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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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werde - den Klempner vom 24h-Dienst anrufen.
Richard war nie da, wenn schwere Sachen zu tragen waren, und trotzdem sind sie irgendwie ins Haus gelangt, auch ohne seine Hilfe.
Richard weiß zwar, wie man einen Reifen wechselt, aber er braucht dafür so lange, dass der hypothetische Sattelschlepper uns trotzdem erwischen würde.
 
    Aber offensichtlich stand »in Ruhe überlegen« nicht auf dem Tagesprogramm.
    Ich stellte mich an die Spüle und schrubbte mir hektisch die lächerliche Maske vom Gesicht. Dann atmete ich ein paar Mal tief durch, setzte mich an den Küchentisch und rauchte eine Zigarette. Rauchen war gut. Es beruhigte mich. Ich versuchte, in Ruhe über Richard und mich nachzudenken. Was war schief gelaufen? Ließ es sich jemals wieder gerade biegen? Aber warum sollte Richard überhaupt den Wunsch haben, wo er sich doch nun die Stirn von einer wunderschönen Frau streicheln lassen konnte? War sie schön? Nun, immerhin arbeitete sie bei Gucci. Und nicht in einer Billigboutique. Verstehen Sie? Nachdenken war keine Lösung. Es regte mich nur noch mehr auf. Ich musste mich mit etwas beschäftigen.
    Also trommelte ich stattdessen mit den Fingern auf der Tischplatte und lauschte dem Geräusch, das sich im Haus verlor. Wirkte es immer so leer, wenn ich alleine war? Nein, denn wie spät Richard auch kam, man konnte sich darauf verlassen, dass er irgendwann auftauchte.
    Während ich rauchte und trommelte, sah ich aus dem Fenster und bemerkte, dass der Sonnenschirm über dem Verandatisch bedrohlich im Wind schwankte. Ich hätte eigentlich nach draußen gehen und ihn reinholen sollen. Aber ich tat es nicht, weil mein Blick auf Myra, Mollys Flickenpuppe, fiel – Myra , diesen Scherz hat sich Richard ausgedacht –, die am Toaster lehnte. Ihr Arm war bereits so gut wie abgerissen, und Molly bat mich schon seit Wochen, ihn wieder anzunähen. Jetzt war die Gelegenheit, zu Nadel und Faden zu greifen und ihrer Bitte nachzukommen. Aber ich tat es nicht, weil mein Blick auf die Zigaretten fiel. Oh, gut, Zigaretten! Also steckte ich mir noch eine an und sah auf die Uhr an der Mikrowelle. Es kam mir so vor, als wären die Kinder erst wenige Minuten fort, dabei waren seitdem fast zwei Stunden verstrichen.
    Es war eine Minute nach zwölf. Mein Herz tat weh. Buchstäblich. Wieder eine Panikattacke? Oder ist das normal bei Liebeskummer? Dass man den Herzschmerz auch körperlich spürt?
    Keine Ahnung, ob ein Arzt mir zur Symptombekämpfung ein Glas Wein empfohlen hätte, ich aber schon. Ich schenkte mir ein Glas Rosé ein von der angebrochenen Flasche im Kühlschrank. Aus irgendeinem Grund verbinde ich Rosé immer mit Sommer. Dabei musste ich an eine optimistische Phase Anfang des Jahres denken, als ich unseren Sommerurlaub plante. Ich war sicher, dass die vierzehn Tage in Nizza, die ich organisiert hatte, uns wieder bewusst machen würden, dass wir eine tolle Familie waren. Wenn ich mich recht erinnerte, war dieser Energieausbruch auf Sex zurückzuführen. Es war das erste Mal seit Monaten, dass Richard mit mir geschlafen hatte, und ich hielt es damals für einen Neuanfang. Ich konnte ja nicht ahnen, dass es kein Neuanfang war, sondern vielmehr das Ende unseres Sexlebens.
    Und natürlich fiel der Urlaub in Nizza ins Wasser, weil Richards Job vorging. Aus den beschaulichen zwei Wochen in Frankreich wurden fünf Tage in einem verschimmelten Haus in Devon. Richard konnte nicht kommen. Die restlichen Ferien verbrachten die Kinder und ich in den diversen Parkanlagen im Norden Londons. Thomas und Molly zählten die Tage, bis sie wieder in die Schule zu ihren Freunden konnten. Ich zählte ebenfalls die Tage, bis sie wieder in die Schule konnten und ich nicht mehr so tun musste, als wäre es das Schönste auf der Welt, in Parks herumzuhängen.
    Der Rosé hatte also nur neue Probleme aufgeworfen, aber ich trank ihn trotzdem aus. Danach entkorkte ich eine Flasche Rotwein, um den ekelhaften Geschmack von Sommer herunterzuspülen. Es war ein Beaujolais. Dabei musste ich an eine Schlösserreise denken, die wir vor vier Jahren gemacht hatten. Nur Richard und ich. Es war ein wunderschöner Urlaub. Wir schlemmten und tranken wie die Franzosen, und ich glaube, wir vögelten auch wie sie. Aha, wieder ein Wein, der schmerzvolle Erinnerungen weckte, durch die ich mich hindurchtrinken musste. Nachdem der Rote alle war, machte ich einen Weißen auf. Wie ein selbstbewusster Künstler habe auch ich keine Angst, mit Farben zu experimentieren.
    Aber ich

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