Venus 01 - Piraten der Venus
untere Teil ihres Körpers war wenig ausgeprägt; kurze, stämmige Beine endeten in schmalen Hüften. Anstelle von Haar hatten sie Federn auf dem Kopf; wei tere farbige Federbüschel leuchteten vorn am Unterkörper sowie hinten auf dem Rücken.
Ihre Flügel bestanden aus einer sehr dünnen Membrane und erinnerten an die Flügel einer Fledermaus. Sie erschienen auf den ersten Blick kaum ausreichend, die schweren Körper der Wesen in die Luft zu heben; aber wie ich später erfuhr, wogen sie viel weniger, als ich angenommen hatte, da ihre Knochen, wie die Knochen aller richtigen Vögel, hohl waren.
Wir legten eine beträchtliche Entfernung zurück, die sich un möglich abschätzen ließ. Wir waren ganze acht Stunden in der Luft, und wenn es der Stand der Bäume zuließ, flogen die Klangan sehr schnell. Sie schienen überhaupt nicht zu ermüden, während Kamlot und ich bald mehr als genug von der Reise hatten. Die Seile unter unseren Armen schnitten uns ins Fleisch, und wir ver suchten unsere Qualen dadurch zu lindern, daß wir uns mit den Händen abstützten.
Aber schließlich endete auch diese entsetzliche Reise. Plötzlich verließen wir den Wald und kamen über eine wundervolle Bucht, und zum erstenmal erblickte ich das Wasser eines venusianischen Meeres. Welche fremden Länder und Völker mochten dort unter dem Horizont warten? Würde ich sie jemals kennenlernen?
Plötzlich wurde meine Aufmerksamkeit von einem Gebilde im Vordergrund gefesselt, das ich bisher nicht bemerkt hatte. In dem stillen Gewässer der Bucht lagen zwei Schiffe vor Anker, und eins dieser Schiffe schienen die Vogelmenschen anzufliegen. Wir näher ten uns bald dem kleineren Schiff, und ich stellte zu meiner Über raschung fest, daß es sich äußerlich kaum von irdischen Konstruk tionen unterschied. Es hatte einen hohen Bug, der sich wie eine Messerklinge vorwölbte, und war sehr schmal geschnitten. Alles in allem sah es aus, als wäre es auf Geschwindigkeit eingerichtet. Aber womit wurde es betrieben? Es hatte keine Masten, keine Se gel und auch keinen Schornstein. Am Heck lagen zwei ovale Auf bauten übereinander; dahinter ragte ein Turm mit einem Ausguck auf. Es gab Fenster und Türen in den Aufbauten und in dem Turm. Als wir näherkamen, konnte ich eine Reihe offener Luken erkennen und Menschen, die auf Deck und auf den Stegen vor dem oberen Haus standen. Sie beobachteten uns.
Die Vogelmenschen setzten uns auf Deck ab, und wir waren so fort von einer Horde plappernder Männer umgeben. Ein Mann, den ich für einen Offizier hielt, gab den Befehl, uns die Fesseln ab zunehmen, und befragte währenddessen die Klangan.
Die Menschen, die uns umringten, ähnelten den Vepajern in ih rer äußeren Erscheinung; ihre Gesichter waren jedoch gröber und wirkten nicht sehr intelligent; nur einen oder zwei Männer hätte man als gutaussehend bezeichnen können. Alterserscheinungen waren ebenso zu erkennen wie Spuren überstandener Krankhei ten – die ersten Anzeichen dieser Art, die ich in Amtor zu sehen bekam.
Als man uns die Fesseln abgenommen hatte, befahl uns der Of fizier, ihm zu folgen, nachdem er vier bösartig aussehende Bur schen zu unserer Bewachung abkommandiert hatte, und führte uns heckwärts zu dem Turm, der das kleinere Haus überragte. Hier ließ er uns einen Augenblick allein.
Die vier Männer musterten uns böse. »Vepajer, wie?« höhnte einer. »Haltet euch wohl für besser als gewöhnliche Menschen, nicht wahr? Aber ihr werdet bald feststellen, daß das nicht stimmt – nicht im Freien Land Thora. Hier ist jeder gleich. Ich begreife sowieso nicht, warum man Typen wie euch ins Land läßt. Wenn es nach mir ginge, hättet ihr das schon längst zu schmecken be kommen.« Und er deutete auf den Halfter an seinem Gürtel.
Der Griff, den ich erkennen konnte, ließ mich an eine Pistole denken, und ich erinnerte mich an die Strahlwaffe, die mir Kamlot beschrieben hatte. Ich wollte den anderen gerade bitten, mir die Pistole zu zeigen, als der Offizier aus dem Turm kam und uns hereinbefahl.
Wir wurden in einen Raum geführt, in dem ein Mann stirnrun zelnd auf uns wartete. Er hatte das Gesicht höhnisch verzogen – der Ausdruck eines Mannes, der sich unterlegen fühlt und der diese Erkenntnis zu verbergen sucht und seinen Minderwertig keitskomplex dadurch nur noch deutlicher zutage treten läßt.
»Noch zwei Klooganfall!« rief er aus. (Ein Ganfall ist ein Ver brecher.) »Zwei von den Verbrechern, die die Arbeiter unterdrücken wollten.
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