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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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Lippen, die eine perfekte Herzform bildeten ... alles außer einem Herzschlag.
    Während Sureya und ich gemeinsam weinten, musste ich an meine Freudentränen denken, als ich Thomas und Molly zur Welt gebracht hatte. Zum Teil weinte ich damals aus Erleichterung darüber, dass das Martyrium überstanden war, aber in erster Linie ... freute ich mich einfach. Ich freute mich auf das Leben, das mich erwartete, auf die unzähligen Möglichkeiten. Aber diese winzigen Fingerchen hier würden sich nie um Sureyas Finger schließen. Und dieser herrliche Mund würde niemals lächeln.
    Wie das passieren konnte? Wahrscheinlich hat sich die Placenta von der Gebärmutter abgelöst, im Nachhinein lässt sich das oft nur schwer sagen. Sureya trifft jedenfalls keine Schuld, so etwas kommt wohl vor, wie der Arzt meinte. Jede sechste Schwangerschaft endet mit einer Fehlgeburt, bla bla. Wen interessierte das? Sureya sicher nicht. Ich schlang die Arme um sie, als ihr das Baby wieder abgenommen wurde, und ich dachte, sie würde nie wieder aufhören zu weinen. Aber der Arzt gab ihr eine Beruhigungsspritze, während ich leise aus dem Zimmer glitt.
    Ich suchte die nächste Toilette auf und spritzte mir am Waschbecken kaltes Wasser ins Gesicht. Im Spiegel sah ich meine dunklen Augenringe und die eingefallenen Wangen, die nicht auf Schlafmangel zurückzuführen waren, sondern auf das Grauen, das ich miterlebt hatte.
    Danach trat ich wieder in den Flur und das Tageslicht hinaus und spürte das dringende Verlangen nach einer Zigarette. In meiner Hektik letzte Nacht hatte ich, als ich aufgebrochen war, natürlich vergessen, eine Schachtel einzustecken, und in Krankenhäusern gibt es keine Zigaretten zu kaufen. Also machte ich meine Anrufe ohne die beruhigende Wirkung von Nikotin.
    Es ist jetzt Zeit, wieder zu Sureya zu gehen. Ich mache mich auf den Weg zu ihrem Zimmer, in der Hoffnung, dass sie noch schläft. Damit sie so schnell wie möglich wieder gesund wird, denn sie hat jetzt Ruhe bitter nötig. Aber ich habe auch meine eigenen Gründe, weshalb ich mir wünsche, dass sie schläft. Verstehen Sie, ich habe nämlich keine Ahnung, was ich zu ihr sagen soll. Wie soll ich überhaupt anfangen?
    Ich öffne leise die Tür und spähe in das Zimmer hinein. Sureya sitzt aufrecht im Bett, gegen die Kissen gestützt. Sie ist wach. Sie starrt ins Leere. Sie dreht nicht den Kopf, als ich leise hereinkomme.
    »Wie fühlst du dich?«, frage ich.
    Sureya gibt keine Antwort. Ich setze mich auf den Stuhl neben dem Bett und lausche meinem eigenen Atem. Ich suche nach irgendwelchen schlauen Worten, nach tröstenden Worten, aber mein Kopf ist leer. Ich komme mir völlig nutzlos vor ...
    »Vielleicht solltest du ein bisschen schlafen«, sage ich schließlich.
    Wie dämlich von mir! Ich könnte mich selbst ohrfeigen. Was nützt es, zu schlafen? Ich warte darauf, dass Sureya mich anbrüllt, weil ich so dummes Zeug von mir gebe, aber das tut sie nicht.
    »Sie sollte Rosa heißen«, sagt sie stattdessen mit sanfter Stimme. »Wie meine Lieblingsblume. Ganz schön egoistisch, was?«
    »Ich glaube nicht, dass man das egoistisch nennen kann.«
    Wir fallen erneut in Schweigen.
    »Ich habe gerade telefoniert. Den Zwillingen geht es gut. Und Michael kommt morgen zurück«, sage ich. »Er wird ganz früh landen.«
    Keine Reaktion.
    »Und Helen hat sich bereit erklärt, so lange zu bleiben, wie du sie brauchst.«
    Sureya sagt immer noch nichts, aber das liegt daran, dass sie kein Wort hervorbringt. Ihre Augen starren nicht mehr ins Leere, sondern sind fest zusammengekniffen, und ihr Körper wird von krampf artigen Zuckungen geschüttelt. Ich springe von meinem Stuhl auf und eile zu ihr.
    »Sie war perfekt«, schluchzt Sureya. »So verdammt perfekt.«
    Ich schlinge die Arme um sie, halte sie fest und wende das Gesicht ab, um meine eigenen Tränen zu verbergen.
    »Was habe ich falsch gemacht?«
    » Nichts . Gar nichts. Du hättest es nicht ändern können. Du darfst dir keine Vorwürfe machen.«
    Dumme, hohle, sinnlose Worte . Es gibt keine Worte, um dieser Sinnlosigkeit einen Sinn zu geben. Alles, was Sureya bleibt, ist eine verheerende Flutwelle aus Trauer.
 
    Der restliche Tag? Keiner, an den ich mich gern erinnere, aber ich werde ihn trotzdem nie vergessen. Kurz nachdem Sureya ihr Mittagessen verweigert hatte, bekam sie Besuch von einem Psychologen. Ich blieb sitzen und verfolgte das Gespräch.
    Sinnlose Worte.
    Der Psychologe sprach das Thema »Bestattung« an. Das war das

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