Venus 01 - Piraten der Venus
sich wie Schiffsmasten emporreckten . Kamlot erklärte mir, daß sich das Blattwerk dieser Bäume hoch oben in den Wolken um den Stamm ballte. »Ich bin schon einmal in einen solchen Baum geklettert«, erzählte er, »aber die Kälte hat mich fast umgebracht. Diese Bäume dienen uns als Was serquelle. Sie saugen den Wasserdampf in den Wolken auf und ziehen ihn in ihre Wurzeln hinab. Von dort steigt das Wasser, mit den Nahrungsstoffen des Bodens angereichert, wieder nach oben. Man kann diese Bäume überall anschneiden und erhält stets aus reichend klares Wasser. Ein sehr glücklicher Umstand für uns, da wir…«
»Still – da kommt etwas«, unterbrach ich ihn. »Hörst du es?«
Er lauschte. »Ja«, erwiderte er. »Wir sollten erst einmal in ei nen Baum klettern und abwarten, was es ist.«
Wenig später saßen wir auf einem Ast und warteten. Ich konn te hören, daß sich etwas durch den Wald bewegte und uns dabei immer näherkam. Die weiche Laubdecke dämpfte jedes Geräusch, und es war nur ein Blätterrascheln zu hören. Immer lauter wurde das Geräusch; offensichtlich bewegte sich das Tier ganz unbefan gen. Dann plötzlich tauchte sein großer Kopf hinter einem Baum auf.
»Ein Basto!« flüsterte mein Begleiter, doch ich hatte das Tier nach Kamlots Beschreibung schon erkannt.
Abgesehen von der hauerbewehrten Wildschweinschnauze er innerte sein Kopf an den eines amerikanischen Bisons. Hals und Stirn waren mit dickem, zotteligem Haar bedeckt, die kleinen Au gen waren rotgerändert. Es hatte eine blaue Haut, die ähnlich wie bei einem Elefanten völlig haarlos war; nur am Schwanz zeigte sich noch ein schwarzes Büschel. An den mächtigen Schultern er reichte der Basto seine größte Höhe, und sein Rücken fiel schräg nach hinten ab. Die Vorderbeine, die die Hauptlast des Körpers zu tragen hatten, waren kurz und kompakt und ruhten auf mächti gen Füßen mit drei Zehen, während die Hinterbeine länger und weniger ausgeprägt waren.
»Da kommt unsere nächste Mahlzeit«, sagte Kamlot laut. Als der Basto die Stimme meines Freundes hörte, hielt er inne und blieb stehen. »Die Burschen schmecken sehr gut«, fügte Kamlot hinzu, »und wir haben lange nichts gegessen. Nichts geht über ein saftiges Basto-Steak, am Grill über dem Holzfeuer gebraten.«
Das Wasser begann mir im Mund zusammenzulaufen. »Worauf warten wir noch?« fragte ich und machte Anstalten, den Baum zu verlassen.
»Komm zurück!« brüllte Kamlot. »Du weißt ja gar nicht, was du da tust!«
Der Basto hatte uns entdeckt und ging zum Angriff über. Dabei stieß er ein Geräusch aus, das den wildesten Löwen in die Flucht getrieben hätte; ich weiß nicht, ob ich es als Bellen oder Brüllen beschreiben soll. Jedenfalls begann er drohend zu grunzen und steigerte sich zu einer Lautstärke, die den Boden erzittern ließ.
»Er scheint wütend zu sein«, stellte ich fest, »aber wenn wir ihn verspeisen wollen, müssen wir ihn zuerst töten. Und wie wollen wir das schaffen, wenn wir hier im Baum hocken bleiben?«
»Ich werde nicht im Baum bleiben«, berichtigte mich Kamlot, »sondern nur du. Du hast keine Ahnung, wie man diese Tiere ja gen muß und würdest dich nur unnötig in Gefahr bringen. Ich werde mich um den Basto kümmern.«
Dieser Plan gefiel mir ganz und gar nicht, aber ich mußte mich Kamlots größerer Erfahrung beugen; trotzdem hielt ich mich na türlich bereit, ihm im Notfall zu Hilfe zu eilen.
Zu meiner Überraschung ließ er seinen Speer zu Boden fallen und schnitt sich einen langen dünnen Ast mit Blättern ab. Dann sprang er nicht direkt vor dem Tier zu Boden, sondern kletterte erst halb um den Baum herum, nicht ohne mich gebeten zu haben, die Aufmerksamkeit des Tieres auf mich zu lenken.
Wenig später sah ich entsetzt, daß Kamlot hinter dem wüten den Monstrum auftauchte. Er war nur mit seinem Schwert und dem Ast bewaffnet, den er in der linken Hand trug. Sein Speer war außer Reichweite, und er schien verloren zu sein, wenn ihn das wütende Tier entdeckte. Ich verdoppelte also meine Anstrengungen und brüllte und schüttelte die Äste meines Baumes. Doch Kamlot rief mir zu, daß ich aufhören sollte.
Ich glaubte im ersten Augenblick, er hätte den Verstand verloren. Schon drehte das Ungeheuer langsam den Kopf und entdeck te meinen Freund. Es wirbelte herum und betrachtete einen Au genblick das freche Menschlein. Dann trottete es langsam auf Kamlot zu.
Ich wartete nicht länger, sondern ließ mich zu Boden fallen, um das
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