Venus 01 - Piraten der Venus
gar nicht zufrieden waren. Diejenigen im Kreise meiner Mitgefangenen, die einmal Freie ge wesen waren, hatten längst erkannt, daß sie jetzt in einem Skla venstaat lebten.
Mit der Zeit begann ich mich besonders für drei Gefangene zu interessieren. Da war zunächst Gamfor, ein riesiger Bursche, der noch unter den Jongs als Bauer gearbeitet hatte. Er war ungewöhn lich intelligent, und obwohl er an der Revolution teilgenommen hatte, äußerte er sich jetzt verbittert über die Thoristen – wobei er so vorsichtig war, mir nur ins Ohr zu flüstern.
Dann kümmerte ich mich ein wenig um Kiron, den Soldaten, einen gutaussehenden, athletischen Mann, der in der Armee des Jong gedient und sich bei der Revolution den Massen angeschlossen hatte. Er sollte jetzt für eine Insubordination gegenüber einem Vorgesetzten bestraft werden, der vor der Revolution ein kleiner Regierungsbeamter gewesen war.
Der dritte entstammte dem Sklavenstand. Er hieß Zog. Was ihm an Intelligenz fehlte, ersetzte er durch Körperkraft und Gutmütig keit. Er hatte einen Offizier getötet, der ihn schlagen wollte, und wurde jetzt nach Thora gebracht, um dort abgeurteilt und hingerichtet zu werden. Zog war stolz darauf, ein freier Mann zu sein, obwohl seine Begeisterung durch die Tatsache etwas gedämpft wurde, daß heutzutage jedermann frei war und daß er als Sklave eigentlich mehr Freiheit gehabt hatte als jetzt.
»Damals«, erklärte er, »hatte ich einen Herrn. Jetzt habe ich so viele Herren, wie es Regierungsbeamte, Spione und Soldaten gibt, von denen sich aber keiner um mich kümmert. Der alte Herr war freundlich zu mir und sorgte dafür, daß ich es gut hatte.«
»Würde es dir gefallen, wirklich frei zu sein?« fragte ich ihn. Langsam begann ein Plan in meinem Kopf Gestalt anzunehmen.
Aber zu meiner Überraschung erwiderte er: »Nein, ich möchte lieber wieder ein Sklave sein.«
»Aber du würdest dir doch gern deinen Herrn selbst aussuchen, nicht wahr?« fragte ich.
»Natürlich«, sagte er. »Wenn ich nur jemand fände, der mich freundlich behandelt und mich vor den Thoristen schützt.«
»Und wenn du ihnen jetzt entfliehen könntest, würdest du das auch tun?«
»Gewiß! Aber wie meinst du das? Ich kann ihnen doch nicht entfliehen.«
»Ohne Hilfe nicht«, stimmte ich ihm zu. »Aber würdest du die Flucht wagen, wenn andere mitmachen?«
»Warum nicht? Man bringt mich nach Thora, um mich zu töten.
Was ich auch tue – schlimmer kann es nicht kommen. Aber warum stellst du mir diese Fragen?«
»Wenn wir genügend Männer zusammenbekommen, gibt es keinen Grund mehr, hier unten zu verschmachten. Und wenn du dann frei bist, kannst du entweder ein Freier bleiben oder dir ei nen neuen Herrn suchen, der dir gefällt.« Gespannt wartete ich auf seine Reaktion.
»Du meinst – eine andere Revolution?« fragte er. »Das hat wenig Aussicht. Es hat schon viele Versuche gegeben, die aber immer fehlgeschlagen sind.«
»Keine Revolution«, versicherte ich ihm, »sondern nur ein Fluchtversuch.«
»Aber wie sollen wir das schaffen?«
»Mit ein paar Männern müßte es ganz einfach sein, das Schiff zu übernehmen«, sagte ich. »Es herrscht eine schlechte Disziplin an Bord, die Nachtwachen sind nur schwach besetzt, und im übrigen sind sich die Thoristen ihrer Sache so sicher, daß wir sie überra schen können.«
In Zogs Augen leuchtete es auf. »Wenn wir Erfolg hätten, wür den sich uns viele aus der Mannschaft anschließen«, sagte er, »denn nur wenige sind wirklich glücklich. Die meisten hassen ihre Offiziere. Ich bin sicher, daß die Gefangenen fast ausnahmslos mitmachen würden, aber du mußt dich vor Spionen in acht neh men. Sie sind überall, und wir haben mindestens einen in unserer Mitte.«
»Was ist mit Gamfor?« fragte ich. »Ist der in Ordnung?«
»Auf Gamfor kann man sich verlassen«, versicherte mir Zog. »Er spricht nur wenig, aber der Haß auf die Thoristen steht ihm in den Augen.«
»Und Kiron?«
»Auch er ist unser Mann!« rief Zog. »Er verachtet sie und läßt sie das auch spüren. Ihm ist es egal. Aus diesem Grund hat man ihn auch gefangengenommen. Er ist schon mehrmals bestraft wor den, und es wird erzählt, daß er jetzt wegen Hochverrats hinge richtet werden soll.«
»Aber ich glaubte, er hätte nur einem Offizier widersprochen und ihm den Gehorsam verweigert«, sagte ich.
»Das ist Hochverrat – wenn man einen Mann wirklich loswer den will. Du kannst dich auf Kiron verlassen. Willst du, daß ich mit ihm
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