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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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Dann warf er einen hungrigen Blick auf die verschiedenen Lebensmittel, rückte kurz entschlossen den Tisch näher an die Ofenbank, griff nach einer Gabel und spießte ein weiteres Stück Schinken auf. Es war ein besonderes Erlebnis gewesen, von Miss Wood gefüttert zu werden. Aber er wollte sein Glück nicht überstrapazieren.
    „Es heißt“, sagte Jane mit Verschwörermiene, „damals hätte man nicht mehr als hundert Kakaobohnen für einen kräftigen Sklaven gezahlt.“
    „Die Venezianer haben das Leben eines Menschen nicht höher geschätzt als ein paar Kakaobohnen?“
    „Man hat mir berichtet – und ich zweifele nicht an der Wahrheit dieser Behauptung –, dass Kakaobohnen ein anerkanntes Zahlungsmittel waren. Für ein Dutzend Bohnen schenkten die begehrtesten Kurtisanen einem Gentleman eine ganze Nacht lang ihre Zuneigung.“
    Richard verschluckte sich an seinem Schinken.
    „O Gott!“ Jane sprang erschrocken auf. „Brauchen Sie Hilfe, Euer Gnaden?“ Schon war sie neben ihn getreten und schlug ihm mit der flachen Hand auf den Rücken. „Wilson!“, rief sie. „Schnell, ich brauche Sie!“
    Aston rang nach Luft. „Schon gut. Setzen Sie sich und seien Sie leise!“
    Da er nicht mehr hustete, tat sie, was er verlangte. Doch man sah ihr an, wie besorgt sie war. „Ist wirklich alles in Ordnung?“
    „Allerdings.“ Er holte tief Luft. „Sie haben mich … in Erstaunen versetzt.“
    „Ich?“
    Warum, zum Teufel, sah sie so verblüfft aus? „Ja, Miss Wood, ich denke, niemand würde von Ihnen erwarten, dass Sie so … so ungezwungen über … über …“
    „Sie meinen, ich hätte diese Kurtisanen nicht erwähnen dürfen? Euer Gnaden, Venedig ist berühmt für seine Kurtisanen. Oder muss ich sagen: berüchtigt? Früher sollen in der Stadt mehr von diesen Frauen gelebt haben als irgendwo sonst in Italien.“
    „Früher?“ Er hob die Brauen. Er hatte die Schaluppe noch nicht verlassen, als sich bereits die ersten Dirnen zu ihm hatten hinrudern lassen. War Miss Wood so naiv, dass sie eine Kurtisane nicht erkannte, wenn sie eine sah? Oder verschloss sie einfach die Augen vor der Tatsache, dass Venedig nach wie vor eine Brutstätte unmoralischen Verhaltens war?
    „Ja, früher“, bestätigte sie mit einem eifrigen Nicken. „Die Kurtisanen sollen sehr kluge und gebildete Frauen gewesen sein und ein Leben wie die vornehmsten Damen geführt haben.“
    „Tatsächlich?“ Er nahm sich ein Stück Rosinengebäck, das mit Zucker bestäubt war, biss davon ab und versuchte, sich auf den Geschmack zu konzentrieren. Die Erwähnung der Kurtisanen hatte ihn zu Fantasien über all das angeregt, was er gern mit Miss Wood tun würde.
    „Geschichtliche Fakten sind natürlich nicht immer … harmlos. In England gab es auch genug skandalöse Vorkommnisse – obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass der alte Henry Tudor Kakaobohnen gegen Kurtisanen getauscht hat.“
    Begierig, das Thema zu wechseln, fragte Aston: „Wer hat Ihnen vom Wert der Kakaobohnen erzählt? Doch nicht etwa dieser Fremdenführer, den ich eingestellt habe?“
    „Signor Gaspari? O nein, er ist ein Muster an Anstand. Ich habe diese Geschichten irgendwo anders aufgeschnappt.“
    Richard wusste sofort, dass sich hinter der letzten Bemerkung mehr verbarg. War die früher so spröde Gouvernante etwa einem Mann begegnet, der in kürzester Zeit ihre Einstellung zum Leben verändert hatte? Heiße Schokolade mit hauchdünnem Schinken, nächtliche Auftritte im Nachthemd, Gespräche über Kurtisanen … Irgendetwas war jedenfalls mit Miss Wood geschehen.
    Er blickte sie forschend an. Sie war kein junges Mädchen mehr und auch keine Schönheit. Doch ihre Intelligenz und der Eifer, mit dem sie sich auf alles Neue stürzte, ließen sie auf ungewöhnliche Art anziehend erscheinen. Auch das besondere Licht hier in der Lagunenstadt schmeichelte ihr. Sie wirkte anmutiger, weiblicher, als er sie von früher her in Erinnerung hatte. Ihre blauen Augen strahlten. Wahrhaftig, sie besaß eine Attraktivität, die ihm in England nie aufgefallen war.
    „Brauchen Sie mich, Euer Gnaden?“ Wilson stand an der Tür, und hinter ihm tauchten Signora della Battista und einer der Lakaien auf. „Miss Wood hat nach mir gerufen, nicht wahr? Ich …“
    „Sie haben sich viel Zeit gelassen, um diesem Ruf zu folgen“, stellte Aston fest. „Zum Glück brauche ich Sie nicht.“
    Wilson betrachtete den Krug mit der heißen Schokolade. „Soll ich Ihnen jetzt Ihren Tee bringen, Euer

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