Veni, Vidi, Gucci
ist wie ein Schlag in die Magengrube. Statt Fran und ich heißt es jetzt Bel und ich . Ist es so einfach, nach all den Jahren? Braucht man nur den Namen auszutauschen?
»Wir müssen darüber reden, wie es in Zukunft weitergehen soll.«
Richtig. Eine Lösung finden.
»Musst du nicht deinen Flieger kriegen?«, frage ich.
Ich will nicht darüber reden, wie es weitergehen soll. Ich möchte alles so lassen, wie es ist. Gut, momentan hängt zwar alles in der Schwebe, aber wenn ich dabei bleibe, bedeutet das, dass Richard noch bei mir ist. Und solange unsere Trennung nicht offiziell ist – solange ich es weder den Kindern noch meiner Mutter noch meinen Freundinnen erzähle –, bedeutet das, dass die Chance besteht, dass Richard zurückkommt. Das ist so. Ich bin mir dessen sicher.
»Leg jetzt auf, sonst verpasst du deinen Flug«, sage ich, nicht gehässig, aber entschieden. »Wir reden, wenn du wieder da bist.«
»Okay«, erwidert Richard langsam. »Es tut mir wirklich sehr leid, Fran. Ich wollte dich nicht verletzen.«
Ich lege auf, bevor er herausfindet, wie sehr er mich verletzt hat.
Im Laufe des Tages klingelt öfter das Telefon, aber ich bin zu beschäftigt, um dranzugehen. Ich muss mich auf vier Dinge konzentrieren: im Bett liegen, qualmen, saufen und aus dem Fenster glotzen. Wie viele andere Frauen kann auch ich mehrere Dinge gleichzeitig. Allerdings habe ich mir das Denken verboten. Das weckt einfach zu viele schmerzhafte Erinnerungen. Ich klettere aus dem Bett und gehe nach unten. In der Diele bleibe ich vor dem Anrufbeantworter stehen und drücke auf »Play« ...
Summer möchte mit mir über ihre Schwangerschaft und einen gewissen Laurence – der Kerl, der sie geschwängert hat? – sprechen. Und noch was mit George Clooney – hoffentlich ist der nicht der Vater! Summers Nachricht ist sehr schlecht zu verstehen, aber immerhin kann ich durch das Rauschen heraushören, dass sie mit Phoebe Schluss gemacht hat. Und dass sie mich davor warnt, auf junge, durchgeknallte Stylistinnen mit einem überhitzten Lockenstab hereinzufallen ...
Es gibt noch weitere schlecht verständliche Nachrichten. Eine von der Bank, die mir irgendwas andrehen will, was ich nicht brauche. Eine von Ruby oder Wendy, die sich für die gelungene Party bedankt, und eine von einem Don oder Ron – apropos, sollte ich nicht einen Don oder Ron anrufen? Eine von meiner Mutter, die mir nochmals freudig versichert, wie gerne sie die Kinder nimmt, und eine von einer gewissen Isabel.
Isabel! Eine Mischung aus StarTrek und Die Waltons oder so ähnlich. Der Auftrag, den Richard mir aufschwatzen wollte.
Dabei kommt mir ein Gedanke. Vielleicht hat Richard nur deshalb versucht mich zu bewegen, wieder arbeiten zu gehen, weil er sein schlechtes Gewissen erleichtern wollte. Es dauert nicht lange, um mich von diesem Gedanken zu überzeugen. Ich hasse Richard, nicht weil ich ihn liebe, sondern weil ich ihn verabscheue.
Und ich hasse seine schicke doofe neue Tussi. Jetzt taucht auch mit aller Gewalt ihr Bild wieder vor mir auf, das ich vorhin so erfolgreich unterdrückt hatte. Sie hat eine Figur wie ein Topmodel, und wenn sie es mit Richard treibt, was häufig vorkommt, knistert die Luft vor ungezügelter, wilder Erotik, und das Licht bleibt an. Warum sollte eine Frau, die Gucci repräsentiert, beim Sex das Licht ausmachen? Und hinterher – selbst ein so leidenschaftliches Paar muss irgendwann eine Pause einlegen – steckt sie sich eine Zigarette an, was ihre von Natur aus vollen Lippen nur noch sinnlicher wirken lässt, und Richard wedelt nicht genervt den Rauch von sich fort. Vielmehr liegt er neben ihr und saugt gierig ihren Geruch ein, ohne sich an dem Qualm zu stören.
Denken ist keine gute Idee. Ich muss ohnehin los. Die Kinder abholen. Und dann zu Natasha. Ich habe gerade noch Zeit, mein T-Shirt zu wechseln, weil das, das ich anhabe, vom vielen Herumliegen im Bett ganz zerknittert ist.
Ich eile rasch nach oben und ziehe ein frisches Oberteil an. Obwohl, ganz so frisch ist es nicht. Leider bemerke ich den Fleck erst, als ich mit den Kindern vor Natashas Tür stehe ...
»Halloooo!«, ruft Natasha fröhlich. »Kinder, ihr geht am besten direkt nach hinten durch in den Garten. Quinn ist oben im Baumhaus, Thomas. Geh ihn mal besuchen.«
Molly flitzt sofort los, während Thomas mit hochgezogenen Schultern gemächlich hinterhertrottet. Da Quinn eine Klasse unter Thomas ist und folglich noch ein Baby, hat mein Sohn auf ihn genauso viel Lust
Weitere Kostenlose Bücher