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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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das geschäftige Treiben hinter ihr. Es wimmelt von Frauen. Es könnte jede x-Beliebige von ihnen sein. Aber diese hier hat meinen Ehemann gerade »Tiger« genannt.
    Mir wird bewusst, dass ich bis auf Richard niemanden hier kenne. Wie auch? Schließlich besuche ich ihn nur noch selten in seinem Büro. Früher bin ich regelmäßig mit ihm und seinen Kollegen etwas essen oder trinken gegangen. Aber das war ein anderes Zeitalter – eins ohne Kinder.
    Die Leute, mit denen Richard früher zusammengearbeitet hat, sind mittlerweile weg – wahrscheinlich engagieren sie sich für die Schule und backen Kuchen – und wurden längst von der nächsten Generation ersetzt.
    »Sehr schön, Karen«, erwidert Richard. »Ja, ich bin so weit ... Übrigens, das ist Fran. Kennt ihr euch?«
    Natürlich nicht. Woher sollen wir uns denn kennen?
    Die Frau – die noch sehr mädchenhaft wirkt – lächelt mich an. »Hi, freut mich, Sie kennen zu lernen«, sagt sie. Ihr Lächeln blendet mich geradezu – wie in der Zahnpastareklame. Ich erwidere es, wobei mein Lächeln wahrscheinlich eher an eine Arzneimittelreklame erinnert – ein Mittel gegen Anspannung, Nervosität und so. Die Schönheit blickt über meine Schulter zu Richard. »Wir sind in Raum eins«, sagt sie. »Adam kommt später, sobald das Meeting zu Ende ist.«
    Ich horche auf ihren Akzent. Nicht amerikanisch. Wahrscheinlich kanadisch. So wie sie das O spricht ... eindeutig eine Kanadierin. Und?
    »Ich komme in zwei Minuten«, entgegnet Richard, und die Schönheit verschwindet wieder.
    Das kann sie unmöglich sein. Richard würde mir doch nicht seine Geliebte vorstellen, oder? Das wäre ihm doch sicher mehr als peinlich und unangenehm gewesen, und er hätte die Wahrheit nicht verbergen können. Allerdings hat er mich nicht als seine Frau vorgestellt, oder? Und die Kanadierin ist auch ziemlich schnell wieder verschwunden.
    Oh Gott, in meinem Kopf herrscht totales Chaos. Meine Gedanken drehen sich schneller als Kylies Hintern in ihren Videoclips.
    »Tut mir leid, Fran, aber du hättest vorher anrufen sollen«, sagt Richard. Er sieht mich dabei nicht an, sondern durchsucht die Papierstapel auf seinem Schreibtisch.
    »Das macht nichts. Ich hatte halt einfach spontan diese Idee, mehr nicht«, erwidere ich in möglichst unbefangenem Ton. »Das war eine Kanadierin, nicht? Die junge Frau eben?«
    »Was?«, sagt Richard zerstreut. Er sucht immer noch zwischen den Unterlagen. Der Tiger hat seine Tabellen verschlampt. Unglaublich, wie es auf Richards Schreibtisch aussieht. Jeder Zentimeter ist mit Papier bedeckt. Ich spüre den Impuls, das Chaos auf der Stelle aufzuräumen.
    »Tut mir leid, aber ich muss los. Bis um fünf muss die Sache nämlich stehen«, sagt er. »Du weißt ja, wie das ist.«
    Äh, nein, eigentlich nicht . Wie ist es denn, Richard? Und was für eine Sache? Die Zeiten, in denen Richard mir von seinem Job erzählte und mich ins Vertrauen zog, sind lange vorbei. Heute höre ich von ihm nur noch Schlagwörter wie Markenfusion und kreatives Denken und optimale Werbestrategie für Besserverdienende, die sich das alles leisten können. Schön für sie. Aber was bedeutet das alles?
    Dabei ist es nicht Richards Schuld. Stelle ich ihm jemals Fragen über seine Arbeit? Nein, lautet die Antwort. Und mein schwindendes Interesse deckte sich damit, dass Richard keine Zeit beziehungsweise Lust mehr hatte, mir von seinem Job zu erzählen.
    Er hat es in dieser Firma bis zum MD gebracht, zum Managing Director. Aber bei uns zu Hause steht MD für »Missing Dad«. Was jedoch nicht zwangsläufig bedeutet, dass wir Flugblätter verteilen.
    »Fran?«
    Ich schnelle wieder in die Realität zurück. Richard steht vor mir, in den Händen seine Tabellen. »Sorry, war gerade ganz woanders«, entgegne ich. »Richtig, ja, dann will ich dich nicht weiter stören.«
    »Tut mir leid«, wiederholt er. Er beugt sich vor und gibt mir einen Kuss auf die Wange, und ich sehe ihm hinterher, als er den Raum verlässt.
    Meine Arbeit als Amateurdetektivin ist beendet.

14
 
    S ureya und ich sitzen in meiner Küche. Vor mir steht ein Glas Weißwein. Sureya zieht wie immer einen Kräutertee vor. Und wie immer lächelt sie. Niemand würde ahnen, dass wir gerade über Untreue sprechen.
    »Ich glaube es einfach nicht«, sagt Sureya mit unerschütterlicher Hoffnung. »Er ist der letzte Mann, dem ich zutrauen würde, fremdzugehen.«
    »Wirklich? Und warum?«, frage ich, wobei ich mir sehnlichst wünsche, dass etwas von

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