Venus 02 - Auf der Venus verschollen
anderes übrig«, sagte sie einfach. »Wenn ich es Ihnen gesagt hätte, hätten Sie mich nicht in den Fluß abgeseilt und wir wären wieder in Gefangenschaft geraten. Ich begreife einfach nicht, wie Sie überhaupt noch rechtzeitig ins Wasser gekommen sind.«
»Ich bin gesprungen«, sagte ich.
»Sie sind von da oben gesprungen? Das ist unglaublich!«
»Offensichtlich stammen Sie nicht aus einem Land, in dem es viel Wasser gibt«, sagte ich lachend.
»Wie kommen Sie darauf?«
»Sonst würden Sie wissen, daß ein solcher Sprung nichts Besonderes ist.«
»Mein Land liegt in den Bergen«, sagte sie, »und in seinen Strömen und Bächen kann man nicht schwimmen.«
»Und wo liegt dieses Land?« fragte ich.
»Oh, es ist sehr weit entfernt«, erwiderte sie. »Seine genaue Lage kenne ich nicht.«
»Wie sind Sie dann zu Skor gekommen?«
»Während eines Krieges in meinem Lande wurde ich zu sammen mit vielen anderen gefangengenommen. Man brachte uns aus den Bergen ins Flachland. Eines Nachts bin ich zusam men mit einem jungen Soldaten geflohen, der schon lange in den Diensten meines Vaters stand. Er war mir sehr ergeben. Er versuchte, mich in mein Land zurückzubringen, aber wir ver loren die Orientierung. Ich weiß nicht, wie lange wir unterwegs waren; jedenfalls kamen wir schließlich an einen großen Fluß.
An seinen Ufern lebten Menschen in Booten; sie waren sehr kriegerisch und brachten meinen Begleiter um, der mich vertei digen wollte. Aber als sie mich gefangengenommen hatten, stritten sie auch untereinander, weil sie sich nicht einigen konn ten, wer mich besitzen sollte. Es gelang mir, mich davonzuschleichen und mit einem kleinen Boot zu fliehen, das flußab wärts getrieben wurde.
Ich war viele Tage unterwegs und bin dabei fast verhungert, obwohl ich Früchte und Nüsse sehen konnte, die an den Ufern wuchsen. Aber das Boot hatte keine Ruder und war so schwer, daß ich es nicht an Land steuern konnte.
Schließlich lief es auf einer Sandbank auf und zufällig jagte Skor in der Nähe und sah mich. Das ist alles. Ich bin schon sehr lange hier.«
9
Als das Mädchen seine Geschichte beendet hatte, sah ich die drei Männer am gegenüberliegenden Ufer. Sie zögerten einen Augenblick und stürzten sich in die Fluten.
Ich ergriff das Mädchen bei der Hand und zog sie hoch. Flucht war unsere einzige Chance. Wenngleich ich meinen Speer zurückgelassen hatte, war ich doch noch mit Pfeil und Bogen bewaffnet. Was konnten diese Waffen aber gegen Tote aus richten?
Wieder blickte ich mich um und entdeckte unsere Verfolger in der Flußmitte. Es war auf den ersten Blick zu sehen, daß sie nicht schwimmen konnten. Hilflos wurden sie von der Strö mung hin und her geworfen und sie schwammen abwechselnd auf dem Rücken und dann wieder auf dem Bauch. Hilflos wur den sie abgetrieben.
»Von denen haben wir nichts mehr zu befürchten«, sagte ich. »Sie werden ertrinken.«
»Sie können nicht ertrinken«, sagte das Mädchen und schauderte zusammen.
»Das habe ich vergessen«, erwiderte ich. »Aber wenigstens besteht kaum die Gefahr, daß sie unser Ufer erreichen; zumin dest wird sie der Fluß ein gehöriges Stück forttragen, ehe sie das schaffen. Wir haben genug Zeit.«
»Dann sollten wir uns sofort auf den Weg machen. Ich has se diesen Ort. Ich möchte fort.«
»Ich kann erst weiterziehen, wenn ich Duare gefunden habe. Ich muß nach ihr suchen.«
»Ja – wir müssen sie zu finden versuchen. Aber wo sollen wir nach ihr suchen?«
»Sie wird bestimmt versuchen, den großen Fluß zu erreichen und ihm zum Meer zu folgen«, erklärte ich ihr. »Auf jeden Fall wird sie erkennen, daß es sicherer ist, flußabwärts zu zie hen und dort bald in den Schutz des Waldes zu gelangen.«
»Wir müssen aber unbedingt nach den toten Männern Aus schau halten«, warnte mich das Mädchen. »Wenn sie auf dieser Seite an Land geworfen werden, begegnen wir ihnen bestimmt.«
»Ja, und deshalb werden wir zunächst auch am anderen Fluß ufer nach Duare suchen.«
Eine Zeitlang wanderten wir vorsichtig flußabwärts, bereit, beim geringsten Gefahrenzeichen in Deckung zu gehen. Mich beherrschte der Gedanke an Duare und die Furcht um ihr Schicksal. Ab und zu wandte ich meine Aufmerksamkeit aber auch dem Mädchen neben mir zu; und ich konnte nicht verken nen, daß mich ihr Mut und ihre Bereitschaft, ihr eigenes Ziel zugunsten von Duare zurückzustellen, sehr beindruckten. Sie war ein wunderschönes Mädchen. Und ich wußte nicht einmal ihren
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