Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)

fuhr Loki ruckartig nach unten. Das Splittern der Knochen konnte er vielmehr fühlen, als dass er es hörte. Der spitze Schrei Chesters aber war unüberhörbar. Er ließ den Schülersprecher los und sprang nach vorne und in den Raum hinein, auf die MP zu.
    Eine fest zupackende Hand riss ihn mit einer solchen Wucht am Hemdkragen zurück, dass ihm erneut die Luft wegblieb. Ein gezielter Schlag folgte, dieses Mal in den unteren Rücken. Ein Dim Mak-Hieb, wie Loki erkennen musste. Diese Technik verschrieb sich gezielten Schlägen auf die Nervenpunkte im Körper, welche Lähmung, Atemstillstand und Tod herbeiführen.
    Wieder machte sich ein entsetzliches Gefühl in Lokis ganzem Körper breit. Ungebändigte Übelkeit stieg auf. Er hing willen- und kraftlos in der Umklammerung, wurde herumgeschleudert und schlug heftig mit dem Kopf gegen den Türrahmen.
    »Was war das denn?«, hörte er Chester von irgendwoher sagen. »Aikidō? Wie langweilig!«
    Loki war einen Augenblick völlig orientierungslos, vor seinen Augen verschwamm alles. Seine Atemzüge kamen keuchend. Er stemmte sich mit der letzten verbliebenen Kraft in die Höhe und wankte einen Schritt in den Korridor hinaus.
    »Sie haben nicht damit gerechnet, dass ich ein so ernstzunehmender Gegner bin, was?« Wieder kicherte Chester.
    Loki hörte ein einschnalzendes Geräusch, das er sofort erkannte: Die MP wurde durchgeladen. Schwankend drehte er sich um und sah in die Mündung seiner eigenen Waffe. Dahinter grinste ihn Chester breit an. Ein Arm hing an seiner Seite herunter, die Hand an der MP war verstümmelt. Trotzdem stand der Schülersprecher aufrecht.
    »Sic itur ad astra«, sagte Chester, was hieß: Steige zu den Sternen empor. Er hob die MP ein klein wenig höher, zielte direkt auf Lokis Stirn, kniff ein Auge zu und spähte mit dem anderen durch die Kimmung.
    Ohne von Chester wegzusehen, registrierte Loki eine Bewegung am Ende des Korridors. Ein Scharfschütze schob sich in den Gang, leise und gewandt, ging in den Ausfallschritt und legte an.
    Loki lächelte bekümmert und lehnte sich mit der Schulter gegen die Wand rechts von sich, so weit aus der Schusslinie wie möglich. »Das sind nur leere Phrasen«, sagte Loki leise. »Ich hatte gehofft, ich könnte dich retten. Du lässt mir keine andere Wahl. Vale, Chester.«
    Der Schuss aus dem Präzisionsgewehr traf den Schülersprecher in den Hinterkopf. Seine Pupillen weiteten sich, während das Gesicht zu einer Maske bar jeder Empfindung erstarrte. Der Mund klappte auf, die MP drohte, seinen Händen zu entgleiten.
    Loki machte einen Schritt nach vorne, packte die Waffe und umgriff Chesters Hüfte mit dem anderen Arm. Sanft ließ er ihn zu Boden gleiten und blieb neben ihm sitzen, zu kraftlos, um aufzustehen. Loki streckte die Hand aus und schloss dem toten Schülersprecher die Augen.
     
     
     
     

 
    19
     
    Der Sanitäter reinigte die Fleischwunde am Arm, die Chester ihm beigebracht hatte. Über der Platzwunde an der Stirn und der aufgerissenen Wange hatte Loki bereits einen Mullverband.
    »Das muss genäht werden«, sagte der Sanitäter. »Sie müssen mit uns ins Krankenhaus kommen.«
    Loki schüttelte den Kopf. »Klammern Sie es.«
    »Wirklich? Ich kann hier keine Betäubung setzen.«
    Ein müdes Lächeln huschte über Lokis Lippen. »Ich spüre nun ohnehin nichts mehr. Bitte fangen Sie an, damit ich gehen kann.«
    »Sie haben wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung. Sie sollten wirklich mitkommen, damit wir Sie die nächsten achtundvierzig Stunden unter Beobachtung halten können.«
    Loki erwiderte nichts. Während der Sanitäter schulterzuckend dazu überging, die entsprechenden Utensilien für die gewünschte Behandlung aus den vielen Schubladen zusammenzusuchen, beobachtete Loki, wie Lühnsmann anrückte. Das wettergegerbte, von Zornesfalten durchfurchte Gesicht wanderte hin und her, ehe seine Augen auf Loki zum Liegen kamen.
    »Herr Lühnsmann«, grüßte Loki mit einem Nicken. »Wie ich hörte, haben Sie die Entführungsopfer bereits abtransportieren lassen. Darf ich davon ausgehen, dass sich auch mein Kollege in der Obhut von Ärzten befindet?«
    Der Kommissar stieß ein unverständliches Brummeln aus.
    »Wie geht es ihm?«, hakte Loki nach.
    »Vitalzeichen waren stabil, als er weggebracht wurde«, war die Erwiderung. »Allerdings hat er einen sehr verwirrten Eindruck gemacht. Was ist das für eine Scheiße, die den Leuten da verabreicht wurde?«
    Loki wandte den Blick ab und sah zu, wie die erste