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Venezianische Verlobung

Venezianische Verlobung

Titel: Venezianische Verlobung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Außerdem hatte der Regen der letzten Tage – das fiel ihm jetzt auf – nicht nur die Gobelins durchfeuchtet, die an der Wand zum Rio Tron hingen. Der Regen war diesmal auch durch die Vorderfront des Palazzo gedrungen und hatte eine Reihe gelblich schimmernder Flecken auf der rötlichen Brokatbespannung der Wand hinterlassen, unregelmäßig geformte Menetekel, die darauf hindeuteten, dass auch die zum Canalazzo gelegene Front des Palazzo Tron dringend sanierungsbedürftig war.
    Tron legte die Birne (deren schwarze Nadelstiche auf  Wurmbefall hindeuteten) auf den Teller zurück. Er seufzte.
    Die Contessa und Alessandro hatten Recht. Es musste etwas geschehen. Und zwar schnell.
    Als hätte die Contessa seine Gedanken gelesen, sagte sie ohne Einleitung: «Die Summe könnte bereits in der näch sten Woche angewiesen werden. Wenn ich den entsprechenden Vertrag unterschreibe.»
    Tron beugte sich über den Tisch, wobei der Stuhl, auf  dem er saß, gefährlich knackte. «Ein Betrag ist in dem Brief nicht erwähnt worden. Über welche Summe reden wir?»
    «Über rund zwanzigtausend Lire. Das reicht für die Fassade zum Rio Tron und für das Dach. Und für gewisse andere Umbauten.» Es war nicht klar, was die Contessa damit meinte.
    «Der Betrag wird aber nur angewiesen unter der völlig  fiktiven Voraussetzung, dass ich die Principessa noch in diesem Jahr heirate. Und dass die Principessa dann bereit sein wird, diesen Kredit zu tilgen.»
    «Hast du Zweifel daran?»
    «Das ist nicht der Punkt. Ich sehe nicht, wie diese Be dingungen Teil des Kreditvertrages werden könnten, ohne dass die Principessa ihnen zustimmt. Anderenfalls wirst du der Bank als Sicherheit den Palazzo anbieten müssen.
    Du hast den endgültigen Vertrag ja noch gar nicht gesehen.»
    Tron hatte die Birne wieder zur Hand genommen und  damit begonnen, sie in fingerdicke Scheiben zu schneiden.
    Er sagte: «Außerdem steht immer noch offen, wo wir  wohnen werden. Ich bezweifle, dass die Principessa bereit ist, in den Palazzo Tron zu ziehen.»
    «Weil sie befürchtet, ich könnte diesen Haushalt zu sehr dominieren?»
    «Du hast oft genug angedeutet, dass ihr der gesellschaftliche Schliff fehle.»
    Die Contessa sah Tron an. Nach längerem Schweigen  sagte sie: «Dann mache ich dir folgenden Vorschlag. Wir kündigen nicht nur den Agnellis, sondern auch den Wid mans, den Volpis und den Semazzanos.» Ihre Stimme und  ihre Augen waren matt.
    Tron runzelte die Stirn. «Du willst auch den Seitenflügel leer haben? Warum?»
    «Hat es dir Alessandro nicht gesagt?»
    «Er hat gewisse Möglichkeiten angedeutet.»
    «Aber du konntest dir nicht vorstellen, dass ich wirklich dazu bereit bin. Richtig?»
    «Ich glaube es immer noch nicht. Sind das die gewissen anderen Umbauten, die du angedeutet hast?»
    Die Contessa nickte. «Man könnte einen Durchbruch  vom Haupttreppenhaus machen. Dann könnten meine persönlichen Gäste das Wassertor benutzen, und ich hätte einen repräsentativen Zugang zu meinen Räumlichkeiten.
    Ich hätte zwei Etagen für mich und das Dachgeschoss für mein Personal.»
    «Für dein was? »
    Die Contessa sprach so langsam und deutlich wie eine  Lehrerin, die einem begriffsstutzigen Schüler etwas erklärt.
    «Für mein Personal. Ich würde mit drei Personen auskommen. Allerdings hätte ich gern eine eigene Köchin.»
    «Und Alessandro? Was wäre seine Aufgabe?»
    «Alessandro fungiert als Majordomus. Er übernimmt die  Gesamtleitung des Hauspersonals. So wie sein Vater.»
    «Hast du mit ihm darüber geredet?»
    «Alessandro ist nicht mehr der Jüngste, Alvise. Das  Treppensteigen fällt ihm immer schwerer. Die Tabletts mit den silbernen Wärmehauben sind schwer. Von der Küche zur sala degli arazzi sind es genau dreiundvierzig Schritte und zweiundzwanzig Stufen. Hat Alessandro jedenfalls gesagt. Da nützt ihm auch der Servierwagen nicht viel. Er könnte mit dieser Lösung leben.»

    «Das kann ich mir denken.»
    «Du sagst doch selbst immer, dass Alessandro zur Familie gehört.»
    «Das tut er auch. So, wie sein Vater und sein Großvater zur Familie gehört haben.»
    «Also bist du für sein Wohlergehen verantwortlich.»
    «Ihr setzt mich ziemlich unter Druck.»
    «Dieses Gefühl hatte ich auch, als Alessandro mir seinen Plan unterbreitet hat. Du weißt genau, wie ich an meinem Salon hänge. Aber er hat Recht. Das ist die einzige Lö sung.»
    «Und jetzt soll ich die Principessa von eurem Plan überzeugen. Richtig?»
    Die Contessa nickte.

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