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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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weiß ehrlich nicht, ob wir uns das leisten können«, sagt die Frau, während der Trainer das nächste Spiel anpfeift, wobei er dieses Mal Thomas aus Gründen der Fairness der anderen Mannschaft zugeteilt hat. »Allerdings wäre alles besser als das, wo wir jetzt wohnen.«
    »Und wo ist das?«, frage ich.
    »In Bethnal Green. Ein richtiges Loch!«
    »Oh, ich bin dort aufgewachsen«, erwidere ich automatisch.
    »Dann wissen Sie ja, was ich meine. Aber manche Dinge sind überall gleich, egal, wo man wohnt, nicht wahr?«
    »Was meinen Sie?«, frage ich, während ich überlege, was Bethnal Green mit dieser Gegend hier gemeinsam haben könnte, abgesehen vielleicht von Zebrastreifen.
    »Ich war vorhin im Café, um mich aufzuwärmen – machen die nicht einen ganz fantastischen Cappuccino? Aber diese Weiber ... Ich weiß nicht.« Sie schüttelt lachend den Kopf. »Sie hätten sie mal hören sollen. Die waren gerade dabei, sich über irgendeine arme Frau das Maul zu zerreißen. Gott, ich bin schlimm, nicht? Ich meine, ich bin keinen Deut besser, wenn ich diesen Klatsch belausche, oder?«
    »Nein, das würde ich nicht sagen«, entgegne ich. »Manchmal kann man nichts dafür, dass man mithört, oder?«
    »Kann schon sein ... Aber, Mannometer, die haben ganz schön vom Leder gezogen.«
    »Was wurde denn geredet?«, frage ich, neugierig geworden.
    »Sehen Sie? Jetzt fangen wir auch schon an zu tratschen.« Die Frau stößt ein Lachen aus.
    »Ja, aber wir kennen uns schließlich nicht«, erwidere ich. »Und wir wissen auch nicht, über wen gelästert wurde, also kann man das nicht wirklich als Tratschen bezeichnen. Höchstens theoretisch.«
    Die Frau schenkt mir ein nachgiebiges Lächeln. »Okay, Sie haben mich überzeugt. Die Frau, von der die Rede war, hat gestern offenbar vergessen, ihre Kinder von der Schule abzuholen, und es wurde vermutet, dass ...«
    Oh, bitte nicht .
    »... sie zu betrunken war. Scheinbar ist sie Alkoholikerin. Und die eine, die wie eine Hexe aussieht – sie hat sogar eine Warze auf der Nase –, hat besonders übel über die arme Frau hergezogen und angedeutet, dass sie zudem auch noch gegen Ausländer hetzt. Traurig, nicht? Rassismus würde man hier in der Gegend normalerweise nicht erwarten.«
    Am liebsten würde ich kotzen. Ich will das nicht hören, kein Wort davon.
    Aber sie ist noch nicht fertig.
    »Dann wurde gemunkelt, dass die Frau schon seit einiger Zeit Alkoholprobleme hat und dass ihr die Dinge völlig entglitten sind, nachdem ihr Mann sie sitzen gelassen hat. Er ist anscheinend mit irgendeinem Model abgehauen, und das hat ihr wohl den Rest gegeben, die Arme. Meiner Schwester ist letztes Jahr genau dasselbe passiert. Mein feiner Schwager ist mit dem Babysitter durchgebrannt. Das Mädchen ist fünfzehn Jahre jünger als er. Fünfzehn Jahre! Können Sie das glauben?«
    Ich möchte antworten, ja, das kann ich glauben, aber ich bringe keinen Ton heraus.
    Woher kommt diese Frau so plötzlich? In diesem Park gibt es Dutzende von Bänken. Warum musste sie sich ausgerechnet meine Bank aussuchen? Sie hätte diese Unterhaltung auch mit einer anderen Fremden führen können. Ich wollte das alles gar nicht wissen.
    Ein lautes Geräusch lässt mich hochfahren. Der Schlusspfiff. Gott sei Dank . Ich stehe auf, mit wackligen Beinen. Thomas trottet auf mich zu, und ich flehe ihn stumm an, einen Gang zuzulegen, damit wir rasch von hier verschwinden können.
    »Viel Glück«, schaffe ich gerade noch zu der Frau zu sagen – zu der, die bereits ihr zukünftiges Leben plant, nachdem sie meins gerade vernichtet hat.
    »Oh, danke«, erwidert sie, ohne zu ahnen, was sie angerichtet hat. »Ja dann, tschüss.«
    Ich muss dringend nach Hause. Ich muss die Kinder vor den Fernseher setzen, damit ich mich im Bad einschließen und mich ausheulen kann. Oder etwas kaputthauen. Oder schlafen. Keine Ahnung, was. Ich muss einfach nur nach Hause.
    Ich suche mit den Augen den Spielplatz nach Molly ab und entdecke dabei Fabian. Wo kommt der denn plötzlich her? Egal. Ich muss auf jeden Fall hier weg.
    »Molly!«, brülle ich, als ich sie erspähe. »Komm, beeil dich!«
    Molly trottet zu uns herüber, und wir drei machen uns auf, den langen Weg am Café vorbei.
    Ich sehe einfach nicht hin, dann wird auch nichts passieren. Einfach weitergehen. Nicht den Kopf heben.
    Doch das Café ist wie ein Magnet, dessen Anziehungskraft ich nicht widerstehen kann. Ich drehe den Kopf, und da sehe ich sie. Vor dem Café stehen ein paar Frauen,

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