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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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Gouvernante im Allgemeinen fehlten? Während sie einerseits ihrer Arbeit nachging und sich um die Bildung und das Wohlergehen der Mädchen kümmerte, hatte sie andererseits ihre ureigensten Interessen verfolgen können. Sie hatte Kunstwerke gesehen, von denen sie früher nur hatte träumen können, und solche, die Empörung in ihr ausgelöst hatten, weil eine ungehemmte Sinnlichkeit von ihnen ausging. Griechische und römische Statuen, Gemälde von nackten Nymphen und heidnischen Satyrn, Darstellungen von christlichen Heiligen in frommer Ekstase …
    Jane ließ sich auf einen Stuhl sinken. Vielleicht hatten auch die erstaunlichen Liebesbegegnungen der Mädchen dazu beigetragen, sie zu verändern. Beide, Mary und Diana, hatten sich Hals über Kopf verliebt und waren nicht ohne Hindernisse ins eheliche Glück geschlittert.
    So etwas zu erleben mochte sich durchaus auf das Lebensgefühl und das Verhalten einer Frau auswirken, die als alte Jungfer galt. Vielleicht war sie dadurch weicher und weiblicher geworden, empfänglicher für die Anziehungskraft gewisser Gentlemen.
    Ja, so musste es wohl sein.
    Geistesabwesend erhob Jane sich und legte den Strumpf in den Koffer.
    Nie zuvor hatte sie dem anderen Geschlecht so viel Interesse entgegengebracht wie in den letzten Wochen. Auch war sie früher nur sehr selten von Männern auf diese gewisse Weise behandelt worden. Jedenfalls hatte kein Gentleman ihr jemals Beachtung geschenkt, bis sie Signor di Rossi kennenlernte. Als Italiener neigte er wahrscheinlich von Natur aus dazu, seine Gefühle offener zu zeigen, als ein Engländer es tun würde. Trotzdem hatten seine Worte sie zutiefst verwirrt. Himmel, er hatte sie nicht nur cara mia genannt, er wollte sich auch heimlich mit ihr treffen!
    Signor di Rossis Verhalten war ihr ein Rätsel. Er konnte sie doch unmöglich für eine leichtfertige Frau halten! Bisher hatte er sie stets mit der größten Achtung behandelt. Aber was veranlasste ihn, ihr ein heimliches Stelldichein vorzuschlagen? Er musste doch wissen, dass sie schon fast dreißig und eine sehr vernünftige Person war.
    Vernünftig? War sie das wirklich? Warum hatte sie dann den Duke in der letzten Nacht in einem gänzlich neuen Licht gesehen? In all den Jahren, in denen sie seine Töchter betreut hatte, war er für sie nie etwas anderes als der Vater ihrer Schützlinge und ihr Arbeitgeber gewesen. Sie hatte ihn von fern bewundert, denn er besaß viele bewunderungswürdige Eigenschaften. Allerdings hatte keine davon etwas mit seiner männlichen Ausstrahlung zu tun gehabt.
    Und nun war plötzlich alles ganz anders. In dem Moment, da Aston ihr die Tür geöffnet und sie mit den Briefen vor ihm gestanden hatte, war er plötzlich nicht mehr der gesellschaftlich so weit über ihr stehende Duke gewesen. Völlig unerwartet hatte er sich in einen verschlafenen, kaum bekleideten und sehr anziehenden Mann verwandelt.
    Sie war sich seiner Nähe, seines nackten männlichen Körpers unter dem Leinennachthemd nur allzu bewusst gewesen. Seine breiten Schultern, die schmalen Hüften, die muskulösen Schenkel und die Härchen, die seine Brust bedeckten, selbst die Bartstoppeln – das alles hatte sie an die römischen Statuen erinnert, die sie gesehen hatte. Nur, dass diese Statuen nicht nach frischer Wäsche, Seife und Mann dufteten.
    Wie sie sich erschrocken eingestanden hatte, verspürte sie den Wunsch, ihm das zerzauste Haar zu glätten. Und dann hatte sie bemerkt, dass er sie mit einem Ausdruck anschaute, den sie nie zuvor in seinen Augen gesehen hatte: Interesse, Bewunderung … Verlangen. Zutiefst verwirrt hatte sie den Blick gesenkt und festgestellt, dass Astons nackte Füße ihre eigenen nackten Zehen fast berührten. Es war dieser Anblick gewesen, der sie bis ins Innerste aufgewühlt hatte.
    In Erinnerung daran barg Jane das Gesicht in den Händen.
    Zum Glück hatte der Duke in jenem Moment zu sprechen begonnen. Das war zuerst hilfreich gewesen, weil sie sich auf seine Worte konzentrieren musste. Allerdings hatte ihr Herz schon bald immer schneller geschlagen, weil die Gefühle, die Astons Stimme verriet, sie so stark berührten. Die Liebe zu seinen Töchtern, die Enttäuschung über ihr Verhalten, die Sorge um sie … Irgendwann hatte sie die Situation nicht mehr ertragen können. Sie war geflohen.
    So wie sie auch vorhin geflohen war, statt das Gespräch mit ihm zu Ende zu führen.
    Jane stöhnte auf. Hoffentlich ahnte er nichts von all dem, was in der Nacht in ihr vorgegangen

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