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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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in die Augen, aber Jane wollte auf keinen Fall weinen.
    Aston, der die nicht vergossenen Tränen sehr wohl sah, dachte: Gut, sie wird nicht gehen, solange sie an die Mädchen denkt.
    Er bemühte sich, seiner Stimme einen weicheren, weniger befehlsgewohnten Ton zu verleihen. „Bitte, Miss Wood, bleiben Sie noch ein paar Wochen. Niemand wird etwas Schlechtes daran finden.“
    Doch statt gleich zuzustimmen – wie Richard es erwartet hatte –, schüttelte sie den Kopf. „Verzeihen Sie, Euer Gnaden, da bin ich anderer Meinung. Eine Gouvernante muss ganz besonders sorgfältig darauf achten, dass nichts ihren Ruf in Gefahr bringt.“
    „Unter meinem Dach ist einer Frau noch nie etwas angetan worden“, erklärte Aston stolz. „Das würde ich jedem unmissverständlich klarmachen, der etwas anderes zu behaupten wagt. Vertrauen Sie auf mein Wort, Miss Wood.“
    „Danke, Euer Gnaden.“ Sie erhob sich.
    Sofort sprang auch er auf. Kurz wanderte sein Blick zu dem zerrissenen Brief, der vor ihnen auf dem Tisch lag.
    „Leider muss ich Ihr großzügiges Angebot ablehnen. Wenn ich mit mir selbst im Reinen sein will, bleibt mir keine andere Wahl. Ich kann kein Geld von Ihnen annehmen, wenn ich nichts dafür geleistet habe.“
    „Nichts geleistet?“ Er war überrascht. Warum war sie so starrsinnig? Tatsächlich war sie die Erste, die ihm eine solche Abfuhr erteilte. Was wollte sie denn noch von ihm? Hatte er ihr nicht genug geboten? Es war einfach nicht zu begreifen!
    Er wandte sich zum Fenster, sodass sie sein Gesicht nicht erkennen konnte. „Um meiner Töchter willen bitte ich Sie zu bleiben.“
    Sie schwieg.
    Ungeduldig öffnete und schloss er die Hände. „Ich warte auf eine Antwort, Miss Wood. So viel Höflichkeit kann ich wirklich erwarten.“
    Nichts.
    Zorn flammte in ihm auf, und er fuhr herum, um ihr die Leviten zu lesen.
    Doch Miss Wood hatte das Zimmer bereits verlassen.
    Hastig legte Jane ihre letzten noch nicht eingepackten Besitztümer in einen der beiden Reisekoffer. Sie wollte so schnell wie möglich fort aus der Ca’ Battista. Sicher, sie hatte die Annehmlichkeiten, die diese Unterkunft bot, sehr geschätzt. Noch mehr war sie von der Gastfreundschaft der Signora beeindruckt gewesen. Doch nun, da der Duke hier wohnte, war es an der Zeit zu gehen. So sehr er auch darauf drängte, dass sie blieb, sie musste weg.
    Ach, warum war das Leben so kompliziert?
    Jane seufzte tief und starrte auf den zusammengerollten Strumpf, den sie in der Hand hielt, ohne es wirklich zu merken. Sie hatte vergessen, womit sie beschäftigt gewesen war. In Gedanken war sie wieder in England. Als der Duke of Aston ihr damals mitgeteilt hatte, dass sie mit seinen Töchtern eine Reise nach Frankreich und Italien unternehmen sollte, hatte sie ihr Glück kaum fassen können. Bis dahin hatte sie nie zu hoffen gewagt, einmal all die Gemälde, Statuen und Bauwerke zu sehen, über die sie in Büchern schon so viel gelesen hatte. Bildungsreisen waren im Allgemeinen ein Privileg von jungen Herren und ihren Hauslehrern. Gouvernanten und ihre Schützlinge blieben daheim in England, wo die jungen Damen alles lernen konnten, was sie später als Ehefrauen und Hausherrinnen brauchten.
    Sie hätte schreien mögen vor Glück und hatte doch nicht einmal geahnt, wie wundervoll die Reise sich tatsächlich gestalten würde. Vor allem hatte sie sich nicht vorstellen können, wie sehr ihre Erlebnisse sie verändern würden.
    Anfangs war ihr auch gar nicht aufgefallen, welche Verwandlungen mit ihr vorgingen. Es waren Kleinigkeiten gewesen, die zunächst keine große Wirkung zu haben schienen. Im Laufe der Monate jedoch war sie zu einem anderen Menschen geworden. Sicher, wenn sie in den Spiegel schaute, stellte sie keine großen Unterschiede zu früher fest. Ihr rundes Gesicht war vielleicht ein wenig schmaler geworden. Aber noch immer entsprach es nicht dem gängigen Schönheitsideal. Auch trug sie noch dieselben Kleider wie in England, nur dass sie sie ein wenig enger hatte machen müssen, weil sie abgenommen hatte. Ihr Haar verbarg sie unter einer einfachen Haube, wie sie es schon als junges Mädchen getan hatte. Sie benutzte weder Parfüm noch Rouge, und sie trug keinen Schmuck. Das alles war wie immer.
    Und doch war sie nicht mehr dieselbe Frau, die im letzten Jahr Aston Hall verlassen hatte. Lag es daran, dass sie mit einem Mal viel mehr Verantwortung hatte tragen müssen? Oder lag der Grund darin, dass sie Erfahrungen gemacht hatte, die einer

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