Venezianische Verlobung
Übung.»
Die Principessa zog ungeduldig die Stirn kraus. «Ich meine es ernst, Tron. Wir könnten die alten Traditionen wieder aufnehmen. Allerdings müssten wir vorher …» Sie unterbrach sich und blies einen Rauchring über den Tisch, der einen Moment lang wie ein Heiligenschein über der Mousse au Chocolat schwebte.
«Heiraten?» Trons Löffel, den er eben zum Mund führen wollte, blieb in der Luft stehen, als wäre er auf ein unsichtbares Hindernis gestoßen.
Die Principessa nickte. «Darauf könnte es hinauslaufen.
Der Palazzo Tron ist erheblich größer als der Palazzo Balbi-Valier. Ich hätte genug Platz für meine Büros und für die Lager. Außerdem haben die Immobilienpreise am unteren Ende des Canalazzo stark angezogen. Ich könnte günstig verkaufen oder vermieten.»
«Soll das bedeuten, dass du nur dann bereit bist, mich in absehbarer Zeit zu heiraten, wenn ich in Zukunft in Glas mache?»
Die Miene der Principessa gefror zu Eis. «Sei nicht albern, Tron. Du kannst machen, wozu du Lust hast. Ich will nur die Marke.»
«Wir sind keine Marke.»
«Ihr könntet es werden.»
«Wie Farina Gegenüber ? Oder …» Trons Blick fiel auf den Champagnerkühler auf der Anrichte. «Oder Veuve Clicquot ?»
«Zum Beispiel.»
Tron seufzte. «Wieso kannst du mich nicht einfach heiraten, ohne gleich ein Geschäft daraus zu machen?»
«Ich will dich und das Geschäft. Das ist ein Reflex. Vielleicht, weil ich zu lange arm war.»
«Und wenn du mich nur ohne Geschäft kriegst?»
Die Principessa lächelte kühl. «Das halte ich für unwahrscheinlich.»
«Das ist keine Antwort auf meine Frage.»
«Die Frage ist auch sinnlos.»
«Warum?»
Die Principessa schwieg ein paar Sekunden. Dann sagte sie mit betont gleichgültiger Stimme: «Weil du selbst das beste Geschäft meines Lebens bist.»
Was zweifellos eine Liebeserklärung war, denn die Wimpern über den grünen Augen der Principessa senkten sich. Tron wusste, dass es ihr unangenehm war, wenn er sah, wie ihre Kanten abbröckelten. Wahrscheinlich würde sie gleich das Thema wechseln.
«Übrigens hat Alessandro noch etwas erwähnt», sagte die Principessa unvermittelt, nachdem sie sich geräuspert und umständlich eine neue Zigarette angezündet hatte.
Na, bitte. Tron häufte sich eine neue Portion Mousse auf seinen Teller. «Was hat er erwähnt?»
«Dass dieses Mädchen von Santa Maria Zobenigo …»
«Angelina Zolli.»
«Dass sie im Palazzo Tron gewesen ist, um sich einen Teil von ihrem Finderlohn zu holen. Alessandro war ganz angetan von ihr. Er hat ihr den Ballsaal gezeigt.»
Tron nickte. «Und ihr einen Kakao angeboten, ich weiß.»
Die Principessa dachte kurz nach. «Bist du sicher, dass das Mädchen nicht in Gefahr ist?»
«Warum sollte sie in Gefahr sein?»
«Weil sie den Mörder gesehen hat. Sie ist die Einzige, die den Mann identifizieren kann.»
« Könnte – wenn sie ihn gesehen hätte. Tatsache ist, dass sie nur gesehen hat, dass der Mann gehinkt hat. Worauf wir Schertzenlechner im Verdacht hatten, der es aber definitiv nicht gewesen ist. Wenn Angelina Zolli sich nachträglich an etwas erinnert hätte, wäre sie sofort auf die questura ge kommen. Außerdem wird sich der Bursche aus dem Staub machen, sobald er das Geld für die Photographien kassiert hat.»
«Du hältst es also nicht für nötig, sie unter Polizeischutz zu stellen?»
Tron schüttelte den Kopf. «Der Mann wird morgen Nacht die Stadt verlassen. Ich bezweifle, dass er zurückkommen wird, um Angelina Zolli zu töten.»
Der Blick, den die Principessa ihm zuwarf, war ausgesprochen skeptisch. «Und wenn du dich irrst?» Sie hatte nicht gesagt: wenn du dich wieder irrst – aber vermutlich hatte sie genau das gedacht.
Tron sagte lächelnd: «Ich wette, dass der Bursche jetzt in seiner Kammer sitzt und sich erst morgen Nacht wieder auf die Straße traut.»
Er hoffte, dass er sich halbwegs glaubwürdig anhörte.
Und dass es stimmte.
25
Er betrat den Markusplatz um drei Uhr von der Frezzeria aus und stellte enttäuscht fest, dass es für sein Vorhaben eindeutig zu voll war. Offenbar reichte ein kurzes Aussetzen des Regens, um Einheimische und Fremde in Scharen auf die Straßen zu treiben. Und in der Regel guckten die dann missbilligend, und manchmal wurden sie, speziell Besucher aus dem perfiden Albion, regelrecht aggressiv.
Einen Moment lang blieb er frustriert vor dem Gebäude mit der großen Uhr (die nie richtig ging) stehen und ließ seinen
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