Veni, Vidi, Gucci
Park. Und Molly ist auf Fabians Geburtstagsparty.«
»Stimmt, ich habe letzte Woche die Einladung in ihrer Lunchbox gefunden«, entgegnet Richard gedankenverloren.
»Und warum hast du sie mir nicht gezeigt?«, pflaume ich ihn unbeabsichtigt an.
»Das habe ich doch!«, protestiert er. »Ich habe die Einladung auf deinen Papierstapel in der Küche gelegt.«
»Wie dumm von dir, das war das Altpapier.« Meine Stimme klingt jetzt sehr laut.
»Warum regst du dich so auf?«, schreit Richard zurück. »Molly ist doch auf der Party, oder?«
»Ja, aber fast hätte sie sie verpasst. Das hätte ein ziemliches Drama gegeben.«
»Ich habe es nur gut gemeint.«
»Nun, in Zukunft kümmerst du dich besser um deinen Job, und ich kümmere mich um die Kinder.«
»Schön, ich werde dich an diese Worte erinnern, wenn du dich mal wieder beschwerst, dass es dich langweilt, nur Hausfrau und Mutter zu sein.«
» Schön .«
»Gut.«
» Gut. «
» Okay ... Ich leg jetzt auf.«
Und weg ist er.
»Fick dich«, sage ich zu niemandem und leere meinen Plastikbecher in einem Zug, um zu feiern, dass ich das letzte Wort hatte, auch wenn Richard es nicht gehört hat ... und auch wenn er wahrscheinlich gerade ein lautloses »Fick dich selbst« in den Himmel über Bristol schickt. Nein, Richard würde nie »Fick dich« sagen. Er hält nichts von Vulgärsprache – laut Richard der Beweis für einen mangelhaften Wortschatz. Allerdings scheint es ihn nicht zu stören, dass Tony Soprano jeden Satz mit »Fick dich« anfängt.
Richard, der Mafiafan. Ein beliebter Partygag: Man nenne eine beliebige Szene aus Goodfellas , und Richard zitiert den genauen Wortlaut, er kann ganze Szenen wortgetreu nacherzählen. Sein Akzent ist zwar verbesserungswürdig (aber das ist nur meine bescheidene Meinung), dennoch ist sein Gedächtnis phänomenal. Da ich ihm schon unzählige Male dabei zugehört habe, bin ich mit den Jahren unfreiwillig zur Expertin geworden. Es gibt eine Szene, in der Henry und Jimmy die Straße entlanggehen und Jimmy fragt: »Ob Morrie seiner Frau etwa alles erzählt?« Und obwohl die Frage ganz harmlos klingt, weiß Henry, dass Morrie erledigt ist. So einfach und schnell können lebensverändernde (und lebensbedrohliche) Entscheidungen gefällt werden.
Ich werde genauso vorgehen. Nein, nein, das heißt nicht, dass ich Richard erledigen werde ... zumindest noch nicht. ( Das war ein Witz! )
Aber ich muss etwas tun. Ich weiß, dass ich ein paar Dinge ändern muss. Und zwar jetzt, und nicht erst nächste Woche, nächsten Monat oder nächstes Jahr, wie ich mir sonst immer sage. Nicht nur meine geistige Gesundheit steht auf dem Spiel, sondern auch meine Ehe.
Es ist doch so: Richard und ich leben zwar zusammen in einem Haus, aber auf völlig unterschiedlichen Planeten. Und wenn wir uns zwischendurch begegnen, geraten wir jedes Mal aneinander. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, in denen das anders war ...
Unser erstes Rendezvous: drei überaus fröhliche Stunden in einem billigen Pizza-Imbiss. Wenn ich ehrlich bin, fiel es mir früher kinderleicht, andere Menschen zum Lachen zu bringen – ich brauchte nur die Speisekarte mit meiner Joan-Rivers-Stimme vorzulesen, und schon hatte ich gewonnen. Aber Richard hörte hinter die Stimmen, die ich imitierte. Er sah über meine Schönheitsfehler – nur knapp über einsfünfzig, zu schmale Lippen, kaum Brust – hinweg und verliebte sich ausgerechnet in mich. Und ich mich in ihn. Sein trockener Humor, den er immer im richtigen Moment einzusetzen wusste, begeisterte mich so sehr, dass ich Tränen lachte. Ich habe es vor Augen, als wäre es erst gestern gewesen. Diese glückliche Zeit ... dieses Lachen ...
Aber wissen Sie was? In diesem Moment, während ich noch immer auf der Parkbank sitze, fällt mir kein einziger von Richards Scherzen ein.
Früher fand ich ihn cool. Er kokste, kiffte, soff und pflegte eine »Mir doch scheißegal«-Einstellung, was mich sehr beeindruckte. Später beeindruckte er durch seine gute Arbeit, woraufhin die Beförderung erfolgte. Ab da hatten die lässigen T-Shirts ausgedient, die sein Tattoo immer so schön zur Geltung brachten, und stattdessen waren jetzt Anzug und Krawatte angesagt, um einen professionellen Eindruck zu machen. Ich sagte ihm damals, mir würde sein neuer Look gefallen, was wohl auch gestimmt hat. Allerdings forderte der berufliche Aufstieg immer mehr Freizeit, aber damals war das noch okay. Damals hatte Richard noch Energie im Überfluss, mit der er
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