Venus 01 - Piraten der Venus
entsteht die tödliche T-Strah lung.«
»Warum drehen wir die Kanone nicht einfach um und bestrei chen damit das Deck?« fragte ich. »Wir könnten damit mühelos sämtliche Thoristen auslöschen.«
Aber Kamlot deutete auf ein kleines, gezacktes Loch am Ende der Kurbel. »Weil wir den Schlüssel nicht haben«, sagte er.
»Wer hat ihn?«
»Die Offiziere haben den Schlüssel zu der Kanone, die sie be fehligen«, erwiderte er. »In der Kabine des Kapitäns befinden sich die Duplikate. Außerdem hat er selbst einen Hauptschlüssel, mit dem er sämtliche Kanonen bedienen kann. Wenigstens hatten wir dieses System in unserer alten vepajanischen Marine. Bestimmt haben es die Thoristen übernommen.«
»Ich wünschte, wir könnten an den Hauptschlüssel heran«, sag te ich.
»Das wünschte ich auch«, sagte er. »Aber es ist unmöglich.«
»Nichts ist unmöglich!« erwiderte ich.
Er antwortete nicht, und ich sprach nicht mehr davon. Allerdings mußte ich immer wieder an die Schlüssel denken.
Wie ich bald feststellte, bewegte sich das Schiff schnell und lautlos dahin, und ich fragte Kamlot nach der Kraft, von der es angetrieben wurde. In seiner langen Erklärung ging er sehr auf die technischen Einzelheiten ein; an dieser Stelle sei nur vermerkt, daß hier wieder das Element 93 – Vik-Ro – nutzbar gemacht wurde, das mit einer Substanz namens Lor zusammengebracht wurde. Lor besteht zu einem großen Teil aus dem Element Yor-San (105). Vik-Ro wirkt nun derart auf Yor-San ein, daß Lor unter Freisetzung seiner gesamten Energie völlig vernichtet wird. Wenn man bedenkt, daß bei einem gleichartigen Beschuß von einer Tonne Kohle achtzehn Millionen mal so viel Energie freigesetzt wird wie bei ihrer normalen Verbrennung, kann man sich die Perspektiven vorstellen, die diese wunderbare Entdeckung den Venusbewohnern eröffnete. Der Brennstoff für die gesamte Lebensdauer des Schiffes ließ sich in einem Einmachglas unterbringen.
Die Stunden vergingen. Ich bemerkte, daß wir – nachdem wir einen Meeresstreifen überquert hatten, ohne Land zu sehen – nunmehr an einer Küste entlangfuhren – ein Bild, das sich meh rere Tage lang nicht ändern sollte. Ich zog daraus den Schluß, daß die Venus im Vergleich viel größere Landflächen haben mochte als die Erde, aber natürlich konnte ich meine Neugier in diesem Punkt nicht befriedigen. Auf die Erinnerung an die Karten, die mir Danus gezeigt hatte, durfte ich mich jedenfalls nicht verlassen; sie waren einfach zu unzuverlässig.
Man hatte mich von Kamlot getrennt, der nun im vorderen Teil des Deckshauses in der Küche arbeitete. Ich freundete mich dafür mit Honan an, doch da wir nicht zusammen arbeiteten, konnten wir uns kaum unterhalten. Am Abend waren wir meistens so müde, daß wir nur wenig Lust für ein Gespräch aufbrachten und uns lieber auf dem harten Boden unseres Gefängnisses schlafen legten. Eines Nachts jedoch, als der Gedanke an Kamlots Kummer meine Erinnerungen an das namenlose Mädchen heraufbeschwo ren hatte, fragte ich Honan nach Duare.
»Sie ist die Hoffnung Vepajas«, sagte er, »vielleicht die Hoff nung einer ganzen Welt.«
9
Das ständige Zusammensein führt auch unter Feinden oft zu einer gewissen Kameradschaft. Nach einigen Tagen machten der Haß und die Verachtung, mit dem uns die einfachen Seeleute zuerst begeg net waren, einem freundlicheren Verhalten Platz, als ob man plötzlich entdeckt hätte, daß wir gar nicht so schlechte Burschen wären. Mir jedenfalls gefielen die harten, wenn auch unwissenden Männer. Daß sie die Werkzeuge skrupelloser Führer waren, ist noch das Schlimmste, was man über sie sagen konnte. Die meisten waren freundlich und großzügig; nur ihr Unwissen machte sie empfindlich und anfällig für manche Bemerkung, die einem intel ligenten Menschen überhaupt nicht aufgefallen wäre.
Natürlich lernte ich meine Mitgefangenen besser kennen als meine Wächter – und umgekehrt. Besonders interessierte man sich für meine blauen Augen und mein blondes Haar und fragte mich nach meiner Herkunft. Ich beantwortete die Fragen wahr heitsgemäß, und meine Geschichte machte großen Eindruck auf die Venusianer. Jeden Abend wurde ich gebeten, neue Geschichten über die geheimnisvolle Welt zu erzählen, aus der ich kam. Im Gegensatz zu den hochintelligenten Vepajern glaubte man mir meine Geschichte und hielt mich bald für einen Helden.
Doch auch ich stellte meine Fragen und erfuhr, daß die Men schen mit ihrem Schicksal ganz und
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