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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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liebenswerte, anmutige, schöne Frau und nicht als bedeutungslose Bedienstete. Für mich sind Sie wie die Göttin Diana, wie …“
    „Signor di Rossi“, fiel sie ihm ins Wort, „so etwas dürfen Sie nicht sagen. Es gehört sich nicht.“
    „In Venedig darf ein Gentleman so sprechen.“ Er wollte ihr in die Augen schauen, doch sie hielt den Blick gesenkt. „Es ist falsch, mich deshalb zu tadeln. In Venedig findet man überall Beispiele für große Schönheit, nicht wahr? Denken Sie nur daran, wie das Licht der Sonne sich in den Kanälen spiegelt. Es ist erlaubt, ja erwünscht, dass man sich an jeder Art von Schönheit erfreut und diese Freude auch zum Ausdruck bringt. Das habe ich Ihnen doch beigebracht, cara.“
    „Ja“, gestand sie. Sie liebte es, wenn er so mit ihr redete. Seine Stimme klang warm und tröstlich. Jeder seiner Sätze war Poesie in ihren Ohren. Wenn er alltägliche Dinge beschrieb, verwandelten sie sich plötzlich in kleine Kostbarkeiten, wie man sie in der Schatzkammer eines orientalischen Prinzen finden mochte. „Ja“, wiederholte sie, „das habe ich von Ihnen gelernt. Trotzdem …“
    „Pst!“ Er lächelte. „Venezianer sind ganz anders als englische Männer. Ich wiederhole es noch einmal: Wir hier betrachten Schönheit als etwas, an dem man sich erfreuen soll, und zwar nicht still und heimlich, sondern offen und ungehemmt. Wir schätzen alles Schöne und zeigen unsere Bewunderung nur zu gern, gleichgültig, ob es sich um ein Gemälde, ein Schmuckstück oder eine Frau handelt. Und ich, Miss Wood, sehe ganz deutlich Ihre Schönheit.“
    Sie errötete. Es machte sie verlegen, sich die Schmeicheleien eines Mannes anzuhören. „Bitte, Signore“, sagte sie, „Sie beschämen mich. Sie können mich doch nicht im gleichen Atemzug mit den wunderbaren Kunstwerken nennen, die …“
    „O doch, das kann und das will ich!“ Er führte die Hand zum Herzen, als beabsichtige er, einen Schwur ablegen. „Ich schmeichle Ihnen nicht. Ich sage die Wahrheit!“
    Jane öffnete den Mund, um etwas zu entgegnen, doch er ließ sie nicht zu Wort kommen.
    „Sie entsprechen vielleicht nicht dem gängigen Schönheitsideal. Aber wie dumm ist es, sich an solche Ideale zu klammern! Ich sehe Schönheit in Ihren Augen, im Schwung Ihrer Lippen und vor allem in der Anmut, mit der Sie sich bewegen. Sie sind gütig und klug, deshalb bewundere ich Sie. Ich genieße jeden Moment, den ich in Ihrer Gesellschaft verbringe.“
    „So hören Sie doch auf, bitte! Sie dürfen so etwas nicht sagen. Mit solch achtlos hingeworfenen Worten können Sie unsere Freundschaft zerstören.“
    „Nur, wenn Sie darauf bestehen, zuerst eine Gouvernante und dann erst eine Frau zu sein“, gab er zurück. „Eine englische Gouvernante, die schon zittert, wenn sie nur den Schatten dieses Dukes sieht.“ Er beugte sich über den Tisch und legte seine Hände dicht neben die ihren. Dabei achtete er darauf, dass ihre Finger sich nicht berührten. Dennoch konnte Jane diese intime Geste kaum ertragen. Sie lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
    „Der Duke ist für diese Veränderung verantwortlich“, stellte di Rossi eher bedauernd als verärgert fest. „Er hat Sie daran erinnert, dass Sie in England gesellschaftlich weit unter ihm stehen. Das hat Sie betrübt, und deshalb waren Sie allein unterwegs.“
    „Ich gehöre nun einmal zum Personal Seiner Gnaden.“ Ihr venezianischer Freund hatte recht: Das Auftauchen des Dukes hatte den Träumen, die die Lagunenstadt in ihr geweckt hatte, ein Ende gesetzt. Es hatte ihr in Erinnerung gerufen, wer sie war und was man von ihr erwartete. Wenn sie überleben wollte, musste sie sich selbst zuerst als Gouvernante und dann erst als Frau sehen.
    Ein Gefühl tiefster Erschöpfung überkam sie.
    Doch dann gewann ihre Vernunft wieder die Oberhand. Jane wusste, dass sie nicht länger auf ihr sentimentales Herz hören durfte. Ihr Zorn verflog, und ihre Traurigkeit ließ nach. Der Duke hatte sie nicht verletzen wollen. Er war von Natur aus ein aufrichtiger Mensch, und er hatte offen und ehrlich mit ihr gesprochen. Sicher, dass sie ihren schmucken Marineleutnant George Lee vor so vielen Jahren verloren hatte, schmerzte noch immer. Aber er war tatsächlich nie mehr als ihr heimlicher Verlobter gewesen, während die Duchess eine liebevolle Mutter und Ehefrau gewesen war.
    „Engländer bringen Frauen nicht die Achtung entgegen, die sie verdienen“, sagte di Rossi. „Dieser Duke hat Sie

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