Veni, Vidi, Gucci
wie auf das Baumhaus – nämlich null.
»Setzen wir uns nach draußen«, schlägt Natasha vor und führt mich durch eine große Küche auf die Terrasse.
Draußen sehe ich als Erstes Thomas, dem schier die Augen aus dem Kopf fallen. Der Garten ist so groß wie ein Fußballplatz, und ganz hinten steht sogar ein richtiges Fußballtor. Thomas wird hier klarkommen.
»Wir können uns dort drüben auf der Bank in die Sonne setzen, oder wir bleiben hier auf der Terrasse im Schatten«, sagt Natasha. »Sie können es sich aussuchen.«
Ich entscheide mich für die Terrasse und setze mich an einen großen Tisch aus Teakholz unter einen riesigen Sonnenschirm. Ich sehe Natasha hinterher, die wieder in der Küche verschwindet, um die Getränke zu holen. Dabei fällt mir auf, dass sie die Espadrilles von heute Morgen gegen bequeme Birkenstock-Latschen getauscht hat – in Hellblau, passend zu dem Jeans-Minirock, den sie jetzt trägt. Wieder ertappe ich mich dabei, dass ich sie bewundere. Diese Frau schafft es sogar, mehrmals am Tag ihre Garderobe zu wechseln.
Jetzt bin ich doch froh, dass ich hier bin. Je weniger Zeit ich habe, mich mit meiner eigenen Gesellschaft herumzuquälen, desto besser. Seit wir hier wohnen, bin ich von Frauen umgeben, die all das sind, was ich nicht bin – beispielsweise Cassie und Annabel, um nur zwei zu nennen. Aber Natasha ist anders. Sie ist zwar auch alles, was ich nicht bin, aber bei ihr ist das zur Abwechslung einmal ganz erfrischend.
Natasha kehrt mit einem Krug Pimm’s zurück. Das ist in Ordnung. Pimm’s ist ja kein richtiger Alkohol, bloß ein Erfrischungsgetränk für Erwachsene. Natasha schenkt zwei Gläser ein und reicht mir eins. »Auf die letzten Sonnenstrahlen, die wir in diesem Jahr wohl zu sehen bekommen. Cheers!«
Wir stoßen an, und ich trinke einen ganz kleinen Schluck von der prickelnden Brause.
»Ich hole uns noch was zu knabbern«, sagt Natasha. »Und danach können Sie mir von der Party berichten.«
Bei dem Wort »Party« versteife ich mich leicht. Mag ja sein, dass es früher mein Beruf war, in Rollen zu schlüpfen, aber mir spontan etwas aus den Fingern zu saugen, um die schlimmste Nacht meines Lebens schönzureden, ist mir doch eine Nummer zu groß. Dennoch zwinge ich mich innerlich zur Ruhe. Ich verdränge die schreckliche Erinnerung an Samstagabend, indem ich meine Umgebung betrachte. Natashas Haus ist riesig, mit einer Vorder- und einer Hinterveranda. In so einer Villa hält man als Gast sein Staunen tunlichst zurück, um sich keine Blöße zu geben.
Ich lasse den Blick über den Garten schweifen. Molly klettert gerade hinter Fabian die Leiter zum Baumhaus hoch, das allein schon groß genug ist, um für eine sechsstellige Summe von einem Immobilienmakler angeboten zu werden. Quinn und Trist beugen sich oben aus den Fenstern und blicken auf Thomas herab. Sie zählen laut: »Sechsundzwanzig ... siebenundzwanzig ... achtundzwanzig ...« Sie werden zählen, bis sie heiser sind – Thomas ist nämlich einsame Spitze im Balljonglieren. Es kann Stunden dauern, bis er den Ball auf den Boden fallen lässt.
Im Moment – mit seinem besten Freund am Fuß und ehrfürchtig staunenden Zuschauern auf der Haupttribüne – gibt Thomas sein Bestes, und das gibt mir wiederum Hoffnung. Sowohl für ihn als auch für mich.
»Hier, probieren Sie. Die sind einfach göttlich«, sagt Natasha, die in diesem Moment mit einer Schüssel Oliven zurückkehrt. »Ja, stellen Sie es einfach dorthin, Anna, danke.«
Ein junges Mädchen mit kurzen Haaren und gepiercter Braue, stellt ein Tablett mit einer Auswahl an Chips und Nüssen auf den Tisch und verschwindet dann wieder wortlos im Haus.
»Anna ist eine große Hilfe«, raunt Natasha mir zu. »Sie ist Tschechin. Ich wüsste nicht, was wir ohne sie täten. Oder doch. Meine Kinder würden sicher verhungern. Anna ist unsere Lebensretterin. Und durch sie habe ich meine Hilfsgärtnerin gefunden, die den grünsten aller Daumen hat.« Sie hält ihre erstklassig manikürten Hände hoch. »Dagegen sondert mein Daumen höchstwahrscheinlich Gift ab, weil alle Pflanzen sterben, die mit ihm in Berührung kommen.«
Natasha hat also Personal. Mindestens zwei Leute, wenn nicht sogar mehr. Vielleicht noch einen Butler? Einen persönlichen Sekretär? Einen Kissenaufschüttler? Natasha hat Hausangestellte , sie wechselt mehrmals täglich ihre Garderobe, sie ist anscheinend so eine Art Vorstadt-Britney-Spears.
Hör auf damit, Fran . Ich hätte ebenfalls eine
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