Veni, Vidi, Gucci
ihrem Optimismus auf mich abfärbt.
»Er würde doch nicht leichtfertig alles aufs Spiel setzen, was ihr euch aufgebaut habt?«
»Aber das ist doch nichts Ungewöhnliches für einen Mann, Sureya«, widerspreche ich. »Ich dachte zwar auch immer, Richard sei anders, aber ...«
»Aber Richard betet dich an«, sagt Sureya mit fester Überzeugung.
Mehr hat sie nicht zu bieten? In letzter Zeit habe ich mich nämlich nicht besonders angebetet gefühlt.
»Er ist ja nie da, um mich anzubeten«, erwidere ich, nehme einen Schluck Wein und genieße, wie er kühl durch meine Kehle rinnt.
»Ja, ja, die Arbeit, der große Karrieresprung und das alles«, sagt Sureya mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Männer definieren sich nun einmal über ihre Arbeit. Sie können nicht anders. Das steckt in ihren Genen. Aber bloß weil Richard selten zu Hause ist, heißt das nicht, dass er nichts mehr für dich übrig hat.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Du hast leicht reden. Du bekommst deinen Ehemann immerhin von Zeit zu Zeit zu sehen.« Ich höre die Verbitterung in meiner Stimme und bereue sie sofort.
»Unsinn. Neulich hat Mina zu dem Fernsehtechniker Daddy gesagt«, scherzt sie. »Hör mal, weißt du eigentlich, wie oft Richard mich - während seiner geheiligten Arbeitszeit - angerufen hat, um sich zu vergewissern, dass Michael und ich am Samstag zu deiner Party kommen? Als würden wir die verpassen! Und ich bin nicht die Einzige, die er angerufen hat. Er hat die Gästeliste schon mehrmals durch. Er kümmert sich um jedes Detail, weißt du. Er ist äußerst bemüht, dir den besten Abend deines Lebens zu bescheren, glaub mir.«
Der Gedanke, dass mein Mann seine kostbare Zeit für meine Party opfert, gibt mir ein gutes Gefühl, wie ich zugeben muss, aber es ändert nichts an den harten Fakten in Form einer Hotelrechnung.
»Vergiss nicht, Sureya, ich habe ein schriftliches Beweisstück, dass Richard eine Affäre hat«, erinnere ich sie.
»Das beweist gar nichts. Dafür kann es alle möglichen Erklärungen geben, wahrscheinlich sind die meisten davon belanglos. Du musst mit ihm darüber reden, du musst ihm die Chance geben, sich zu erklären. Zieh keine voreiligen Schlüsse, Fran.«
Sureya hat recht. Ich muss mit Richard reden. »Ich werde mit ihm reden«, entgegne ich.
»Und wann? «, fragt sie zweifelnd. »Wann hast du denn diese blöde Rechnung gefunden?«
»Am Montag.«
»Und heute ist?«
»Ja, ja, Donnerstag. Weißt du, ich habe Richard diese Woche kaum zu Gesicht bekommen. Er hat furchtbar viel zu tun, und du weißt ja, wie das ist.« Du meine Güte. Ich benutze Richards Worte. Nun ja, bei mir haben sie zumindest funktioniert. Sie haben mich zum Schweigen gebracht. Wieder nehme ich einen großen Schluck Wein. Ich möchte, dass der Alkohol mir möglichst schnell ins Gehirn steigt, um es auszuschalten. Ich würde nämlich gerne verdrängen, dass ich mit meinem Mann seit drei Tagen nicht mehr gesprochen habe. Und ich würde auch gerne verdrängen, dass meine Geburtstagsparty bereits übermorgen ist und ich immer noch nichts zum Anziehen habe. Aber der Alkohol nimmt wie immer die falsche Richtung und steuert direkt auf meine Taille zu, bis hinunter zu meinen Oberschenkeln. Meine Beine sind betrunken, während mein Kopf so klar ist wie ein Sommerhimmel.
»Fran, worauf wartest du noch?«, sagt Sureya, und es klingt richtiggehend flehend. »Das ist viel zu wichtig.«
»Warum? Hast du nicht eben noch gesagt, die Hotelrechnung habe nichts zu bedeuten?« Ich stelle mich absichtlich dumm.
»Ich glaube nicht, dass Richard eine Affäre hat, aber du bist offensichtlich überzeugt davon, und das macht dich verrückt. Also rede mit ihm .«
»Das ist nicht so leicht, Sureya.«
»Doch, es ist ganz leicht. Du musst ihm nur sagen, was dich die ganze Zeit beschäftigt. Ich weiß, eine Konfrontation ist ... nie einfach. Aber je länger du es vor dir herschiebst, desto schwieriger wird es. Ich kenne dich, Fran. Davor kannst du nicht davonlaufen.« Sie stößt ein Lachen aus. »Übrigens, hast du nicht immer gesagt, dass du nicht so werden möchtest wie deine Mutter?«
Meine Mutter. Auch so eine, die alles in sich hineinfrisst. Sie redet zwar viel, aber nie über das Wesentliche. Das Unter-den-Teppich-kehren-Gen habe ich mit Sicherheit von ihr geerbt.
Sureya nippt an ihrem Tee und fährt sich müde durch die dicken, glänzenden Haare. Wer von uns beiden verzweifelter ist, lässt sich schwer sagen. »Was sagt Summer dazu?«, will sie
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