Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
Auftauchen nicht begeistert aus. »Angeblich eine Entführung«, sagte schließlich einer von ihnen. »Und warum sind Sie hier? Sind sie einer von den Kerlen, die an dieser Entführungssache arbeiten? Der SoKo Mahlstedt?«
Tim antwortete nicht. Er suchte die Fenster der Schule ab. »Ihr wartet auf das SEK?«
»Ja. Das ist die Anweisung.«
Einen Augenblick überlegte er. Schließlich holte er das Handy aus der Hosentasche und wählte noch einmal Lokis Nummer. Er ließ es eine gefühlte Ewigkeit hinklingeln, aber sein Cousin nahm einfach nicht ab. Tim schob das Gerät in die Hosentasche zurück, fuhr sich mit der Hand über das Gesicht und zog Atem ein.
»Ich kann nicht warten, sonst könnte es zu spät sein«, sinnierte er laut. Er sah den Polizisten an, der vorhin das Wort ergriffen hatte. »Ich gehe rein.« Tim zog die Heckler & Koch, vergewisserte sich, dass sie geladen war und entsicherte sie. »Gibt es irgendwelche Einzelheiten, die ich wissen sollte?«
Die Beamten sahen sich wieder an, der Sprecher grinste hämisch. »Sie gehen rein? Ganz allein?«
Tim ließ die Pistole mit der Hand sinken und erwiderte den Blick. »Gibt es etwas, das ich wissen sollte, wenn ich jetzt ganz alleine da reingehe?«, wiederholte er.
Das Grinsen schwand. »Sie wissen, dass die höchste Gefahrenstufe ausgerufen wurde?«
»Will jemand von Ihnen mitkommen?«
Keiner rührte sich. Der Sprecher blickte seine Kollegen an, dann betrachtete er Tim. »Wir wissen nichts Genaues. Anscheinend hat eine junge Frau gemeldet, sie hätte beobachtet, wie ein Mann jemanden in dieses Gebäude gezerrt habe. Mehr wissen wir nicht.«
»Okay. Geben Sie mir eines Ihrer Funkgeräte, damit ich mit Ihnen Kontakt halten kann.«
Der Sprecher reichte ihm seines. »Frequenz ist eingestellt. Wie heißen Sie?«
»Jung.«
»Mein Name ist Linke.« Der Sprecher hob die Brauen. »Dann mal auf gut Glück, Herr Jung. Sobald das SEK da ist, werde ich Ihnen Bescheid geben.«
Tim nickte. Er zog noch einmal tief Luft ein, dann wandte er sich ab und ging auf den Haupteingang zu. Er stieg die Stufen hinauf, hielt die Pistole fest umgriffen und öffnete. Es war nicht abgeschlossen.
Vor ihm tat sich eine leere, hohe Eingangshalle auf, von der links und rechts breite Gänge abzweigten, direkt vor ihm lief eine breite Treppenflucht nach oben und nach unten. Tim zog die Eingangstür so leise wie möglich hinter sich zu, dann verharrte er und lauschte. Nichts war zu hören.
Und wohin jetzt? Das Gebäude war riesig. Wenn es wirklich einen Täter gab, der jemanden hinein gebracht hatte, konnte er sich überall aufhalten. Wahrscheinlich hatten die Polizeibeamten recht: Es war völlig schwachsinnig, alleine reinzugehen. Abgesehen von der Gefahr war es fast unmöglich, jemanden zu finden.
Tim ließ den Arm mit der Pistole sinken und warf einen Blick nach links, dann nach rechts. Wenn er jetzt den Schwanz einzog, würden die Typen ihn auslachen. Aber blieb ihm etwas anderes übrig? Nun ja, er konnte trotzdem aufs Geratewohl losgehen. Vielleicht hatte er Glück. Das war allemal besser als sich dem Spott der Polizisten auszuliefern.
Einer Eingebung folgend zog er das Handy aus der Hosentasche, stellte es auf lautlos und aktivierte die Tonaufnahme. Wenn er dem Täter tatsächlich über den Weg lief, dann brauchte er einen Beweis dafür. Eine Aufnahme war unter Umständen Gold wert, das wusste er.
Tim umgriff den Pistolengriff mit beiden Händen, hielt die Mündung nach rechts unten und ging los. Er folgte dem rechten Korridor und tauchte damit in das Zwielicht, das hier herrschte.
Er war keine drei Schritte weit gekommen, da hörte er lautes Gepolter von irgendwo oben. Sofort wandte er sich um, lief so leise wie möglich zurück und fing an, die Stufen zu erklimmen. Er hielt sich dicht an der Wand, richtete die Pistolenmündung nach oben und arbeitete sich voran. Dem Gepolter folgten keine weiteren Geräusche, dennoch pochte Tims Herz jetzt hart gegen die Rippen.
Solche Aktionen mochte er überhaupt nicht. Loki stand auf sie, aber aus unerfindlichen Gründen war es jedes Mal Tim, der in sie hineingeriet, während sein Cousin sich irgendwo untätig die Zeit vertrieb. Das war ein verdammter Fluch.
Tim erreichte das erste Stockwerk. Erneut gingen rechts und links Gänge ab, von der Kassettendecke baumelten runde Lüster. So hell der Eingangsbereich war, so dunkel war es hier oben. Vorsichtig wandte er sich nach links, richtete die Mündung in den Gang, fand ihn aber verlassen
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