Veni, Vidi, Gucci
immerhin um halb sieben geweckt. Mangelnde Zeit ist also kein Argument.
Wir erreichen das Schultor. Thomas, der zehn Meter vor uns geht, sprintet plötzlich los in Richtung Sportplatz, um wenigstens noch zwei Minuten den Ball zu kicken, bevor die Schulglocke läutet. Er winkt mir flüchtig zu, bevor er losrennt. Kein Kuss, kein Blick zurück. Na, immerhin ein kurzes Winken.
»Wenn Cassie sich weniger Gedanken um andere Leute machen und sich stattdessen mehr um sich selbst kümmern würde, wäre sie bestimmt glücklicher«, bemerkt Natasha. »Für sein Glück muss man sich auch ein wenig anstrengen, nicht wahr?«, fügt sie trocken hinzu.
Ich weiß genau, was sie meint. Ich muss mich jeden Morgen anstrengen, um aus dem Bett zu kommen.
»Das Geheimnis ist, dass man Prioritäten setzen muss«, redet sie weiter und dreht sich nach ihrem Ältesten um. »Quinn, mach schon, leg mal einen Zahn zu.«
Quinn trödelt bereits die ganze Zeit hinter uns her, und erst als er langsam näher trottet, sehe ich auch, warum. Er hält eine Müslischale gegen den Bauch gedrückt und löffelt gerade die letzten Cheerios heraus. Anschließend gibt er die Schale und den Löffel seiner Mutter, die beides im Buggynetz verstaut, wo bereits zwei Schalen und zwei Löffel stecken.
»Frühstück on the road«, erklärt Natasha, als sie meinen Blick bemerkt. »Natürlich würden meine Jungs gerne am Tisch frühstücken, wie jedes andere normale Kind auch, aber das ist für mich die einzige Möglichkeit, mir morgens eine halbe Stunde im Bad zu gönnen. Wie bereits gesagt, man muss Prioritäten setzen.« Und sie lacht, den ganzen Weg über den Schulhof.
Mrs Gottfried erwischt mich, als ich gerade das Schulgebäude verlasse.
»Mrs Clark, wir müssen uns dringend unterhalten.«
»Ja«, entgegne ich, und denke, dass ein Gespräch über die Unkonzentriertheit, Verdrießlichkeit und sonstige -keiten meines Herrn Sohn das Letzte ist, was ich jetzt brauche.
»Haben Sie jetzt Zeit?«
»Nein, tut mir leid. Ich habe gleich einen Termin. Ich muss zum Zahnarzt«, erwidere ich. Das Schultor ist jetzt in Sicht, und ich beschleunige meine Schritte.
»Rufen Sie mich an?«
»Ja, mache ich«, gebe ich zurück, während ich in einen flotten Dauerlauf verfalle.
Genau deshalb trage ich Turnschuhe statt Jimmy Choos, wenn ich in die Schule gehe. Denn wie sollte ich auf hohen Absätzen vor Mrs Gottfried flüchten?
Natasha ist eine wahre Inspiration. Sie schafft es, ihre eigenen Interessen und ein ausgewogenes Frühstück für ihre Kinder unter einen Hut zu bekommen. Sie sieht aus wie ein Model, und trotzdem machen ihre Kinder einen glücklichen, wohlgenährten Eindruck. Und ich habe noch nie jemanden getroffen, der am frühen Morgen so viel lachen kann. Das ist es. Wenn Natasha das kann, kann ich das auch.
Ich beschließe, zum Broadway zu fahren. Ich bin in einer Mission unterwegs. Sie lautet, mir – endlich – etwas zum Anziehen für meine Geburtstagsparty zu kaufen, die nämlich – keine Panik, tief durchatmen – schon MORGEN ist!!!
Dabei besteht überhaupt kein Grund zur Panik. Schließlich ist alles bereits organisiert. Der Raum ist gemietet, der Cateringservice gebucht, der DJ über meine Lieblingslieder informiert, und irgendein Dekorateur verwandelt unseren beschaulichen Tennisklub in den Karneval von Rio oder so.
Ich muss mich nur noch um mich selbst kümmern: neues Outfit, neue Frisur.
Die großartige Idee mit der Party stammt von Richard. Er arbeitet schließlich im Marketing. Großartige Ideen sind sein Geschäft. Es würde mich nicht wundern, wenn er die Party mit seinen engsten Mitarbeitern geplant hat. Ziel: Ehefrau aus ihrem Trott reißen. Ich muss zugeben, dass ich anfangs von der Idee begeistert war. Ich sagte mir, dass die Party zwar nicht mein Leben verändern wird, aber dass mich zur Abwechslung einmal ein Abend erwartet, der mehrere Stunden Spaß am Stück verspricht. Ich malte mir aus, wie ich mich in einem neuen Kleid und mit einer neuen Frisur von einer Scheintoten in eine stolze Schönheit verwandle und all unsere Gäste von meinem Aussehen geblendet sind und mir Komplimente machen, ohne dabei die Worte für dein Alter in den Mund zu nehmen.
Ich habe doch selbst davon gesprochen, dass ich wieder öfter ausgehen sollte, und eine Geburtstagsparty ist doch ein perfekter Anfang, oder nicht? Das wird bestimmt ein toller Abend. Gut, es macht mich etwas nervös, dass ich im Mittelpunkt der allgemeinen Aufmerksamkeit stehen
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