Venit. Die Akte Veden: Thriller (Filii Iani-Trilogie) (German Edition)
folgte seinem Blick und erkannte den Auszug aus dem Jahresrückblick, in dem vom Unfall des Direktors die Rede war.
»Bevor meine Mutter vor sechs Jahren an einem Gehirntumor starb, sagte sie mir, dass ich den Namen meines Vaters habe.«
Loki lächelte. »Chest und Chester. Wie einfallsreich.« Er ließ den Blick erneut über die Ausdrücke an den Wänden wandern. Er fand ein Klassenfoto, auf dem er Veden erkannte. »Dein Vater hat deine Mutter nicht geheiratet, weil er ihr den Seitensprung nie verzeihen konnte. Und als du versucht hast, diesen Makel vor deinen Mitschülern geheim zu halten, indem du das Feuer im Archiv legtest, bist du auf die Wahrheit gestoßen: Veden ist dein leiblicher Vater.«
Chester betrachtete Loki. Sein Gesicht war jetzt bar jeden Grinsens. »Nur, weil Sie das wussten, konnten Sie doch noch lange nicht schlussfolgern, dass ich die Menschen entführt habe.«
Lokis Lächeln wurde breiter. »Du hast eine sehr wichtige Tatsache übersehen, mein Lieber: Dein leiblicher Vater ist weit intelligenter, als er zu sein vorgibt. Er hätte ein solches Delikt gänzlich anders inszeniert.« Das Lächeln erlosch. »Womit zündest du den Sprengsatz?«
Chester sah auf die Geldkassette hinunter, dann griff er mit beiden Händen nach ihr und öffnete sie. Noch mehr Kabel waren zu sehen, dazwischen blinkende rote Lichter. Chesters Grinsen kehrte zurück. Er griff in die Hosentasche und zog ein Handy heraus.
»Hiermit. Eine zweite Ladung hab ich heute bei Veden deponiert, für den Fall der Fälle. Die hübschen Sprengköpfe detonieren, sobald ich den Befehl via Handy gebe. Ich liebe das Zeitalter der Technik!« Er lachte auf. »Was sagen Sie, Herr von Schallern? Ist das nicht grandios?«
Loki hielt den Blick starr auf Chester gerichtet. »Nur schade, dass Sir Veden nicht zuhause ist.«
Der Schülersprecher sah verunsichert aus, doch dann grinste er und ließ die Hand mit dem Handy sinken, legte sie sich in den Schoß, den Daumen auf dem Tastenfeld. »Sie sind ein Schwätzer. Das ist alles, was Sie können: schwätzen.«
Unbeeindruckt fragte Loki: »Wie bist du an die Unterlagen von Vedens Psychiaters gekommen?«
»Ach, das haben Sie nicht rausgefunden? War ganz einfach: Ich wollte Rache. Veden hat meine Familie zerstört. Also hab ich angefangen, rumzuschnüffeln, um rauszufinden, wie ich ihn fertig machen kann. Bin nachts ins Sekretariat eingestiegen und habe die Tabletten gegen die Psychosen gefunden. Ein Blick in sein Adressbuch hat mir den Namen seines Psychiaters geliefert. Es war wirklich nicht schwer, in die Praxis einzubrechen. Ich hatte eine ganze Nacht Zeit, die Befunde zu kopieren.« Das Grinsen zeigte Zähne.
Loki lauschte auf Geräusche. Lühnsmann war schon vor Minuten eingetroffen. Wahrscheinlich sicherten seine Leute bereits das Gelände.
»Machen Sie sich keine Hoffnungen«, sagte Chester, den Blick richtig interpretierend. »Bis die Bullen checken, dass wir hier sind, kann es noch Ewigkeiten dauern. Die schwärmen bestimmt in sämtliche Ecken des Bunkers aus, und Sie wissen ja, wie groß der ist.«
Einen Augenblick folgte Schweigen.
»Hast du geglaubt«, sagte Loki schließlich, »du hättest deinen leiblichen Vater mit diesem Bravourstück in einen innerlichen Konflikt getrieben?«
Chester nickte. »Es hätte ihn fertig gemacht. Stellen Sie sich das vor! Ein ganzes Leben in einem Verlies, mit dem sicheren Wissen, schuld am Tod unzähliger Leute zu sein! Ja, genau das wollte ich. Veden ist so ein Weichling, er hätte bis ans Ende seiner Tage geheult.« Chester machte ein nachdenkliches Gesicht. »Warum haben Sie mich nicht gleich ins Verhör genommen, als Sie die Vermutung hatten?«
»Eine dumme Frage«, sagte Loki mit gleichgültigem Gesichtsausdruck. »In diesem Land braucht man Beweise, um jemanden überführen zu können. Selbst ich brauche die.«
Chester grinste. »Und Sie sind ein Irrer, der gern in solche Situationen kommt, was?« Er seufzte und sah auf die Sprengladung hinab. »Schade, dass es so ausgeht. Wir hätten Freunde werden können. Vielleicht hätte ich für Sie arbeiten können.«
»Ganz sicher nicht.«
»Wirklich?« Er sah Loki an. »Glauben Sie, dass Sie besser sind als ich? Weil Sie für’s BKA arbeiten? Glauben Sie wirklich, Sie wären besser? Mit ihren Methoden, und wie Sie mit Herrn Jung umgehen? Ihn fast verrecken lassen da draußen?«
Loki lächelte wieder. »Keineswegs glaube ich das. Es ist nur so, dass ich nichts von Freundschaften halte und
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