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Venezianische Versuchung

Venezianische Versuchung

Titel: Venezianische Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MIRANDA JARRETT
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Ähnlichem gibt. Angeblich verbergen einige Menschen ihre wahre Identität Nacht für Nacht hinter einer solchen Maske. Um diese Jahreszeit allerdings, so kurz vor Beginn des Karnevals, gibt es natürlich noch mehr Maskierte als sonst.“
    „Komische Sitte“, brummte Richard.
    „Ich könnte mir vorstellen, dass es nichts Praktischeres gibt, wenn man Intrigen schmieden will. Und ich habe gehört, dass die Venezianer Intrigen lieben.“
    „Das würde mich nicht wundern.“ Richard legte Jane den Arm um die Schultern und zog sie näher zu sich heran, ohne dass sie protestierte. „Wir beide sind zwar nicht verheiratet, aber wir haben es dennoch nicht nötig, uns hinter Masken zu verstecken.“
    „Nein“, stimmte Jane zu. „Aber wir sind auch keine Venezianer. Vermutlich weiß längst jeder hier, dass wir aus England kommen.“
    „Das soll mir recht sein.“ Er zog sie noch ein wenig näher, und sie bettete den Kopf an seine Schulter. „Hoch lebe England!“
    „Gott schütze den König!“
    Wie auf Kommando ertönte von der Bühne her in diesem Moment eine laute Fanfare. Dann erschien ein gut aussehender junger Schauspieler. Er verbeugte sich und begann, einen Monolog zu sprechen. Die Zuschauer nickten zustimmend, applaudierten an manchen Stellen und lachten hin und wieder laut auf. Richard allerdings, der kein Wort verstand, runzelte nur die Stirn. Gleich darauf betraten zwei Frauen die Bühne, eine jung und hübsch, die andere alt und streng. Auch wenn man die Texte nicht nachvollziehen konnte, war offensichtlich, dass die Alte sich der Liebe zwischen der Hübschen und dem jungen Schauspieler in den Weg stellen wollte.
    Richard seufzte. Diese Art von Stücken kannte er nur zu gut. Ob in Venedig oder in London, dieser Unsinn wurde überall auf der Welt aufgeführt. Aber da Jane sich so auf ihren ersten Theaterbesuch gefreut hatte, würde er die nächsten Stunden ertragen. Ja, er wäre sogar bereit gewesen, weit Schlimmeres auf sich zu nehmen, um ihr eine Freude zu bereiten. Das Opfer wurde ihm zudem dadurch erleichtert, dass sie noch immer den Kopf an seine Schulter gelegt hatte. Wo sonst, außer in einer Theaterloge, hätte sie das wohl tun können?
    „Bitte, Richard“, flüsterte sie ihm zu, „sagen Sie mir die Wahrheit: Sie verstehen nicht, was auf der Bühne geschieht und langweilen sich, oder?“
    „Ich verstehe nichts, das stimmt. Aber solange es Ihnen gefällt, werde ich …“
    „Ach, ich habe auch Probleme mit den Texten“, gab sie zu. „Die Schauspieler sprechen in einem mir völlig unverständlichen italienischen Dialekt. Es kommt mir jetzt ziemlich dumm vor, dass ich so um diesen Theaterbesuch gebettelt habe.“
    „Sie haben nicht gebettelt, mein Schatz. Ich habe Ihnen angeboten, Sie ins Teatro San Samuele zu begleiten. Es gibt also gar keinen Grund, sich dumm vorzukommen. Im Übrigen ergeben sich im Theater verschiedene Möglichkeiten, sich zu amüsieren.“ Sie richtete sich auf. „Ich beabsichtige nicht, mit Obst auf die Schauspieler zu werfen – falls das Ihr Vorschlag sein sollte.“
    Lachend schüttelte er den Kopf. Dann zog er sie von ihrem Platz hoch und führte sie zur hintersten Stuhlreihe der Loge.
    „Von hier kann ich nichts sehen“, wandte sie ein, obwohl sie ihm ohne Widerstand folgte.
    „Ja, und wir sind hier für alle unsichtbar. Ist Ihnen aufgefallen, wie wenige der Ladys und Gentlemen, die wir eben noch an der Balustrade ihrer Logen gesehen haben, jetzt noch dort sitzen?“
    „Ich habe nicht darauf geachtet … Aber Sie haben recht. Wohin haben all diese Menschen sich begeben? Sie haben doch das Theater bestimmt noch nicht verlassen. Das Stück hat ja gerade erst begonnen.“
    „Sie sind nicht hier, um das Stück anzuschauen, sondern um sich auf andere Art zu vergnügen. Ihnen gefallen die dunklen Ecken der Logen.“
    „Oh …“ Als ihr die Bedeutung seiner Worte klar wurde, riss Jane die Augen auf. Dann begann sie leise zu lachen. „O Richard, all diese … irregeleiteten Eheleute! Wie ungehörig von Ihnen!“
    „Könnten Sie sich vorstellen, dass auch wir uns ungehörig benehmen?“ Sein Lächeln war warm, aber auch herausfordernd. Während der letzten Tage hatte er immer wieder erleben dürfen, wie mutig die brave Miss Wood sein konnte und welch erstaunlich leidenschaftliches Temperament sich hinter ihrem ruhigen überlegten Auftreten verbarg. „Wir wollen jeden einzelnen Tag genießen, meine Jane“, sagte er mit plötzlich rauer Stimme. „Und wenn Sie

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