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Veni, Vidi, Gucci

Titel: Veni, Vidi, Gucci Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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mit nach oben, zusammen mit dem Chardonnay und meinen Zigaretten. Ich kann ja schon mal anfangen, das Manuskript zu lesen, und davon träumen, wie ich meine Karriere wieder ankurble, damit ich nicht daran denken muss, dass ich die meines Sohnes mit ziemlicher Sicherheit zerstört habe.
 
    Ich werde vom Schellen an der Tür geweckt. Blindlings rase ich die Treppe hinunter, auf der Flucht vor meinen Albträumen. Ich öffne die Tür. Vor mir steht Natasha und lächelt mich an. Sie hat ihren Doppelbuggy dabei, voll beladen. Warum sind ihre Kinder nicht in der Schule?
    »Fran«, sagt sie, und ihr Lächeln wird noch größer. »Ich habe dich geweckt, nicht?«
    »Ja ... äh, nein ... Himmel, wie spät ist es überhaupt?«
    »Vier Uhr.«
    »Vier Uhr? Ich muss die Kinder abholen!«
    Ich wende mich um und schnappe mir meine Jacke, will loslaufen, aber Natasha legt eine Hand auf meinen Arm.
    »Die Kinder sind hier«, sagt sie mit ihrem unverkennbaren Lachen.
    Ich blicke an ihr vorbei und sehe Molly und Thomas zusammen mit Quinn am Gartentor stehen, wo sie sich gegenseitig einen Tennisball zuwerfen.
    »Keine Angst«, sagt Natasha, die meine Verwirrung und Panik spürt. »Mrs Poulson war natürlich in heller Aufregung und wollte schon die Hunde losschicken, weil du nicht aufgetaucht bist. Tja, ich habe ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht und ihr gesagt, dass du mich gebeten hast, Molly abzuholen. Danach haben wir Thomas eingesammelt, und hier sind wir nun.«
    »Mein Gott, vielen Dank, es tut mir ja so leid, ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte«, sage ich hastig. »Ich habe mich vorhin nicht gut gefühlt und mich kurz hingelegt, dabei muss ich wohl –«
    »Um Himmels willen, mach dir keine Gedanken. So etwas kann mal vorkommen. Und den Kindern geht es ja gut.«
    »Danke, Natasha, vielen Dank.« Jetzt rede ich auch nicht mehr ganz so schnell.
    »Sei nicht albern. Du hättest für mich dasselbe getan. Hör mal, wenn es dir nicht gut geht, kann ich Anna rüberschicken, damit sie den Kindern das Abendessen macht. Dann kannst du mal abschalten.«
    »Danke, aber es geht mir schon wieder besser. War nur eine kleine Magenverstimmung.«
    Ich bin Natasha so dankbar. Ich möchte sie gerne hereinbitten, um mich richtig bei ihr zu bedanken. Aber mit einem Mal wird mir mein Aussehen bewusst. Meine zerknitterte Kleidung und meine verkrusteten Augen. Und mir wird der Geschmack in meinem Mund bewusst – der bittere Nachgeschmack von Wein auf der Zunge. Ich trete einen halben Schritt zurück, weil ich bestimmt von einer Qualmwolke umgeben bin, so dicht, dass man sie sogar sehen kann.
    Aber Natasha lässt sich nichts anmerken. Sie lächelt mich einfach nur herzlich an.
    »Mummy, darf Fabian zum Spielen bleiben ...? Bitte, Mummy, sag Ja!«
    »Ein anderes Mal, Molly«, antwortet Natasha an meiner Stelle. »Deiner Mummy geht es heute nicht so gut. Aber was hältst du davon, wenn ihr mit zu uns kommt? Ihr könnt auch gerne draußen im Baumhaus spielen, wenn ihr wollt.«
    »Dürfen wir, Mummy?« Mollys Gesicht leuchtet auf wie die berühmten Blackpool-Illuminationen.
    »Nein, wirklich, es ist –«
    »Keine Widerrede, Fran. Ruh dich aus und erhole dich. Kommt, Kinder, gehen wir.«
    Und so lasse ich sie ziehen. Zum Teil – nein, hauptsächlich deshalb, weil ich nicht fähig bin, Thomas unter die Augen zu treten und ihm zu gestehen, dass ich versagt habe. Während ich ihnen hinterherschaue, spüre ich große Dankbarkeit, aber auch große Scham.
    Es ist mir zuwider, dass ich Natasha angelogen habe. Wäre es doch nur mit etwas Ruhe und Erholung getan, um das Problem mit Richard zu lösen. Wie lange ist er jetzt schon weg? Seit nunmehr sechs Tagen.

2
 
    S amstag. Es ist kalt draußen. Ich sitze zusammengekauert auf einer Bank im Park und sehe Thomas bei seiner Lieblingsbeschäftigung zu. Molly tobt sich auf der Rutsche und der Schaukel hinter mir aus, wobei ihr die Kälte offenbar nichts anhaben kann. Genauso wenig wie Thomas. Aber er hat auch gerade sein erstes Tor erzielt. Und bei Toren wird ihm immer warm ums Herz.
    Normalerweise würde ich bei so einer Kälte nach Hause gehen. Meine Hingabe für die Leidenschaft meines Sohnes reicht nämlich nicht so weit, dass ich dafür Frostbeulen in Kauf nehme. Aber heute ist das anders. Gestern Abend habe ich Thomas von meinem Anruf bei Chrystal Palace erzählt. Er hat weder getobt noch mich beschimpft oder Sachen nach mir geworfen, weil ... nun, weil ich ihm nicht die Wahrheit gesagt habe.

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