Veni, Vidi, Gucci
sich beschwert.
Das klang ganz anders als eine Suite in einem Fünf-Sterne-Hotel mitten in London.
Verflucht . Wie kann man nur so dämlich und naiv sein? Jede Frau, die wenigstens einen Funken Verstand besitzt, merkt sofort, wenn ihr Mann sie belügt, oder?
Oder etwa nicht?
Aber halt, GANZ RUHIG BLEIBEN. Es besteht immerhin die Möglichkeit, dass ich falsche Schlüsse ziehe, so mein Gedanke, als ich das Rechnungsdatum mit dem Kalender an der Küchenwand abgleiche. Nein. Das Datum stimmt. Ich lasse mich gegen die Küchenanrichte sinken, während in mir die Erkenntnis reift, dass ich keinen Grund habe, ruhig zu bleiben.
Hätte ich mir irgendwann mal ausgemalt, dass so etwas passieren könnte, wäre ich vielleicht besser darauf vorbereitet gewesen und käme mir jetzt nicht wie der letzte Vollidiot vor. Und dieses Gefühl ist das eigentlich Schlimme daran.
Unglaublich, aber wahr: Ich habe nie einen Gedanken daran verschwendet, dass Richard mich betrügen könnte. Ehrlich, das kam mir nie in den Sinn – nicht einmal, als ich mich vergangene Woche in einem Schaufenster betrachtete und die unattraktivste Frau der Welt mir entgegenstarrte. Denn wenn Richard fremdging, war er nicht anders als all die anderen Männer, und schließlich hatte ich ihn immer für etwas Besonderes gehalten.
Himmel, wie dumm kann ein Mensch sein? Welche Frau hält ihren Mann nicht für etwas Besonderes? Aber es sind eben Männer. Und Fremdgehen ist typisch für Männer, oder nicht?
Hier stehe ich nun und schwanke zwischen Übelkeit, der Überlegung, ob das alles vielleicht doch nur ein blödes Missverständnis ist, einem Hass auf alle Männer und der Idee, mir ein Glas Wein einzuschenken – kurz vor zehn Uhr morgens –, damit die Welt wieder freundlicher aussieht.
Beinahe hätte ich Summer angerufen und sie um Rat gefragt, aber ich weiß auch so, was sie sagen würde. Sie würde mir raten, eine Waffe zu besorgen, zuerst zu schießen und dann zu fragen. Denn wenn Richard wirklich fremdgeht, hat er nichts Geringeres als den Tod verdient.
Ich wusste nicht, was ich glauben sollte. Meine Gedanken kreisten sinnlos immer wieder um dieselben widersprüchlichen Theorien, bis ich aus irgendeinem unerklärlichen Grund beschloss, Richard direkt damit zu konfrontieren. Was mir nun, da ich vor seiner Firma stehe, total hirnrissig vorkommt.
Normalerweise bin ich nicht so impulsiv. Normalerweise besuche ich meinen Ehemann nie unangemeldet an seinem Arbeitsplatz. Aber das hier ist kein Normalfall. In der U-Bahn habe ich den Stimmen in meinem Kopf gelauscht. Kommentare von Richard, die ich in letzter Zeit wiederholt gehört habe, zu meiner persönlichen Erbauung. Beispielsweise, dass ich mir zu viele Gedanken machen würde, was die anderen von mir denken. Dass ich zu empfindlich sei. Und, vor allem, wenn mir langweilig sei, warum ich dann nur auf meinem Hintern herumsitze, statt endlich aktiv zu werden? Gleichzeitig hat eine andere Stimme die Monate gezählt, in denen Richard und ich keinen Sex hatten. Weil Richard so selten zu Hause ist und wenn, dann ist er meistens zu müde, sagte ich der Stimme. Hmpff , entgegnete sie.
Während der Zug durch den Tunnel ratterte, habe ich mich gezwungen, ab sofort diese doofen Stimmen zu ignorieren. Ich habe mir gesagt, dass es keine andere Frau gibt. Vielleicht hat Richard mal einen Tapetenwechsel gebraucht, weil mit mir in letzter Zeit nicht viel los ist. Und vielleicht hat er sich nach unserer Auseinandersetzung genauso furchtbar gefühlt wie ich. Ich habe mich an diesen Gedanken regelrecht geklammert. Wenn es ein Licht am Ende des Tunnels gab, dann strahlte es für mich ziemlich hell.
Ich habe darüber nachgedacht, wie sehr ich mich hängen gelassen habe. Richard hat immer versucht, mir Mut zu machen, in meinen Beruf zurückzukehren, in der Hoffnung, mich so aus meinem Loch herauszuholen. Aber ich habe mich dagegen gesträubt, habe mir eingeredet, dass die Erfüllung, die einem der Beruf verschafft, weit überbewertet wird. Hier wimmelt es von Müttern, die ihre Karriere aufgegeben haben, um sich für die Schule zu engagieren und Kuchen zu backen – und machen sie nicht einen zufriedenen Eindruck?
Dann habe ich an Sureya denken müssen, die den Spagat als berufstätige Mutter meistert. Warum habe ich das für mich immer abgelehnt? Man kann nicht arbeiten gehen und eine gute Mutter sein. Irgendetwas wird darunter leiden. Aber Sureyas Zwillingen scheint es doch an nichts zu fehlen?
Ich habe mir während der
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