mir, dass du ihm vielleicht auf Schloss Miramar begegnet bist.»
    Die Principessa runzelte die Stirn. «Ja, das bin ich. Was ist mit Gutiérrez?»
    «Er ist in einen Mord verwickelt.»
    «Was?»
    Tron nickte. «Vor zwei Tagen ist eine junge Frau in einer Wohnung am Rio della Verona erstochen worden. Die  Zugehfrau hat sie heute gefunden.»
    «Einbruch?»
    Tron schüttelte den Kopf. «Sieht nicht danach aus. Wir glauben, dass der Täter die Frau gekannt hat.»
    «Und wie kommst du auf Gutiérrez?»
    «Gutiérrez hatte sie vor ein paar Tagen zufällig kennen gelernt und am Abend des Mordes nach Hause begleitet. Er hat sich gegen neun an ihrer Haustür verabschiedet und ist anschließend ins Danieli zurückgegangen. Behauptet er. Es hat sich aber herausgestellt, dass er erst knappe drei Stunden später im Hotel war.»
    «Und ihr fragt euch jetzt, warum er diese drei Stunden  unterschlagen hat.»
    «Genau.»
    «Und was willst du von mir hören?»
    «Alles, was du über ihn weißt. Du kennst ihn, oder?»
    Die Principessa nickte. «Aus Triest. Die Erzherzogin hat uns miteinander bekannt gemacht. Wir hatten anschließend ein kurzes Gespräch. Gutiérrez arbeitet eng mit dem Vatikan zusammen. Er ist derjenige, der dafür sorgen soll, dass Maximilian die Kirchengüter zurückerstattet, die Benito Juárez beschlagnahmt hat. Und natürlich denkt er dabei auch an seine eigenen Güter, die die Juaristas ebenfalls kon fisziert haben. Die Idee, Maximilian zum Kaiser von Mexiko zu machen, geht auf ihn zurück. Er ist der große Strippenzieher im Hintergrund.»
    «Worüber habt ihr geredet?»
    «Über

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