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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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beide hatten immer in erster Linie das Wohl der Mädchen im Auge gehabt. Deshalb hatten sie die Argumente des anderen ernst genommen und, wenn nötig, nachgegeben. Wer Mary und Diana kannte, die inzwischen zu jungen Damen herangewachsen waren, würde nur bestätigen können, wie erfolgreich jenes Vorgehen gewesen war.
    Vielleicht fand Jane es gerade deshalb so unvorstellbar, dass für sie die Tage auf Aston Hall endgültig vorbei sein sollten. Sobald der Duke nach England zurückkehrte, würde sie all ihre Habseligkeiten in ein anderes Haus in Venedig bringen und mit der Arbeit bei einer neuen Familie beginnen. Wahrscheinlich würde sie Aston nie wiedersehen. Ob er ahnte, wie oft sie von ihm geträumt hatte? Von ihm, der gesellschaftlich so weit über ihr stand? Allerdings hatte sie in keinem ihrer Träume beim Abendessen neben ihm gesessen und sich von seinem Lächeln wärmen lassen.
    „Ich wollte Sie nicht traurig machen.“ Mit dem Daumen wischte Richard eine einzelne Träne von Janes Wange. „Hat Ihnen der Fisch etwa noch weniger geschmeckt als mir?“
    Sie versuchte zu lächeln.
    Er sah, wie schwer ihr das fiel, und drückte noch einmal ihre Hand. „Wenn Sie wirklich zu schüchtern sind, um von sich selbst zu sprechen, dann werden wir über etwas anderes reden. Über etwas, das uns beide interessiert. Über die Mädchen. Vieles habe ich ja aus ihren Briefen erfahren, aber ich würde die ganze Geschichte doch gern noch einmal von Ihnen hören, Miss Wood. Stellen Sie sich vor, Sie wären als Barde bei mir beschäftigt und sollten mir ein Lied von der Odyssee dreier Engländerinnen durch Frankreich und Italien singen.“
    Sie holte tief Luft. „Euer Gnaden, unsere Reise hat viele Wochen gedauert. Wie könnte ich da alles erzählen?“
    „Oh, wir haben Zeit genug.“ Seine Stimme klang ruhig und ermutigend.
    Ein wohliger Schauer überlief Jane bei ihrem Klang.
    „Ich bin gespannt auf die kleinste Einzelheit. Ich möchte das Gefühl haben, dabei gewesen zu sein. Beginnen Sie mit jenem trüben Tag, an dem Sie mit Mary und Diana an Bord des Schiffes nach Frankreich gingen.“
    „Es war wirklich ein trüber Tag, Euer Gnaden. Die Wolken hingen tief, doch zum Glück regnete es nicht. Der Wind allerdings war so stark, dass unser Schiff hin und her geworfen wurde. Die Mädchen waren schlecht gelaunt, weil sie sich von Ihnen verabschieden mussten. Aber natürlich wollte keine von ihnen das zugeben.“
    „Mir erging es genauso“, sagte Richard. „Ich hatte nie beabsichtigt, beide gleichzeitig auf Reisen zu schicken. Sie erinnern sich, dass die Tour zuerst nur für Mary geplant war. Doch nach Dianas … Fehltritt beschloss ich, dass sie auch fortmüsse. Nachdem ich das einmal verkündet hatte, konnte ich meine Meinung natürlich nicht mehr ändern. Aber beide zur gleichen Zeit zu verlieren …“
    „Sie haben sie doch gar nicht verloren“, protestierte Jane. „Die beiden leben und sind glücklich.“
    „Ich habe sie an andere Männer verloren. Das ist für einen Vater eine wahrhaft schmerzhafte Erkenntnis.“ Er seufzte. „Ich habe mir solche Sorgen um meine Töchter und auch um Sie, Miss Wood, gemacht. Damals habe ich dem Schiff nachgeschaut, bis mir die Augen brannten. Und als es meinen Blicken entschwunden war, bin ich noch immer nicht nach Hause gefahren. Ich alter Dummkopf blieb dort stehen und starrte auf das Meer hinaus, so als könne ich mit purer Willenskraft darauf Einfluss nehmen, dass die Überfahrt gut verlief.“
    „Das war gar nicht so dumm.“ Zaghaft erwiderte sie den Druck seiner Finger. Es gefiel ihr, wie gut ihre kleine Hand in seine große passte. Die Intimität der Berührung ließ ihr Herz schneller schlagen. „Die Überfahrt verlief unruhig, doch der Kapitän versicherte uns, es bestehe keine Gefahr. Er hatte recht. Gefährlich wurde es erst, als wir an Land gingen und der französische Zoll über uns herfiel. Wir hatten das Gefühl, Opfer einer Schar von Geiern zu werden.“
    Richard rückte seinen Stuhl ein wenig näher an ihren heran. „Fahren Sie fort, Miss Wood. Ich will alles wissen!“
    „Sofort, Euer Gnaden.“ Sie trank einen Schluck Wein, holte tief Luft und setzte ihren Bericht fort. Sie sprach von den Erlebnissen in Frankreich, von all den Sehenswürdigkeiten, die sie besucht, und von den Menschen, die sie getroffen hatten. Sie verschwieg auch die unangenehmen Situationen nicht, in die sie geraten waren.
    Manchmal stellte Richard eine Frage, und stets wurde sie

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