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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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will.
    »Fran, denkst du, du brauchst mich heute noch?«, fragt Richard, der in diesem Moment in die Küche zurückkommt.
    Das war also doch sie . Ich wusste es. Sie hat Sehnsucht nach ihm. Richard macht nämlich ein verlegenes, unsicheres Gesicht – das ich mittlerweile an ihm kenne und hasse.
    Ich könnte es hinauszögern, nicht wahr? Es wäre ein Leichtes, Richard zum Bleiben zu überreden und sein schlechtes Gewissen auszunutzen. Ich bräuchte nur meine Angie Watts zu machen. Einfach göttlich, wie sie redet! Ich kratze ab, Den! Ich habe nur noch sechs beschissene Monate zu leben, verflucht. Es wäre so leicht ...
    »Mach dir keine Gedanken. Michael ist ja jetzt bei Sureya. Ich bekomme das schon geregelt«, sage ich stattdessen. Wenn Richard mit ihr zusammen sein möchte, habe ich nicht die Absicht, mich in den Weg zu stellen.
    »Wenn du willst, dass ich bleibe, kein Problem. Nur wenn ich jetzt losfahre, kann ich die Katastrophe vielleicht noch verhindern.«
    »Welche Katastrophe?«
    Richard fährt sich mit der Hand durchs Haar. »Ach, nichts. Du weißt schon, nur der übliche Mist.«
    Er macht einen sehr unruhigen Eindruck. Ich habe mich geirrt. Er hat nicht mit ihr telefoniert. Es war geschäftlich.
    »Was ist los?«, frage ich, mit ehrlichem Interesse, das ich schon seit Jahren nicht mehr für Richards Arbeit aufgebracht habe.
    »Ich bin so ein Trottel. Das war die Assistentin von Colin Harrison.«
    »Wer ist das?«
    »Oh, nur der Aufsichtsratsvorsitzende von Shell. Ich hatte heute einen Termin bei ihm – um ihm schon mal den Mund wässrig zu machen. Weißt du, wie schwierig es ist, bei Colin Harrison einen Termin zu bekommen? Es hat Wochen gedauert, bis er zustande kam und jetzt ... Ich kann nicht glauben, dass ich ihn verpasst habe. Wie dämlich muss man eigentlich sein, um einen Termin mit Sir Colin Harrison zu vergessen?«
    Ha! Vielleicht genauso dämlich wie jemand, der einen Termin mit Sir Sony Pictures vergisst.
    »Und was hast du zu seiner Assistentin gesagt?«, frage ich.
    »Dass ich bis jetzt in einem Meeting festsaß, das länger gedauert hat als erwartet. Scheiße .«
    »Vielleicht schaffst du es noch, wenn du dich beeilst«, sage ich aufmunternd.
    Richard sieht mich mit untröstlichem Blick an. »Sie hat gesagt, dass er heute keinen anderen Termin mehr freihat und dass ich nicht mehr zu kommen brauche ... Aber du hast recht. Wenn ich richtig aufs Gas drücke ... Einen Versuch ist es wert. Denkst du, ich kann es in einer halben Stunde nach Waterloo schaffen?«
    »Worauf wartest du noch?«, erwidere ich. »Aber fahr vorsichtig.«
    Ich fühle mich grauenhaft. Das ist alles meine Schuld, weil ich Richard in Beschlag genommen habe.
    Er geht um den Küchentisch herum und sammelt seine Sachen ein. »Harrison ist ein eingebildetes Arschloch. Bei dem darf man sich keinen Fauxpas erlauben«, murmelt er. »Ich schätze, ich habe uns den größten Auftrag vermasselt, den wir jemals ... Mann! Wie kann man nur so dämlich sein?« Er tritt gegen die Wand und schreit gleich darauf vor Schmerz laut auf.
    Das war dämlich.
    »Richard, beruhige dich. Du wirst dich noch umbringen, bevor du die erste Ampel erreicht hast.«
    »Ich weiß, du hast recht ... Aber scheiße, jetzt darf ich auf den Knien herumrutschen, um das wieder auszubügeln.«
    Ich kann das wieder ausbügeln, geht mir durch den Kopf, während ich fieberhaft überlege. Das ist wieder wie damals im Improvisationskurs am College. »Der Kerl ist eingebildet, sagst du?«
    »Ja, der hält sich für etwas ganz Besonderes ... Aber als Vorstandsvorsitzender eines Ölmultis kann er sich das wahrscheinlich erlauben. Okay, ich mache mich besser auf den Weg. Ich muss nur noch mal kurz pinkeln.«
    Während Richard den Raum verlässt, schnappe ich mir sein Handy vom Küchentisch. Das letzte Mal, als ich einen Blick darauf warf, stand GUCCI auf dem Display. Und man sieht ja, was mir das eingebracht hat. Während Richards Handy in meiner Hand liegt, ist mir bewusst, dass ich mir damit Ärger einhandeln kann. Sogar gewaltigen Ärger – wovon auch Richard nicht verschont bliebe. Aber irgendetwas drängt mich dazu, und ich kann es nicht verhindern.
    Ich scrolle durch das Menü zu den Anruflisten. Nein, ich suche nicht nach Gucci. Sondern nach Mr Großkotz persönlich. Da ist er ja – allerdings steht auf dem Display nur SHELL. Ich wähle »Anrufen« und stelle fest, dass meine Hände zittern. Die Aufregung, die Angst ... das Adrenalin.
    In der Kabine, Kopfhörer

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