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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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wahr?«
    Ich bin fast sprachlos. Wie kann jemand, der so selbstbewusst wirkt, sich unterdrückt fühlen? Einerseits denke ich, dass Natasha etwas zu sehr verwöhnt ist. Hätte ihr Mann nicht so einen gut bezahlten Job, gäbe es keinen großen Garten mit einem Baumhaus und auch keine Kompanie von Kissenaufschüttlern oder was auch immer. Aber andererseits bin ich davon überzeugt, dass Natasha und ich gar nicht so verschieden sind.
    Bevor ich ihr meine volle Zustimmung geben kann, fährt sie in gereiztem Tonfall fort: »Aber was schimpfe ich über die Männer? Was ist denn mit den Frauen hier? Zum Beispiel Cassie. Hat die mir doch tatsächlich die blöden Hüte aufs Auge gedrückt!«
    Mein Herz setzt einen Moment lang aus. »Was meinen Sie damit?« Noch während ich die Frage stelle, glaube ich, die Antwort bereits zu kennen.
    »Ich darf die Hüte für die Weihnachtsaufführung basteln. Ehrlich gesagt, stinkt mir das gewaltig. Ist dieser Frau eigentlich nicht klar, dass ich Wichtigeres zu tun habe, als mich um den verdammten Zauberer von Oz zu kümmern?«
    Cassie muss es sich offenbar anders überlegt haben, gleich nach dem sie mich wegen der Hüte gefragt hatte. Immerhin hat sie nicht viel Zeit verloren, um den Job jemand anderem zu geben, oder? So ist das also. Ich bin nicht einmal fähig, einen blöden, popligen, ehrenamtlichen Auftrag zu behalten. Warum zum Teufel verschwende ich überhaupt einen Gedanken daran, wieder einer bezahlten Arbeit nachzugehen? Aber ich wollte diese dummen Hüte sowieso nicht machen. Warum versetzt es mir dann einen Stich, dass ich ausgebootet wurde?
    »Diese verfluchte Cassie. Offenbar steht auf meiner Stirn groß und fett geschrieben: ›Gutmütiger Trottel‹. Ich habe nicht den leisesten Schimmer, wie ich das mit den Hüten rechtzeitig schaffen soll«, sagt Natasha lachend, wie immer, wenn sie spricht.
    Ich muss an all die berufstätigen Mütter denken, die sich nicht nur mit so einem Mist herumplagen müssen, sondern zusätzlich auch noch mit ihrem Job. Ich meine nicht die Sorte Mütter, die nebenher arbeitet, um sich selbst zu verwirklichen, und die trotzdem noch genügend Zeit für ihre Kinder hat. Sondern die Sorte, die fünfzig bis sechzig Stunden in der Woche schuftet, damit ihre Kinder Schuhe zum Anziehen haben. Ich hatte mal so eine Mutter.
    Natasha repräsentiert eine Welt, der ich damals, Anfang zwanzig, als ich noch nicht lange von Bethnal Green weg war, nichts Positives abgewinnen konnte. Was ich mit meinen Stimmen zum Ausdruck brachte, die alle lustig fanden, sogar die Imitierten selbst. Aber heute sehe ich das anders. Mittlerweile bin ich erwachsen und trinke Pimm’s bei einer reichen Bekannten, die unter anderem ein Baumhaus besitzt, in das meine Mutter und ich vor fünfundzwanzig Jahren mit Freude eingezogen wären, weil es für uns eine Verbesserung unserer Wohnsituation bedeutet hätte. Natasha hat offenbar kein Problem damit, sich mit mir anzufreunden, und dieses Gefühl tröstet mich. Richard hat immer gesagt, dass ich leicht Kontakt schließe, dafür müsse ich nur vor die Tür gehen.
    Richard.
    Es ist noch alles drin ...
    »Ja, ja, Cassie. Dabei fällt mir etwas ein«, sagt Natasha und nippt vorsichtig an ihrem Glas. »Morgen Vormittag trifft sich die Elterninitiative. Cassie sucht noch Freiwillige für das Herbstfest. Leider werde auch ich meinen Beitrag leisten müssen. Wieder einmal.« Sie stößt ein damenhaftes Stöhnen aus. »Hey, Sie könnten mich ja begleiten!«
    »Ich?«
    »Bitte, kommen Sie mit. Wenn Sie dabei sind, wird es viel lustiger. Mit wem soll ich denn sonst über die anderen lästern?«
    Ich soll zu einem Treffen der AREI gehen? Mag ja sein, dass ich versuche, positiver zu denken, aber ich glaube, so weit bin ich noch nicht.
    »Ich bin doch gar nicht eingeladen«, wende ich ein.
    »Na und? Die freuen sich über jeden Freiwilligen.«
    Ich bin mir wirklich nicht sicher. Irgendwie geht mir das zu schnell.
    »Hinterher gibt es auch einen kleinen Umtrunk«, versucht Natasha mich zu locken.
    Hätte sie das mal gleich gesagt. »Okay, ich komme mit.«
    Natasha stößt einen kleinen Jubelschrei aus, und ich falle ein, wobei ich feststelle, dass ich zum ersten Mal seit Ewigkeiten spontan reagiere.
    »Einhundertneunundneunzig ... zweihundert!«, skandieren Quinn & Co.
    Thomas lässt abschließend den Ball vom Kopf auf den Fuß fallen und drischt ihn mit einem satten Volleyschuss in die rechte obere Ecke des Tors in Echtgröße.
 
    Als ich im Bett

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